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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

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der Schlüssel der Lichtgötter als Symbol der Herrschaft über Tag und Nacht, Aufgang und Niedergang, Ober- und Unterwelt, Himmel und Erde möchten den Phöniciern, den den Tubalkain oder Telchinen, d. h. den Ursemiten angehören und von ihnen zunächst und am frühesten auf die Aegypter übergegangen sein. Ganz ursprünglich ist dieser Schlüssel nur der Blitz, der Stab, womit die Gewitterwolken geschlagen und geöffnet werden, damit ihnen der befruchtende Regen entströme; daher berührt sich der Schlüssel in seiner frühesten oder ältesten Gestalt so innig mit dem Stabe, - ist nur ein Stab mit einer Krümmung, mit einem Haken oben, wie denselben namentlich Osiris gleichsam als Scepter in der Hand hält, und wie wir ihn noch heute bei den Schlossern sehen können. Auch der indische Ganeca, wörtlich der Herr der Zahlen, ein Sohn des Ciwa und der Parvadi oder der Sonne und des Mondes, welcher allgemein mit dem römischen Janus verglichen wird, trägt häufig einen Hakenschlüssel, - einen Schlüssel mit einem umgebogenen Haken, um die hölzernen Riegel an den Thüren aufzuheben, welche anfänglich allein das Thürschloss bildeten.1) Als Gott oder Erfinder der Schreibkunst und der Wissenschaft tritt jedoch Ganeca auch dem ägyptischen Thot-Hermes zur Seite. Der Stab des Moses, der Schlüssel des Petrus und der Krummstab des Papstes sind ursprünglich ganz gleichbedeutend und derselbe jüdisch-christliche Nachklang des asiatischen Blitzsymboles, welches auch der griechische Zeus und der indische Wischnu als Flammenrad hält. Der Stab als blosser Wander- und Hirtenstab ist kein Lichtsymbol, sondern das ursprünglichste und dem Hirtenleben entlehnte Attribut Gottes, der Priester und der Fürsten als himmlischer und irdischer Fürsten der Völker; diesem Hirtenstabe reiht sich das heilige Zelt der Juden mit dem Zelt- oder Tempelvorhange, - das Tabernakel der katholischen Kirchen, der Altarvorhang der Maurerlogen u. s. w. an. Auch rechnet Böttiger, Kunstmythologie, I. S. 94, den krummen Massstab (lithuus) der etruskischen Auguren dahin. Wenn zwei

1) Paulin, voyage, I, S. 112 ff. und II, S. 26.

der Schlüssel der Lichtgötter als Symbol der Herrschaft über Tag und Nacht, Aufgang und Niedergang, Ober- und Unterwelt, Himmel und Erde möchten den Phöniciern, den den Tubalkain oder Telchinen, d. h. den Ursemiten angehören und von ihnen zunächst und am frühesten auf die Aegypter übergegangen sein. Ganz ursprünglich ist dieser Schlüssel nur der Blitz, der Stab, womit die Gewitterwolken geschlagen und geöffnet werden, damit ihnen der befruchtende Regen entströme; daher berührt sich der Schlüssel in seiner frühesten oder ältesten Gestalt so innig mit dem Stabe, – ist nur ein Stab mit einer Krümmung, mit einem Haken oben, wie denselben namentlich Osiris gleichsam als Scepter in der Hand hält, und wie wir ihn noch heute bei den Schlossern sehen können. Auch der indische Ganeça, wörtlich der Herr der Zahlen, ein Sohn des Çiwa und der Parvadi oder der Sonne und des Mondes, welcher allgemein mit dem römischen Janus verglichen wird, trägt häufig einen Hakenschlüssel, – einen Schlüssel mit einem umgebogenen Haken, um die hölzernen Riegel an den Thüren aufzuheben, welche anfänglich allein das Thürschloss bildeten.1) Als Gott oder Erfinder der Schreibkunst und der Wissenschaft tritt jedoch Ganeça auch dem ägyptischen Thot-Hermes zur Seite. Der Stab des Moses, der Schlüssel des Petrus und der Krummstab des Papstes sind ursprünglich ganz gleichbedeutend und derselbe jüdisch-christliche Nachklang des asiatischen Blitzsymboles, welches auch der griechische Zeus und der indische Wischnu als Flammenrad hält. Der Stab als blosser Wander- und Hirtenstab ist kein Lichtsymbol, sondern das ursprünglichste und dem Hirtenleben entlehnte Attribut Gottes, der Priester und der Fürsten als himmlischer und irdischer Fürsten der Völker; diesem Hirtenstabe reiht sich das heilige Zelt der Juden mit dem Zelt- oder Tempelvorhange, – das Tabernakel der katholischen Kirchen, der Altarvorhang der Maurerlogen u. s. w. an. Auch rechnet Böttiger, Kunstmythologie, I. S. 94, den krummen Massstab (lithuus) der etruskischen Auguren dahin. Wenn zwei

1) Paulin, voyage, I, S. 112 ff. und II, S. 26.
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[55/0075] der Schlüssel der Lichtgötter als Symbol der Herrschaft über Tag und Nacht, Aufgang und Niedergang, Ober- und Unterwelt, Himmel und Erde möchten den Phöniciern, den den Tubalkain oder Telchinen, d. h. den Ursemiten angehören und von ihnen zunächst und am frühesten auf die Aegypter übergegangen sein. Ganz ursprünglich ist dieser Schlüssel nur der Blitz, der Stab, womit die Gewitterwolken geschlagen und geöffnet werden, damit ihnen der befruchtende Regen entströme; daher berührt sich der Schlüssel in seiner frühesten oder ältesten Gestalt so innig mit dem Stabe, – ist nur ein Stab mit einer Krümmung, mit einem Haken oben, wie denselben namentlich Osiris gleichsam als Scepter in der Hand hält, und wie wir ihn noch heute bei den Schlossern sehen können. Auch der indische Ganeça, wörtlich der Herr der Zahlen, ein Sohn des Çiwa und der Parvadi oder der Sonne und des Mondes, welcher allgemein mit dem römischen Janus verglichen wird, trägt häufig einen Hakenschlüssel, – einen Schlüssel mit einem umgebogenen Haken, um die hölzernen Riegel an den Thüren aufzuheben, welche anfänglich allein das Thürschloss bildeten. 1) Als Gott oder Erfinder der Schreibkunst und der Wissenschaft tritt jedoch Ganeça auch dem ägyptischen Thot-Hermes zur Seite. Der Stab des Moses, der Schlüssel des Petrus und der Krummstab des Papstes sind ursprünglich ganz gleichbedeutend und derselbe jüdisch-christliche Nachklang des asiatischen Blitzsymboles, welches auch der griechische Zeus und der indische Wischnu als Flammenrad hält. Der Stab als blosser Wander- und Hirtenstab ist kein Lichtsymbol, sondern das ursprünglichste und dem Hirtenleben entlehnte Attribut Gottes, der Priester und der Fürsten als himmlischer und irdischer Fürsten der Völker; diesem Hirtenstabe reiht sich das heilige Zelt der Juden mit dem Zelt- oder Tempelvorhange, – das Tabernakel der katholischen Kirchen, der Altarvorhang der Maurerlogen u. s. w. an. Auch rechnet Böttiger, Kunstmythologie, I. S. 94, den krummen Massstab (lithuus) der etruskischen Auguren dahin. Wenn zwei 1) Paulin, voyage, I, S. 112 ff. und II, S. 26.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/75>, abgerufen am 06.05.2024.