Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

gemacht wird, so viel Artiges, daß es sehr unge-
zogen ist, dagegen mit mürrischem Tadel loszu-
ziehen."

So wohl es nun dem schönen Geschlechte
steht, wenn es sich auf seine Schönheit etwas zu
gute thut, und nur dabey guten Geschmack und
richtiges Urtheil zeigt; so wenig anständig ist dies
dem männlichen Geschlecht: und es kann, wie
auch der eben angezogne Schriftsteller bemerkt,
einem Manne kein Schimpf empfindlicher seyn,
als wenn er ein Narr, das heißt, ein Mensch,
der in Schönheit, Putz und dergleichen seine
Würde setzt, genannt wird; so wie es ein
Frauenzimmer am übelsten empfindet, wenn man
sie ekelhaft heißt.

Doch ist auch nicht eine jede Art des Schön-
heitsstolzes an dem weiblichen Geschlecht angenehm
und beyfallswürdig. Nur derjenige gefällt, wel-
cher die Schönheit als einen eigenthümlichen Vor-
zug des sanftern Geschlechts an sich schätzt: nicht
eben so der, welcher sie als ein Mittel, sich die
Gunst der Männer zu erbuhlen,
sehr werth
hält. Diese Art des Stolzes, welcher von Meh-
rern der Galanteriestolz genannt wird, zeugt entwe-
der von Einfalt und Dummheit, oder einem kindi-
schen Verstande und sehr kleinem Herzen.

So alt die Vergleichung auch ist, so weiß ich
doch ein auf seine Schönheit als einem Werk-

zeug

gemacht wird, ſo viel Artiges, daß es ſehr unge-
zogen iſt, dagegen mit muͤrriſchem Tadel loszu-
ziehen.„

So wohl es nun dem ſchoͤnen Geſchlechte
ſteht, wenn es ſich auf ſeine Schoͤnheit etwas zu
gute thut, und nur dabey guten Geſchmack und
richtiges Urtheil zeigt; ſo wenig anſtaͤndig iſt dies
dem maͤnnlichen Geſchlecht: und es kann, wie
auch der eben angezogne Schriftſteller bemerkt,
einem Manne kein Schimpf empfindlicher ſeyn,
als wenn er ein Narr, das heißt, ein Menſch,
der in Schoͤnheit, Putz und dergleichen ſeine
Wuͤrde ſetzt, genannt wird; ſo wie es ein
Frauenzimmer am uͤbelſten empfindet, wenn man
ſie ekelhaft heißt.

Doch iſt auch nicht eine jede Art des Schoͤn-
heitsſtolzes an dem weiblichen Geſchlecht angenehm
und beyfallswuͤrdig. Nur derjenige gefaͤllt, wel-
cher die Schoͤnheit als einen eigenthuͤmlichen Vor-
zug des ſanftern Geſchlechts an ſich ſchaͤtzt: nicht
eben ſo der, welcher ſie als ein Mittel, ſich die
Gunſt der Maͤnner zu erbuhlen,
ſehr werth
haͤlt. Dieſe Art des Stolzes, welcher von Meh-
rern der Galanterieſtolz genannt wird, zeugt entwe-
der von Einfalt und Dummheit, oder einem kindi-
ſchen Verſtande und ſehr kleinem Herzen.

So alt die Vergleichung auch iſt, ſo weiß ich
doch ein auf ſeine Schoͤnheit als einem Werk-

