Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

dabei gewiss nur der symbolische Anfangsgedanke, der wegen seiner Unbequemlichkeit und wegen der Gefahr des Verlustes, womit er die zwei einzelnen Ringstücke bedrohte, bald verlassen und entweder durch gleiche und gleichbezeichnete Ringe oder durch andere hörbare (Worte und Schläge), sichtbare (Zeichen besonders mit den Händen und Fingern, Füssen u. s. w.) und fühlbare (Griffe) Erkennungszeichen ersetzt wurde. Auch diese Symbolik im weitern Sinn, eine Erfindung und ein Bedürfniss aller Mysterien oder engern Verbindungen, stammt aus Aegypten, als dem Vaterlande der Mysterien, und wurde in demselben Verhältniss beschränkt und geschwächt, in dem die Mysterien der Priester selbst zurücktreten oder öffentlich werden mussten. In Symbole, in nur den Eingeweihten verständliche Zeichen und Bilder wurden auch alle Lehren eingekleidet, damit diese Lehren eben geheime seien und geheim bleiben; man könnte sagen, die symbolische Sprache ist die Geheimsprache, wie die Bilderschrift die Geheimschrift, denn auch die Symbole sind Bilder und deshalb die Symbolik und Hieroglyphik so innig verbunden. Dass und in welcher Gestalt die ägyptisch-griechische Symbolik nach dem Norden, nach Schweden gedrungen sei, ist ersichtlich aus Mohnike, altschwedische Balladen, Mährchen und Schwänke, Stuttgart 1836, S. 24, wornach im alten Schweden Trauungen und Ehen dadurch geschieden wurden, dass man ein Handtuch zwischen den Verlobten und Ehegatten zerschnitt und jedem Theile ein Stück gab. Schwestern bekräftigten ihre Verwandtschaft durch Zusammenpassen der gebrochenen halben Ringe:

Und die Braut hielt einen halben Ring,
Schön Anna die andere Hälfte.
Und zwei so liebe Schwestern waren sie,
Und die Ringe, sie liefen zusammen.1)

Die ägyptische Symbolik und Hieroglyphik mit den Fortbildungen und Bereicherungen, welche sie bei den Griechen und Römern empfangen hatte, - die ägyptische Geheimwissenschaft oder ägyptische Mysterienkunst wurde

1) Mohnike, S. 61.

dabei gewiss nur der symbolische Anfangsgedanke, der wegen seiner Unbequemlichkeit und wegen der Gefahr des Verlustes, womit er die zwei einzelnen Ringstücke bedrohte, bald verlassen und entweder durch gleiche und gleichbezeichnete Ringe oder durch andere hörbare (Worte und Schläge), sichtbare (Zeichen besonders mit den Händen und Fingern, Füssen u. s. w.) und fühlbare (Griffe) Erkennungszeichen ersetzt wurde. Auch diese Symbolik im weitern Sinn, eine Erfindung und ein Bedürfniss aller Mysterien oder engern Verbindungen, stammt aus Aegypten, als dem Vaterlande der Mysterien, und wurde in demselben Verhältniss beschränkt und geschwächt, in dem die Mysterien der Priester selbst zurücktreten oder öffentlich werden mussten. In Symbole, in nur den Eingeweihten verständliche Zeichen und Bilder wurden auch alle Lehren eingekleidet, damit diese Lehren eben geheime seien und geheim bleiben; man könnte sagen, die symbolische Sprache ist die Geheimsprache, wie die Bilderschrift die Geheimschrift, denn auch die Symbole sind Bilder und deshalb die Symbolik und Hieroglyphik so innig verbunden. Dass und in welcher Gestalt die ägyptisch-griechische Symbolik nach dem Norden, nach Schweden gedrungen sei, ist ersichtlich aus Mohnike, altschwedische Balladen, Mährchen und Schwänke, Stuttgart 1836, S. 24, wornach im alten Schweden Trauungen und Ehen dadurch geschieden wurden, dass man ein Handtuch zwischen den Verlobten und Ehegatten zerschnitt und jedem Theile ein Stück gab. Schwestern bekräftigten ihre Verwandtschaft durch Zusammenpassen der gebrochenen halben Ringe:

Und die Braut hielt einen halben Ring,
Schön Anna die andere Hälfte.
Und zwei so liebe Schwestern waren sie,
Und die Ringe, sie liefen zusammen.1)

Die ägyptische Symbolik und Hieroglyphik mit den Fortbildungen und Bereicherungen, welche sie bei den Griechen und Römern empfangen hatte, – die ägyptische Geheimwissenschaft oder ägyptische Mysterienkunst wurde

