Feind steckte, verordnete reinigende Arzneyen, und trieb auf diese Weise den Teufel aus.
So wie man sich aber von gewissen Träumen befreyen kann, eben so kann man sich zu andern vorbereiten; wenn man das, wovon man zu träumen wünscht, auch wachend oft und lebhaft denkt. Jmmer freylich wird unser Wille doch nicht erfüllt werden, weil sehr oft Sensationen, welche dem gewünschten Traume durchaus zu- wider sind, die Phantasie anderswohin lenken; daß es indeß wirklich geschehen könne, ergiebt sich durch leichte Folgerungen aus den vorhin gemach- ten Bemerkungen, und weiß mancher vielleicht schon aus eigenen Erfahrungen.
Ob die Träume angenehm, oder unangenehm sind, hängt von der Beschaffenheit der Empfin- dung, welche sie veranlaßte, und von den Vor- stellungen, welche durch dieselbe geweckt werden, ab. Ein im Schlafe dunkel vernommener Knall, dünkt den, welcher sich vor dem Gewitter fürchtet, und daher oft daran denkt, die Stimme des Donners zu seyn, und versetzt ihn in Furcht und Bangigkeit; indeß der Kanonier dadurch an seine Kanone geführt wird. Die Bisse jener schwar- zen Liebhaber des Menschenbluts lassen den eifer- süchtigen Jtaliener von Banditen träumen, wel- che ihn mit ihren Dolchen ermorden wollen; da hingegen das zärtliche Mädchen bey derselben Ver-
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Feind ſteckte, verordnete reinigende Arzneyen, und trieb auf dieſe Weiſe den Teufel aus.
So wie man ſich aber von gewiſſen Traͤumen befreyen kann, eben ſo kann man ſich zu andern vorbereiten; wenn man das, wovon man zu traͤumen wuͤnſcht, auch wachend oft und lebhaft denkt. Jmmer freylich wird unſer Wille doch nicht erfuͤllt werden, weil ſehr oft Senſationen, welche dem gewuͤnſchten Traume durchaus zu- wider ſind, die Phantaſie anderswohin lenken; daß es indeß wirklich geſchehen koͤnne, ergiebt ſich durch leichte Folgerungen aus den vorhin gemach- ten Bemerkungen, und weiß mancher vielleicht ſchon aus eigenen Erfahrungen.
Ob die Traͤume angenehm, oder unangenehm ſind, haͤngt von der Beſchaffenheit der Empfin- dung, welche ſie veranlaßte, und von den Vor- ſtellungen, welche durch dieſelbe geweckt werden, ab. Ein im Schlafe dunkel vernommener Knall, duͤnkt den, welcher ſich vor dem Gewitter fuͤrchtet, und daher oft daran denkt, die Stimme des Donners zu ſeyn, und verſetzt ihn in Furcht und Bangigkeit; indeß der Kanonier dadurch an ſeine Kanone gefuͤhrt wird. Die Biſſe jener ſchwar- zen Liebhaber des Menſchenbluts laſſen den eifer- ſuͤchtigen Jtaliener von Banditen traͤumen, wel- che ihn mit ihren Dolchen ermorden wollen; da hingegen das zaͤrtliche Maͤdchen bey derſelben Ver-
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Feind ſteckte, verordnete reinigende Arzneyen,
und trieb auf dieſe Weiſe den Teufel aus.
So wie man ſich aber von gewiſſen Traͤumen
befreyen kann, eben ſo kann man ſich zu andern
vorbereiten; wenn man das, wovon man zu
traͤumen wuͤnſcht, auch wachend oft und lebhaft
denkt. Jmmer freylich wird unſer Wille doch
nicht erfuͤllt werden, weil ſehr oft Senſationen,
welche dem gewuͤnſchten Traume durchaus zu-
wider ſind, die Phantaſie anderswohin lenken;
daß es indeß wirklich geſchehen koͤnne, ergiebt ſich
durch leichte Folgerungen aus den vorhin gemach-
ten Bemerkungen, und weiß mancher vielleicht
ſchon aus eigenen Erfahrungen.
Ob die Traͤume angenehm, oder unangenehm
ſind, haͤngt von der Beſchaffenheit der Empfin-
dung, welche ſie veranlaßte, und von den Vor-
ſtellungen, welche durch dieſelbe geweckt werden,
ab. Ein im Schlafe dunkel vernommener Knall,
duͤnkt den, welcher ſich vor dem Gewitter fuͤrchtet,
und daher oft daran denkt, die Stimme des
Donners zu ſeyn, und verſetzt ihn in Furcht und
Bangigkeit; indeß der Kanonier dadurch an ſeine
Kanone gefuͤhrt wird. Die Biſſe jener ſchwar-
zen Liebhaber des Menſchenbluts laſſen den eifer-
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che ihn mit ihren Dolchen ermorden wollen; da
hingegen das zaͤrtliche Maͤdchen bey derſelben Ver-
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/106>, abgerufen am 25.11.2024.
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