zeug
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0147" n="431"/>
gemacht wird, &#x017F;o viel Artiges, daß es &#x017F;ehr unge-<lb/>
zogen i&#x017F;t, dagegen mit mu&#x0364;rri&#x017F;chem Tadel loszu-<lb/>
ziehen.&#x201E;</p><lb/>
        <p>So wohl es nun dem <hi rendition="#b">&#x017F;cho&#x0364;nen</hi> Ge&#x017F;chlechte<lb/>
&#x017F;teht, wenn es &#x017F;ich auf &#x017F;eine Scho&#x0364;nheit etwas zu<lb/>
gute thut, und nur dabey guten Ge&#x017F;chmack und<lb/>
richtiges Urtheil zeigt; &#x017F;o wenig an&#x017F;ta&#x0364;ndig i&#x017F;t dies<lb/>
dem <hi rendition="#b">ma&#x0364;nnlichen</hi> Ge&#x017F;chlecht: und es kann, wie<lb/>
auch der eben angezogne Schrift&#x017F;teller bemerkt,<lb/>
einem Manne kein Schimpf empfindlicher &#x017F;eyn,<lb/>
als wenn er ein <hi rendition="#b">Narr</hi>, das heißt, ein Men&#x017F;ch,<lb/>
der in Scho&#x0364;nheit, Putz und dergleichen &#x017F;eine<lb/><hi rendition="#b">Wu&#x0364;rde</hi> &#x017F;etzt, genannt wird; &#x017F;o wie es ein<lb/>
Frauenzimmer am u&#x0364;bel&#x017F;ten empfindet, wenn man<lb/>
&#x017F;ie <hi rendition="#b">ekelhaft</hi> heißt.</p><lb/>
        <p>Doch i&#x017F;t auch nicht eine jede Art des Scho&#x0364;n-<lb/>
heits&#x017F;tolzes an dem weiblichen Ge&#x017F;chlecht angenehm<lb/>
und beyfallswu&#x0364;rdig. Nur derjenige gefa&#x0364;llt, wel-<lb/>
cher die Scho&#x0364;nheit als einen eigenthu&#x0364;mlichen Vor-<lb/>
zug des &#x017F;anftern Ge&#x017F;chlechts an &#x017F;ich &#x017F;cha&#x0364;tzt: nicht<lb/>
eben &#x017F;o der, welcher &#x017F;ie als ein <hi rendition="#b">Mittel, &#x017F;ich die<lb/>
Gun&#x017F;t der Ma&#x0364;nner zu erbuhlen,</hi> &#x017F;ehr werth<lb/>
ha&#x0364;lt. Die&#x017F;e Art des Stolzes, welcher von Meh-<lb/>
rern der Galanterie&#x017F;tolz genannt wird, zeugt entwe-<lb/>
der von Einfalt und Dummheit, oder einem kindi-<lb/>
&#x017F;chen Ver&#x017F;tande und &#x017F;ehr kleinem Herzen.</p><lb/>
        <p>So alt die Vergleichung auch i&#x017F;t, &#x017F;o weiß ich<lb/>
doch ein auf &#x017F;eine Scho&#x0364;nheit als einem Werk-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zeug</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[431/0147] gemacht wird, ſo viel Artiges, daß es ſehr unge- zogen iſt, dagegen mit muͤrriſchem Tadel loszu- ziehen.„ So wohl es nun dem ſchoͤnen Geſchlechte ſteht, wenn es ſich auf ſeine Schoͤnheit etwas zu gute thut, und nur dabey guten Geſchmack und richtiges Urtheil zeigt; ſo wenig anſtaͤndig iſt dies dem maͤnnlichen Geſchlecht: und es kann, wie auch der eben angezogne Schriftſteller bemerkt, einem Manne kein Schimpf empfindlicher ſeyn, als wenn er ein Narr, das heißt, ein Menſch, der in Schoͤnheit, Putz und dergleichen ſeine Wuͤrde ſetzt, genannt wird; ſo wie es ein Frauenzimmer am uͤbelſten empfindet, wenn man ſie ekelhaft heißt. Doch iſt auch nicht eine jede Art des Schoͤn- heitsſtolzes an dem weiblichen Geſchlecht angenehm und beyfallswuͤrdig. Nur derjenige gefaͤllt, wel- cher die Schoͤnheit als einen eigenthuͤmlichen Vor- zug des ſanftern Geſchlechts an ſich ſchaͤtzt: nicht eben ſo der, welcher ſie als ein Mittel, ſich die Gunſt der Maͤnner zu erbuhlen, ſehr werth haͤlt. Dieſe Art des Stolzes, welcher von Meh- rern der Galanterieſtolz genannt wird, zeugt entwe- der von Einfalt und Dummheit, oder einem kindi- ſchen Verſtande und ſehr kleinem Herzen. So alt die Vergleichung auch iſt, ſo weiß ich doch ein auf ſeine Schoͤnheit als einem Werk- zeug

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/147
Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/147>, abgerufen am 23.11.2024.