sich den Titel Baccalaureus oder Professor erwar- ben, und hält die in dem Mittelalter eingerichte- ten Academischen Zünfte und Würden für die glänzendsten honores.
Verächtlich und lächerlich sind alle Arten des nur auf die Meynung des Subjekts gegründe- ten Stolzes: am gefährlichsten und schädlichsten ist der moralische Stolz für sich selbst und Andere. Die Hauptcharaktere desselben sind im ersten Theil dieser Unterhaltungen angegeben, wo die Merk- male der religiösen Schwärmerey genannt wor- den sind. -- Der Moralischstolze hält sich für das Muster der Tugend; verachtet, bedauert oder haßt jeden, der nicht ist, wie er: muß also die größte Anzahl seiner Brüder verachten, be- dauern oder hassen, weil sie sich unmöglich eine Tugend zu eigen machen können, die ganz indivi- duell, ganz nach den Neigungen, Wünschen und Launen des Moralischstolzen geformt ist.
Der Moralischstolze oder der Pharisäer, welcher der personificirte moralische Stolz ist, ist aller Verbesserung unfähig, weil er den Gipfel der Vollkommenheit erstiegen zu haben meynt, und nur das für nicht gut hält, was zu seinen moralischen Jdeen nicht paßt. -- Das Haupt- thema seiner Reden und Gespräche ist die Ver- derbtheit der Menschen, und seine angenehmste Unterhaltung, mit ihm ähnlichen Pharisäern Ele-
gien
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ſich den Titel Baccalaureus oder Profeſſor erwar- ben, und haͤlt die in dem Mittelalter eingerichte- ten Academiſchen Zuͤnfte und Wuͤrden fuͤr die glaͤnzendſten honores.
Veraͤchtlich und laͤcherlich ſind alle Arten des nur auf die Meynung des Subjekts gegruͤnde- ten Stolzes: am gefaͤhrlichſten und ſchaͤdlichſten iſt der moraliſche Stolz fuͤr ſich ſelbſt und Andere. Die Hauptcharaktere deſſelben ſind im erſten Theil dieſer Unterhaltungen angegeben, wo die Merk- male der religioͤſen Schwaͤrmerey genannt wor- den ſind. — Der Moraliſchſtolze haͤlt ſich fuͤr das Muſter der Tugend; verachtet, bedauert oder haßt jeden, der nicht iſt, wie er: muß alſo die groͤßte Anzahl ſeiner Bruͤder verachten, be- dauern oder haſſen, weil ſie ſich unmoͤglich eine Tugend zu eigen machen koͤnnen, die ganz indivi- duell, ganz nach den Neigungen, Wuͤnſchen und Launen des Moraliſchſtolzen geformt iſt.
Der Moraliſchſtolze oder der Phariſaͤer, welcher der perſonificirte moraliſche Stolz iſt, iſt aller Verbeſſerung unfaͤhig, weil er den Gipfel der Vollkommenheit erſtiegen zu haben meynt, und nur das fuͤr nicht gut haͤlt, was zu ſeinen moraliſchen Jdeen nicht paßt. — Das Haupt- thema ſeiner Reden und Geſpraͤche iſt die Ver- derbtheit der Menſchen, und ſeine angenehmſte Unterhaltung, mit ihm aͤhnlichen Phariſaͤern Ele-
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ſich den Titel Baccalaureus oder Profeſſor erwar-
ben, und haͤlt die in dem Mittelalter eingerichte-
ten Academiſchen Zuͤnfte und Wuͤrden fuͤr die
glaͤnzendſten honores.
Veraͤchtlich und laͤcherlich ſind alle Arten des
nur auf die Meynung des Subjekts gegruͤnde-
ten Stolzes: am gefaͤhrlichſten und ſchaͤdlichſten
iſt der moraliſche Stolz fuͤr ſich ſelbſt und Andere.
Die Hauptcharaktere deſſelben ſind im erſten Theil
dieſer Unterhaltungen angegeben, wo die Merk-
male der religioͤſen Schwaͤrmerey genannt wor-
den ſind. — Der Moraliſchſtolze haͤlt ſich fuͤr
das Muſter der Tugend; verachtet, bedauert
oder haßt jeden, der nicht iſt, wie er: muß alſo
die groͤßte Anzahl ſeiner Bruͤder verachten, be-
dauern oder haſſen, weil ſie ſich unmoͤglich eine
Tugend zu eigen machen koͤnnen, die ganz indivi-
duell, ganz nach den Neigungen, Wuͤnſchen
und Launen des Moraliſchſtolzen geformt iſt.
Der Moraliſchſtolze oder der Phariſaͤer,
welcher der perſonificirte moraliſche Stolz iſt, iſt
aller Verbeſſerung unfaͤhig, weil er den Gipfel
der Vollkommenheit erſtiegen zu haben meynt,
und nur das fuͤr nicht gut haͤlt, was zu ſeinen
moraliſchen Jdeen nicht paßt. — Das Haupt-
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/153>, abgerufen am 23.11.2024.
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