Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.
Ein *) Wollte man mir hier die Schlafwandrer und Schlaf- redner entgegenstellen, so würde ich antworten, daß diese sich nicht in einem ruhigen und festen Schlafe befinden. Denn was jene betrifft, so ist durch die Erfahrung bewiesen, 1) daß ihr Schlaf keine Ruhe ist, da sie sich nach dem Paroxismus gewöhnlich sehr ermattet fühlen; 2) daß nicht alle Wege der Empfindung ver- schlossen sind: besonders das Gefühl sehr lebendig ist; 3) daß manche sich an das, was sie bey ihren Schlafwandrungen vornehmen, erinnern können. Richerz Uebersetzung von Muratori über die Einbild. 1. 354. ff. Was aber das Sprechen im Schlafe betrifft, so bemerke ich dabey folgendes: 1) Wenn ich Personen, von welchen ich sicher voraussetzen konnte, daß sie fest schliefen, hörte; so waren es nicht zusammenhängende, ganze Worte, die E 2
Ein *) Wollte man mir hier die Schlafwandrer und Schlaf- redner entgegenſtellen, ſo wuͤrde ich antworten, daß dieſe ſich nicht in einem ruhigen und feſten Schlafe befinden. Denn was jene betrifft, ſo iſt durch die Erfahrung bewieſen, 1) daß ihr Schlaf keine Ruhe iſt, da ſie ſich nach dem Paroxismus gewoͤhnlich ſehr ermattet fuͤhlen; 2) daß nicht alle Wege der Empfindung ver- ſchloſſen ſind: beſonders das Gefuͤhl ſehr lebendig iſt; 3) daß manche ſich an das, was ſie bey ihren Schlafwandrungen vornehmen, erinnern koͤnnen. Richerz Ueberſetzung von Muratori uͤber die Einbild. 1. 354. ff. Was aber das Sprechen im Schlafe betrifft, ſo bemerke ich dabey folgendes: 1) Wenn ich Perſonen, von welchen ich ſicher vorausſetzen konnte, daß ſie feſt ſchliefen, hoͤrte; ſo waren es nicht zuſammenhaͤngende, ganze Worte, die E 2
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Ja man kann ſich auch willkuͤhrlich durch ein en-
ges Zuſammenſchließen des Koͤrpers, beſonders
ein Zuſammenkneifen der Augen und Verſtopfen
der Ohren, auf eine kurze Zeit in eine voͤllige Vor-
ſtellungsloſigkeit verſetzen. — Ein Menſch mit
traͤgen Sinnen und gefuͤhlloſen Nerven hat we-
nig Jdeen; wer lebhaft empfindet und reizbar iſt,
viel. *)
Ein
*) Wollte man mir hier die Schlafwandrer und Schlaf-
redner entgegenſtellen, ſo wuͤrde ich antworten, daß
dieſe ſich nicht in einem ruhigen und feſten Schlafe
befinden. Denn was jene betrifft, ſo iſt durch die
Erfahrung bewieſen,
1) daß ihr Schlaf keine Ruhe iſt, da ſie ſich
nach dem Paroxismus gewoͤhnlich ſehr ermattet
fuͤhlen;
2) daß nicht alle Wege der Empfindung ver-
ſchloſſen ſind: beſonders das Gefuͤhl ſehr lebendig
iſt;
3) daß manche ſich an das, was ſie bey ihren
Schlafwandrungen vornehmen, erinnern koͤnnen.
Richerz Ueberſetzung von Muratori uͤber die Einbild.
1. 354. ff.
Was aber das Sprechen im Schlafe betrifft, ſo
bemerke ich dabey folgendes:
1) Wenn ich Perſonen, von welchen ich ſicher
vorausſetzen konnte, daß ſie feſt ſchliefen, hoͤrte;
ſo waren es nicht zuſammenhaͤngende, ganze Worte,
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