dige Thiere, nicht mit Caligula, als seine Sclaven, sondern mit Titus und Marc Aurel als Menschen zu betrachten. Sie lehrt ihn, dass Schwerdt und Kerker, Verweisung und Schande nicht die einzigen, nicht die wirk- samsten Mittel sind, die Verbrechen auszutil- gen, und dass es nicht der schwerbewaffnete Arm der Strafgerechtigkeit allein ist, der Friede und Sicherheit im Staate erhält. Sie lehrt ihn die Kriminalgesetze so verfassen, dass sie ihren Zweck, Verhütung der Verbre- chen, erreichen, dem patriotischen Bürger Schutz gewähren, und ihr Fluch nur den Frevler -- nicht den Unschuldigen -- treffen kann. Sie lehrt ihn, die Strafen, die er dem Verbrecher androhen muss, zweckmässig und moralisch machen, den Process gegen die An- geschuldigten mit Weisheit einrichten, und das Verfahren gegen dieselben nach Grundsätzen der Menschlichkeit und Menschenkenntniss bestimmen. Sie flösst den Herren über Leben
und
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dige Thiere, nicht mit Caligula, als ſeine Sclaven, ſondern mit Titus und Marc Aurel als Menſchen zu betrachten. Sie lehrt ihn, daſs Schwerdt und Kerker, Verweiſung und Schande nicht die einzigen, nicht die wirk- ſamſten Mittel ſind, die Verbrechen auszutil- gen, und daſs es nicht der ſchwerbewaffnete Arm der Strafgerechtigkeit allein iſt, der Friede und Sicherheit im Staate erhält. Sie lehrt ihn die Kriminalgeſetze ſo verfaſſen, daſs ſie ihren Zweck, Verhütung der Verbre- chen, erreichen, dem patriotiſchen Bürger Schutz gewähren, und ihr Fluch nur den Frevler — nicht den Unſchuldigen — treffen kann. Sie lehrt ihn, die Strafen, die er dem Verbrecher androhen muſs, zweckmäſsig und moraliſch machen, den Proceſs gegen die An- geſchuldigten mit Weisheit einrichten, und das Verfahren gegen dieſelben nach Grundſätzen der Menſchlichkeit und Menſchenkenntniſs beſtimmen. Sie flöſst den Herren über Leben
und
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dige Thiere, nicht mit Caligula, als ſeine
Sclaven, ſondern mit Titus und Marc Aurel als
Menſchen zu betrachten. Sie lehrt ihn,
daſs Schwerdt und Kerker, Verweiſung und
Schande nicht die einzigen, nicht die wirk-
ſamſten Mittel ſind, die Verbrechen auszutil-
gen, und daſs es nicht der ſchwerbewaffnete
Arm der Strafgerechtigkeit allein iſt, der
Friede und Sicherheit im Staate erhält. Sie
lehrt ihn die Kriminalgeſetze ſo verfaſſen,
daſs ſie ihren Zweck, Verhütung der Verbre-
chen, erreichen, dem patriotiſchen Bürger
Schutz gewähren, und ihr Fluch nur den
Frevler — nicht den Unſchuldigen — treffen
kann. Sie lehrt ihn, die Strafen, die er dem
Verbrecher androhen muſs, zweckmäſsig und
moraliſch machen, den Proceſs gegen die An-
geſchuldigten mit Weisheit einrichten, und das
Verfahren gegen dieſelben nach Grundſätzen
der Menſchlichkeit und Menſchenkenntniſs
beſtimmen. Sie flöſst den Herren über Leben
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Ideen zu einer Kriminalpsychologie. Halle, 1792, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_crimipsyche_1792/107>, abgerufen am 16.02.2025.
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