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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

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will die Worte aus dem Hebräischen erklären als: "Kein Falsch sei in dir." Kant, zum ewigen Frieden, Königsberg, 1795, S. 44 Anm., will die Worte aus dem Tübetanischen ableiten und glaubt, sie bedeuten wohl das heilige (Konx), selige (0m) und weise (Pax), durch die Welt überall hin verbreitete höchste Wesen (die personificirte Natur). Die Formel soll durch den alten Seidenhandel mit China überTübet dem Abendlande überbracht worden sein. Die Schlussformel des katholischen Priesters: "Ite, missa est," ist gleichfalls eine Erklärung. - Volney, a. a. O., S. 262, betrachtet das katholische Dominus Vobiscum als die wörtliche Uebersetzung der eleusinischen Aufnahmsformel.

Um bei ihrer Ankunft im jenseitigen Reich den Trank des Vergessens und der Unsterblichkeit, des ewigen Lebenswassers trinken zu können, trugen bei den Aegyptern daher die Mumien auf den Brustbinden Becher zum Schöpfen des Wassers angemalt,1) ähnlich wie man den Todten auch das Fährgeld mitgab. Gewiss in Nachahmung der diesfälligen ägyptischen Vorstellungen und Bilder wird auch bei den Römern, z. B. auf dem neuerlich veröffentlichten Gemälde der Apotheose des Titus, den im Todtenreich Ankommenden aus vollen Trinkhörnern der Unsterblichkeitstrank dargereicht.2) Nach Apuleius Met. 6 hat Psyche zwei Brode in den Händen und zwei Münzen in dem Munde, das eine Stück zum Einlass, das andere zur Rückkehr.

Einen höchst merkwürdigen Nachklang des alten orientalischen dualistischen Licht- und Sonnenglaubens findet man auch noch in einem geistlichen Schauspiele des 15. Jahrhunderts. Da erzählt unter den drei Königen, welche nach Jerusalem gekommen waren, um dem neugeborenen Christus nachzuforschen, Kaspar: er habe auf seinem Hofe einen Strausss, welcher zwei Eier ausgebrütet, aus dem einen sprang ein Löwe, aus dem andern ein Lamm.3) Der Volksglaube auf Island legt

1) Böttiger, kleine Schriften, II. S. 220 und III. S. 263, Anm. *
2) Böttiger, II. S. 321 ff.
3) Pfeiffer, Germania, III. S. 272.

will die Worte aus dem Hebräischen erklären als: „Kein Falsch sei in dir.“ Kant, zum ewigen Frieden, Königsberg, 1795, S. 44 Anm., will die Worte aus dem Tübetanischen ableiten und glaubt, sie bedeuten wohl das heilige (Konx), selige (0m) und weise (Pax), durch die Welt überall hin verbreitete höchste Wesen (die personificirte Natur). Die Formel soll durch den alten Seidenhandel mit China überTübet dem Abendlande überbracht worden sein. Die Schlussformel des katholischen Priesters: „Ite, missa est,“ ist gleichfalls eine Erklärung. – Volney, a. a. O., S. 262, betrachtet das katholische Dominus Vobiscum als die wörtliche Uebersetzung der eleusinischen Aufnahmsformel.

Um bei ihrer Ankunft im jenseitigen Reich den Trank des Vergessens und der Unsterblichkeit, des ewigen Lebenswassers trinken zu können, trugen bei den Aegyptern daher die Mumien auf den Brustbinden Becher zum Schöpfen des Wassers angemalt,1) ähnlich wie man den Todten auch das Fährgeld mitgab. Gewiss in Nachahmung der diesfälligen ägyptischen Vorstellungen und Bilder wird auch bei den Römern, z. B. auf dem neuerlich veröffentlichten Gemälde der Apotheose des Titus, den im Todtenreich Ankommenden aus vollen Trinkhörnern der Unsterblichkeitstrank dargereicht.2) Nach Apuleius Met. 6 hat Psyche zwei Brode in den Händen und zwei Münzen in dem Munde, das eine Stück zum Einlass, das andere zur Rückkehr.

Einen höchst merkwürdigen Nachklang des alten orientalischen dualistischen Licht- und Sonnenglaubens findet man auch noch in einem geistlichen Schauspiele des 15. Jahrhunderts. Da erzählt unter den drei Königen, welche nach Jerusalem gekommen waren, um dem neugeborenen Christus nachzuforschen, Kaspar: er habe auf seinem Hofe einen Strausss, welcher zwei Eier ausgebrütet, aus dem einen sprang ein Löwe, aus dem andern ein Lamm.3) Der Volksglaube auf Island legt

1) Böttiger, kleine Schriften, II. S. 220 und III. S. 263, Anm. *
2) Böttiger, II. S. 321 ff.
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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/84>, abgerufen am 06.05.2024.