Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.mel einzulassen.1) Der hier erscheinende Todtenrichter ist Osiris. In einzelnen deutschen Volkssagen werden nach dem Tode die guten und die bösen Thaten des Verstorbenen zwischen einem Engel, z. B. dem Erzengel Michael, und dem Satan abgewogen.2) Zu Bamberg ist auf Kaiser Heinrichs Grab die Gerechtigkeit mit einer Wagschale in der Hand eingehauen. Es gehet hierüber ein altes Gerücht, dass, sobald das Zünglein an der Wage ins Gleiche komme, die Welt untergehen werde.3) Auf einem herculanischen Gemälde, abgebildet bei Böttiger im zweiten Bande seiner kleinen Schriften, Taf. IV vergl. mit S. 210 ff., hat auch der Isispriester zwei Diakone oder Pastophoren, welche bei der Emporhebung und Vorzeigung des heiligen (Nil-) Wassers in ähnlicher Weise mit zwei Sistren dreimal klapperten, wie die katholischen Messdiener bei der feierlichen Emporhebung des Kelches mir dem Weine als dem Symbole des Blutes Christi, oder bei der segnenden Darbietung des Brodes als des symbolischen Leibes Christi dreimal schellen, worauf die niedergebeugte Gemeinde sich dreimal bekreuzet und dreimal reuevoll an die Brust schlägt. Das Wasser (Osiris als der befruchtende Nil) war den Aegyptern das Symbol alles leiblichen und auch ewigen Lebens,4) wie Christus in der Gestalt des Weines und des Brodes den Christen das Symbol des geistigen und ewigen, des himmlischen Lebens ist. Es kann gar nicht in Zweifel gezogen werden, dass das Sanctissimum und besonders der heilige Kelch oder Gral der Katholiken nur eine Nachbildung des heiligen Wasserkruges, des heiligen Kruges mit dem Nilwasser, des Isiscultus sei. Auch umfasste der Isispriester das heilige Wassergefäss nicht mit blossen, sondern in ähnlich durch feine (weisse) Leinwand, durch einen weissen Ueberwurf (piviale) verhüllten Händen, wie der katholische Priester den h. Kelch, die Monstranz umfasst und vorzeigt. Das heilige Wassergefäss (Hydrium, [fremdsprachliches Material]) hatte nach Hora- 1) Petermann, Reisen im Orient, II. S. 450. 2) Grimm, deutsche Sagen, II. Nr. 506, 479. 3) Grimm, a. a. O., I. Nr. 294. 4) Symbolik, I. S. 162.
mel einzulassen.1) Der hier erscheinende Todtenrichter ist Osiris. In einzelnen deutschen Volkssagen werden nach dem Tode die guten und die bösen Thaten des Verstorbenen zwischen einem Engel, z. B. dem Erzengel Michael, und dem Satan abgewogen.2) Zu Bamberg ist auf Kaiser Heinrichs Grab die Gerechtigkeit mit einer Wagschale in der Hand eingehauen. Es gehet hierüber ein altes Gerücht, dass, sobald das Zünglein an der Wage ins Gleiche komme, die Welt untergehen werde.3) Auf einem herculanischen Gemälde, abgebildet bei Böttiger im zweiten Bande seiner kleinen Schriften, Taf. IV vergl. mit S. 210 ff., hat auch der Isispriester zwei Diakone oder Pastophoren, welche bei der Emporhebung und Vorzeigung des heiligen (Nil-) Wassers in ähnlicher Weise mit zwei Sistren dreimal klapperten, wie die katholischen Messdiener bei der feierlichen Emporhebung des Kelches mir dem Weine als dem Symbole des Blutes Christi, oder bei der segnenden Darbietung des Brodes als des symbolischen Leibes Christi dreimal schellen, worauf die niedergebeugte Gemeinde sich dreimal bekreuzet und dreimal reuevoll an die Brust schlägt. Das Wasser (Osiris als der befruchtende Nil) war den Aegyptern das Symbol alles leiblichen und auch ewigen Lebens,4) wie Christus in der Gestalt des Weines und des Brodes den Christen das Symbol des geistigen und ewigen, des himmlischen Lebens ist. Es kann gar nicht in Zweifel gezogen werden, dass das Sanctissimum und besonders der heilige Kelch oder Gral der Katholiken nur eine Nachbildung des heiligen Wasserkruges, des heiligen Kruges mit dem Nilwasser, des Isiscultus sei. Auch umfasste der Isispriester das heilige Wassergefäss nicht mit blossen, sondern in ähnlich durch feine (weisse) Leinwand, durch einen weissen Ueberwurf (piviale) verhüllten Händen, wie der katholische Priester den h. Kelch, die Monstranz umfasst und vorzeigt. Das heilige Wassergefäss (Hydrium, [fremdsprachliches Material]) hatte nach Hora- 1) Petermann, Reisen im Orient, II. S. 450. 2) Grimm, deutsche Sagen, II. Nr. 506, 479. 3) Grimm, a. a. O., I. Nr. 294. 4) Symbolik, I. S. 162.
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mel einzulassen. 1) Der hier erscheinende Todtenrichter ist Osiris. In einzelnen deutschen Volkssagen werden nach dem Tode die guten und die bösen Thaten des Verstorbenen zwischen einem Engel, z. B. dem Erzengel Michael, und dem Satan abgewogen. 2) Zu Bamberg ist auf Kaiser Heinrichs Grab die Gerechtigkeit mit einer Wagschale in der Hand eingehauen. Es gehet hierüber ein altes Gerücht, dass, sobald das Zünglein an der Wage ins Gleiche komme, die Welt untergehen werde. 3)
Auf einem herculanischen Gemälde, abgebildet bei Böttiger im zweiten Bande seiner kleinen Schriften, Taf. IV vergl. mit S. 210 ff., hat auch der Isispriester zwei Diakone oder Pastophoren, welche bei der Emporhebung und Vorzeigung des heiligen (Nil-) Wassers in ähnlicher Weise mit zwei Sistren dreimal klapperten, wie die katholischen Messdiener bei der feierlichen Emporhebung des Kelches mir dem Weine als dem Symbole des Blutes Christi, oder bei der segnenden Darbietung des Brodes als des symbolischen Leibes Christi dreimal schellen, worauf die niedergebeugte Gemeinde sich dreimal bekreuzet und dreimal reuevoll an die Brust schlägt. Das Wasser (Osiris als der befruchtende Nil) war den Aegyptern das Symbol alles leiblichen und auch ewigen Lebens, 4) wie Christus in der Gestalt des Weines und des Brodes den Christen das Symbol des geistigen und ewigen, des himmlischen Lebens ist. Es kann gar nicht in Zweifel gezogen werden, dass das Sanctissimum und besonders der heilige Kelch oder Gral der Katholiken nur eine Nachbildung des heiligen Wasserkruges, des heiligen Kruges mit dem Nilwasser, des Isiscultus sei. Auch umfasste der Isispriester das heilige Wassergefäss nicht mit blossen, sondern in ähnlich durch feine (weisse) Leinwand, durch einen weissen Ueberwurf (piviale) verhüllten Händen, wie der katholische Priester den h. Kelch, die Monstranz umfasst und vorzeigt. Das heilige Wassergefäss (Hydrium, _ ) hatte nach Hora-
1) Petermann, Reisen im Orient, II. S. 450.
2) Grimm, deutsche Sagen, II. Nr. 506, 479.
3) Grimm, a. a. O., I. Nr. 294.
4) Symbolik, I. S. 162.
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Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/82>, abgerufen am 16.02.2025. |