wohnern heißer und mit allem, was zur Nahrung und Nothdurft gehört, versehenen Länder, ist ihr tagelanges Stillsitzen in einer Positur. Ganze Tage über, sagt der vorhin angeführte Schrift- steller, bleiben manche Amerikanische Wilden in ihren Hängebetten ausgestreckt liegen oder voll- kommen müßig auf der Erde sitzen, ohne ihre Positur zu ändern, ihre Augen von der Erde em- porzuheben, oder auch nur ein einziges Wort zu sprechen. -- Eine so lange Unveränderlichkeit läßt die Phantasie, wo sie ihr Spiel treibt, nicht zu. Zwar liegt auch zuweilen der Europäer mit der verzärtelten, oder wie man es lieber nennt, cultivirten Sinnlichkeit in schlaffer Trägheit auf seinem Sopha und läßt sich von seiner Einbil- dungskraft Träume über Träume eingeben, ohne Hand und Fuß zu bewegen; aber diese Kunst ver- steht der rohe Mensch noch nicht. Auch ist unser cultivirter Landsmann so müßig nicht, als jener. Man sehe nur sein hin und her gedrehtes, ge- schloßnes oder halbgebrochnes Auge und seine schmachtende Mine, und man wird bald gewahr werden, daß er sich, wenn gleich nicht zum Thun, doch zum Genießen, verpflichtet glaubt. Besser kann der müßige Wilde mit unserm Bauer ver- glichen werden, welcher ebenfalls halbe Sonntage sitzen kann, ohne daß seine Einbildungskraft sich mit etwas anderm beschäfftigte, als etwa Geister-
artige
wohnern heißer und mit allem, was zur Nahrung und Nothdurft gehoͤrt, verſehenen Laͤnder, iſt ihr tagelanges Stillſitzen in einer Poſitur. Ganze Tage uͤber, ſagt der vorhin angefuͤhrte Schrift- ſteller, bleiben manche Amerikaniſche Wilden in ihren Haͤngebetten ausgeſtreckt liegen oder voll- kommen muͤßig auf der Erde ſitzen, ohne ihre Poſitur zu aͤndern, ihre Augen von der Erde em- porzuheben, oder auch nur ein einziges Wort zu ſprechen. — Eine ſo lange Unveraͤnderlichkeit laͤßt die Phantaſie, wo ſie ihr Spiel treibt, nicht zu. Zwar liegt auch zuweilen der Europaͤer mit der verzaͤrtelten, oder wie man es lieber nennt, cultivirten Sinnlichkeit in ſchlaffer Traͤgheit auf ſeinem Sopha und laͤßt ſich von ſeiner Einbil- dungskraft Traͤume uͤber Traͤume eingeben, ohne Hand und Fuß zu bewegen; aber dieſe Kunſt ver- ſteht der rohe Menſch noch nicht. Auch iſt unſer cultivirter Landsmann ſo muͤßig nicht, als jener. Man ſehe nur ſein hin und her gedrehtes, ge- ſchloßnes oder halbgebrochnes Auge und ſeine ſchmachtende Mine, und man wird bald gewahr werden, daß er ſich, wenn gleich nicht zum Thun, doch zum Genießen, verpflichtet glaubt. Beſſer kann der muͤßige Wilde mit unſerm Bauer ver- glichen werden, welcher ebenfalls halbe Sonntage ſitzen kann, ohne daß ſeine Einbildungskraft ſich mit etwas anderm beſchaͤfftigte, als etwa Geiſter-
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wohnern heißer und mit allem, was zur Nahrung
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Tage uͤber, ſagt der vorhin angefuͤhrte Schrift-
ſteller, bleiben manche Amerikaniſche Wilden in
ihren Haͤngebetten ausgeſtreckt liegen oder voll-
kommen muͤßig auf der Erde ſitzen, ohne ihre
Poſitur zu aͤndern, ihre Augen von der Erde em-
porzuheben, oder auch nur ein einziges Wort zu
ſprechen. — Eine ſo lange Unveraͤnderlichkeit
laͤßt die Phantaſie, wo ſie ihr Spiel treibt, nicht
zu. Zwar liegt auch zuweilen der Europaͤer mit
der verzaͤrtelten, oder wie man es lieber nennt,
cultivirten Sinnlichkeit in ſchlaffer Traͤgheit auf
ſeinem Sopha und laͤßt ſich von ſeiner Einbil-
dungskraft Traͤume uͤber Traͤume eingeben, ohne
Hand und Fuß zu bewegen; aber dieſe Kunſt ver-
ſteht der rohe Menſch noch nicht. Auch iſt unſer
cultivirter Landsmann ſo muͤßig nicht, als jener.
Man ſehe nur ſein hin und her gedrehtes, ge-
ſchloßnes oder halbgebrochnes Auge und ſeine
ſchmachtende Mine, und man wird bald gewahr
werden, daß er ſich, wenn gleich nicht zum Thun,
doch zum Genießen, verpflichtet glaubt. Beſſer
kann der muͤßige Wilde mit unſerm Bauer ver-
glichen werden, welcher ebenfalls halbe Sonntage
ſitzen kann, ohne daß ſeine Einbildungskraft ſich
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/76>, abgerufen am 25.11.2024.
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