1) Mohnike, S. 61.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0090" n="70"/>
dabei gewiss nur der symbolische Anfangsgedanke, der wegen seiner Unbequemlichkeit und wegen der Gefahr des Verlustes, womit er die zwei einzelnen Ringstücke bedrohte, bald verlassen und entweder durch gleiche und gleichbezeichnete Ringe oder durch andere hörbare (Worte und Schläge), sichtbare (Zeichen besonders mit den Händen und Fingern, Füssen u. s. w.) und fühlbare (Griffe) Erkennungszeichen ersetzt wurde. Auch diese Symbolik im weitern Sinn, eine Erfindung und ein Bedürfniss aller Mysterien oder engern Verbindungen, stammt aus Aegypten, als dem Vaterlande der Mysterien, und wurde in demselben Verhältniss beschränkt und geschwächt, in dem die Mysterien der Priester selbst zurücktreten oder öffentlich werden mussten. In Symbole, in nur den Eingeweihten verständliche Zeichen und Bilder wurden auch alle Lehren eingekleidet, damit diese Lehren eben geheime seien und geheim bleiben; man könnte sagen, die symbolische Sprache ist die Geheimsprache, wie die Bilderschrift die Geheimschrift, denn auch die Symbole sind Bilder und deshalb die Symbolik und Hieroglyphik so innig verbunden. Dass und in welcher Gestalt die ägyptisch-griechische Symbolik nach dem Norden, nach Schweden gedrungen sei, ist ersichtlich aus Mohnike, altschwedische Balladen, Mährchen und Schwänke, Stuttgart 1836, S. 24, wornach im alten Schweden Trauungen und Ehen dadurch geschieden wurden, dass man ein Handtuch zwischen den Verlobten und Ehegatten zerschnitt und jedem Theile ein Stück gab. Schwestern bekräftigten ihre Verwandtschaft durch Zusammenpassen der gebrochenen halben Ringe:</p>
        <cit rendition="#et">
          <quote>
            <p>
 Und die Braut hielt einen halben Ring,<lb/>
Schön Anna die andere Hälfte.<lb/>
Und zwei so liebe Schwestern waren sie,<lb/>
Und die Ringe, sie liefen zusammen.<note place="foot" n="1)">Mohnike, S. 61.</note></p>
          </quote>
        </cit>
        <p>
 Die ägyptische Symbolik und Hieroglyphik mit den Fortbildungen und Bereicherungen, welche sie bei den Griechen und Römern empfangen hatte, &#x2013; die ägyptische Geheimwissenschaft oder ägyptische Mysterienkunst wurde
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70/0090] dabei gewiss nur der symbolische Anfangsgedanke, der wegen seiner Unbequemlichkeit und wegen der Gefahr des Verlustes, womit er die zwei einzelnen Ringstücke bedrohte, bald verlassen und entweder durch gleiche und gleichbezeichnete Ringe oder durch andere hörbare (Worte und Schläge), sichtbare (Zeichen besonders mit den Händen und Fingern, Füssen u. s. w.) und fühlbare (Griffe) Erkennungszeichen ersetzt wurde. Auch diese Symbolik im weitern Sinn, eine Erfindung und ein Bedürfniss aller Mysterien oder engern Verbindungen, stammt aus Aegypten, als dem Vaterlande der Mysterien, und wurde in demselben Verhältniss beschränkt und geschwächt, in dem die Mysterien der Priester selbst zurücktreten oder öffentlich werden mussten. In Symbole, in nur den Eingeweihten verständliche Zeichen und Bilder wurden auch alle Lehren eingekleidet, damit diese Lehren eben geheime seien und geheim bleiben; man könnte sagen, die symbolische Sprache ist die Geheimsprache, wie die Bilderschrift die Geheimschrift, denn auch die Symbole sind Bilder und deshalb die Symbolik und Hieroglyphik so innig verbunden. Dass und in welcher Gestalt die ägyptisch-griechische Symbolik nach dem Norden, nach Schweden gedrungen sei, ist ersichtlich aus Mohnike, altschwedische Balladen, Mährchen und Schwänke, Stuttgart 1836, S. 24, wornach im alten Schweden Trauungen und Ehen dadurch geschieden wurden, dass man ein Handtuch zwischen den Verlobten und Ehegatten zerschnitt und jedem Theile ein Stück gab. Schwestern bekräftigten ihre Verwandtschaft durch Zusammenpassen der gebrochenen halben Ringe: Und die Braut hielt einen halben Ring, Schön Anna die andere Hälfte. Und zwei so liebe Schwestern waren sie, Und die Ringe, sie liefen zusammen. 1) Die ägyptische Symbolik und Hieroglyphik mit den Fortbildungen und Bereicherungen, welche sie bei den Griechen und Römern empfangen hatte, – die ägyptische Geheimwissenschaft oder ägyptische Mysterienkunst wurde 1) Mohnike, S. 61.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/90
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/90>, abgerufen am 06.05.2024.