Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite


er sich vorstellte, in der Jlme zu seyn, zog er
die Füße an sich, und sagte dabey, das Wasser
wäre tief. Wie er sich seinen Aufenthalt in
Weimar vorstellte, that er, als ob er seiner Ge-
schäffte wegen in verschiedne Häuser ginge, und
dieselben dort ausrichtete. Er kam dann endlich
auch in Gedanken zum Sempronius, bey wel-
chem er in diesen zweyten Paroxismus gefallen
war. Er redete alle die Worte, und machte
alle die Gebehrden, die er gegen die Magd gere-
det und gemacht hatte, welche ihm des Sempro-
nius Stube hatte zeigen müssen; stieg so viele
Stufen, als sich an der Treppe befanden, klopfte
an die Thür, und wiederholte eben die Worte,
welche er beym Eintritt zum Sempronius gespro-
chen hatte. Bisher hatte er immer gestanden
und gewandelt, nun fand er im Schlafe eben
den Stuhl, auf welchem ihn Sempronius hatte
Platz nehmen heißen, ungeachtet dieser Stuhl et-
liche Schritte vor ihm stand: ging mit vest ver-
schlossenen Augen, welche auch nicht die geringste
Bewegung von dem daran gehaltnen Licht mach-
ten, durch die dazwischen stehenden Leute weg,
setzte sich nieder, und sagte alles nach einander
wieder her, was er wachend dem Sempronius
auf dessen Fragen zur Antwort gegeben hatte.
Als er dies alles hergesagt hatte, wachte er auf,
und bezeugte, daß alles, was er da schlafend ge-

than
H 3


er ſich vorſtellte, in der Jlme zu ſeyn, zog er
die Fuͤße an ſich, und ſagte dabey, das Waſſer
waͤre tief. Wie er ſich ſeinen Aufenthalt in
Weimar vorſtellte, that er, als ob er ſeiner Ge-
ſchaͤffte wegen in verſchiedne Haͤuſer ginge, und
dieſelben dort ausrichtete. Er kam dann endlich
auch in Gedanken zum Sempronius, bey wel-
chem er in dieſen zweyten Paroxiſmus gefallen
war. Er redete alle die Worte, und machte
alle die Gebehrden, die er gegen die Magd gere-
det und gemacht hatte, welche ihm des Sempro-
nius Stube hatte zeigen muͤſſen; ſtieg ſo viele
Stufen, als ſich an der Treppe befanden, klopfte
an die Thuͤr, und wiederholte eben die Worte,
welche er beym Eintritt zum Sempronius geſpro-
chen hatte. Bisher hatte er immer geſtanden
und gewandelt, nun fand er im Schlafe eben
den Stuhl, auf welchem ihn Sempronius hatte
Platz nehmen heißen, ungeachtet dieſer Stuhl et-
liche Schritte vor ihm ſtand: ging mit veſt ver-
ſchloſſenen Augen, welche auch nicht die geringſte
Bewegung von dem daran gehaltnen Licht mach-
ten, durch die dazwiſchen ſtehenden Leute weg,
ſetzte ſich nieder, und ſagte alles nach einander
wieder her, was er wachend dem Sempronius
auf deſſen Fragen zur Antwort gegeben hatte.
Als er dies alles hergeſagt hatte, wachte er auf,
und bezeugte, daß alles, was er da ſchlafend ge-

than
H 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0141" n="117"/><lb/>
er &#x017F;ich vor&#x017F;tellte, in der Jlme zu &#x017F;eyn, zog er<lb/>
die Fu&#x0364;ße an &#x017F;ich, und &#x017F;agte dabey, das Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
wa&#x0364;re tief. Wie er &#x017F;ich &#x017F;einen Aufenthalt in<lb/>
Weimar vor&#x017F;tellte, that er, als ob er &#x017F;einer Ge-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ffte wegen in ver&#x017F;chiedne Ha&#x0364;u&#x017F;er ginge, und<lb/>
die&#x017F;elben dort ausrichtete. Er kam dann endlich<lb/>
auch in Gedanken zum Sempronius, bey wel-<lb/>
chem er in die&#x017F;en zweyten Paroxi&#x017F;mus gefallen<lb/>
war. Er redete alle die Worte, und machte<lb/>
alle die Gebehrden, die er gegen die Magd gere-<lb/>
det und gemacht hatte, welche ihm des Sempro-<lb/>
nius Stube hatte zeigen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; &#x017F;tieg &#x017F;o viele<lb/>
Stufen, als &#x017F;ich an der Treppe befanden, klopfte<lb/>
an die Thu&#x0364;r, und wiederholte eben die Worte,<lb/>
welche er beym Eintritt zum Sempronius ge&#x017F;pro-<lb/>
chen hatte. Bisher hatte er immer ge&#x017F;tanden<lb/>
und gewandelt, nun fand er im Schlafe eben<lb/>
den Stuhl, auf welchem ihn Sempronius hatte<lb/>
Platz nehmen heißen, ungeachtet die&#x017F;er Stuhl et-<lb/>
liche Schritte vor ihm &#x017F;tand: ging mit ve&#x017F;t ver-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Augen, welche auch nicht die gering&#x017F;te<lb/>
Bewegung von dem daran gehaltnen Licht mach-<lb/>
ten, durch die dazwi&#x017F;chen &#x017F;tehenden Leute weg,<lb/>
&#x017F;etzte &#x017F;ich nieder, und &#x017F;agte alles nach einander<lb/>
wieder her, was er wachend dem Sempronius<lb/>
auf de&#x017F;&#x017F;en Fragen zur Antwort gegeben hatte.<lb/>
Als er dies alles herge&#x017F;agt hatte, wachte er auf,<lb/>
und bezeugte, daß alles, was er da &#x017F;chlafend ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H 3</fw><fw place="bottom" type="catch">than</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0141] er ſich vorſtellte, in der Jlme zu ſeyn, zog er die Fuͤße an ſich, und ſagte dabey, das Waſſer waͤre tief. Wie er ſich ſeinen Aufenthalt in Weimar vorſtellte, that er, als ob er ſeiner Ge- ſchaͤffte wegen in verſchiedne Haͤuſer ginge, und dieſelben dort ausrichtete. Er kam dann endlich auch in Gedanken zum Sempronius, bey wel- chem er in dieſen zweyten Paroxiſmus gefallen war. Er redete alle die Worte, und machte alle die Gebehrden, die er gegen die Magd gere- det und gemacht hatte, welche ihm des Sempro- nius Stube hatte zeigen muͤſſen; ſtieg ſo viele Stufen, als ſich an der Treppe befanden, klopfte an die Thuͤr, und wiederholte eben die Worte, welche er beym Eintritt zum Sempronius geſpro- chen hatte. Bisher hatte er immer geſtanden und gewandelt, nun fand er im Schlafe eben den Stuhl, auf welchem ihn Sempronius hatte Platz nehmen heißen, ungeachtet dieſer Stuhl et- liche Schritte vor ihm ſtand: ging mit veſt ver- ſchloſſenen Augen, welche auch nicht die geringſte Bewegung von dem daran gehaltnen Licht mach- ten, durch die dazwiſchen ſtehenden Leute weg, ſetzte ſich nieder, und ſagte alles nach einander wieder her, was er wachend dem Sempronius auf deſſen Fragen zur Antwort gegeben hatte. Als er dies alles hergeſagt hatte, wachte er auf, und bezeugte, daß alles, was er da ſchlafend ge- than H 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/141
Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/141>, abgerufen am 23.11.2024.