Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.Hauptrelief stellt Mithras als Stiertödter in der gewöhnlichen Weise vor: er ist als Jüngling in gegürteter Tunica und kurzem Mantel, mit phrygischer Mütze, persischen Beinkleidern und Halbstiefeln vorgestellt, wie er auf dem Stiere knieend, demselben mit der Linken die Schnauze zurückzieht und mit der Rechten den Dolch in den Nacken stösst. Mithras, in der persischen Lehre der höchste der Izeds oder guten Genien zwischen Ormuzd und Ahriman als Vermittler stehend, ist nach Creuzer das Sinnbild des Lichts, welches aus der Finsterniss geboren wird, daher umgibt ihn auch auf dem Bildwerk eine dunkele Höhle; er sei als Licht der Vermittler der Welt, und indem er den Weltstier opfere, vollende er einen Schöpfungsact, welcher durch Zerlegung der Materie die darin enthaltenen Keime des Thier- und Pflanzenreichs zum Dasein bringt. Dies bezeichnen die sieben Getreideähren, welche aus dem Schweif des getödteten Stieres hervorspriessen. Wir halten den Stier nicht für den Weltstier und daher, das Opfer auch nicht für einen Schöpfungsact, sondern mit Andern für das Sinnbild des Frühlingsstiers, welcher jährlich, damit die Aehren und die Früchte reifen, durch den Sonnenlöwen, dessen Kopf auch über dem Mithra hervorragt und von dem ein Grad in den Mithrasmysterien der Löwengrad (Leontica) hiess, geopfert wird, so dass aus dem Geopferten die jährlichen neuen Früchte hervorgehen und der Opferer, Mithras, eben der stärkere Löwengott, Herakles selbst ist, wie Herakles daher auch in den Nebenbildern neben dem Hauptbilde erscheint. Die Siebenzahl ist die im Orient und Occident gewöhnliche planetarische und auch sonst bei den Parsen und Mithrasdenkmalen sehr gewöhnlich.1) Aehnlich dem Mithrasdenkmale zu Apulum2) ist die Bronzethür, welche im J. 1119 unter Bischof Wilhelm von dem Künstler Odrisias Berandus (Berardus) von Benevent für die Kathedrale von Troja gemacht wurde, in 4 Mal 7 Felder getheilt.3) Nach Massudi, um das J. 900 n. Chr., sind. z. B. auch bei den Arabern 1) Vergl. Symbolik, II. S. 397 ff. und besonders S. 402. 2) Symbolik, I. S. 18. 3) Kunstbl. für 1846, S. 39 a.
Hauptrelief stellt Mithras als Stiertödter in der gewöhnlichen Weise vor: er ist als Jüngling in gegürteter Tunica und kurzem Mantel, mit phrygischer Mütze, persischen Beinkleidern und Halbstiefeln vorgestellt, wie er auf dem Stiere knieend, demselben mit der Linken die Schnauze zurückzieht und mit der Rechten den Dolch in den Nacken stösst. Mithras, in der persischen Lehre der höchste der Izeds oder guten Genien zwischen Ormuzd und Ahriman als Vermittler stehend, ist nach Creuzer das Sinnbild des Lichts, welches aus der Finsterniss geboren wird, daher umgibt ihn auch auf dem Bildwerk eine dunkele Höhle; er sei als Licht der Vermittler der Welt, und indem er den Weltstier opfere, vollende er einen Schöpfungsact, welcher durch Zerlegung der Materie die darin enthaltenen Keime des Thier- und Pflanzenreichs zum Dasein bringt. Dies bezeichnen die sieben Getreideähren, welche aus dem Schweif des getödteten Stieres hervorspriessen. Wir halten den Stier nicht für den Weltstier und daher, das Opfer auch nicht für einen Schöpfungsact, sondern mit Andern für das Sinnbild des Frühlingsstiers, welcher jährlich, damit die Aehren und die Früchte reifen, durch den Sonnenlöwen, dessen Kopf auch über dem Mithra hervorragt und von dem ein Grad in den Mithrasmysterien der Löwengrad (Leontica) hiess, geopfert wird, so dass aus dem Geopferten die jährlichen neuen Früchte hervorgehen und der Opferer, Mithras, eben der stärkere Löwengott, Herakles selbst ist, wie Herakles daher auch in den Nebenbildern neben dem Hauptbilde erscheint. Die Siebenzahl ist die im Orient und Occident gewöhnliche planetarische und auch sonst bei den Parsen und Mithrasdenkmalen sehr gewöhnlich.1) Aehnlich dem Mithrasdenkmale zu Apulum2) ist die Bronzethür, welche im J. 1119 unter Bischof Wilhelm von dem Künstler Odrisias Berandus (Berardus) von Benevent für die Kathedrale von Troja gemacht wurde, in 4 Mal 7 Felder getheilt.3) Nach Massudi, um das J. 900 n. Chr., sind. z. B. auch bei den Arabern 1) Vergl. Symbolik, II. S. 397 ff. und besonders S. 402. 2) Symbolik, I. S. 18. 3) Kunstbl. für 1846, S. 39 a.
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Hauptrelief stellt Mithras als Stiertödter in der gewöhnlichen Weise vor: er ist als Jüngling in gegürteter Tunica und kurzem Mantel, mit phrygischer Mütze, persischen Beinkleidern und Halbstiefeln vorgestellt, wie er auf dem Stiere knieend, demselben mit der Linken die Schnauze zurückzieht und mit der Rechten den Dolch in den Nacken stösst. Mithras, in der persischen Lehre der höchste der Izeds oder guten Genien zwischen Ormuzd und Ahriman als Vermittler stehend, ist nach Creuzer das Sinnbild des Lichts, welches aus der Finsterniss geboren wird, daher umgibt ihn auch auf dem Bildwerk eine dunkele Höhle; er sei als Licht der Vermittler der Welt, und indem er den Weltstier opfere, vollende er einen Schöpfungsact, welcher durch Zerlegung der Materie die darin enthaltenen Keime des Thier- und Pflanzenreichs zum Dasein bringt. Dies bezeichnen die sieben Getreideähren, welche aus dem Schweif des getödteten Stieres hervorspriessen. Wir halten den Stier nicht für den Weltstier und daher, das Opfer auch nicht für einen Schöpfungsact, sondern mit Andern für das Sinnbild des Frühlingsstiers, welcher jährlich, damit die Aehren und die Früchte reifen, durch den Sonnenlöwen, dessen Kopf auch über dem Mithra hervorragt und von dem ein Grad in den Mithrasmysterien der Löwengrad (Leontica) hiess, geopfert wird, so dass aus dem Geopferten die jährlichen neuen Früchte hervorgehen und der Opferer, Mithras, eben der stärkere Löwengott, Herakles selbst ist, wie Herakles daher auch in den Nebenbildern neben dem Hauptbilde erscheint. Die Siebenzahl ist die im Orient und Occident gewöhnliche planetarische und auch sonst bei den Parsen und Mithrasdenkmalen sehr gewöhnlich. 1) Aehnlich dem Mithrasdenkmale zu Apulum 2) ist die Bronzethür, welche im J. 1119 unter Bischof Wilhelm von dem Künstler Odrisias Berandus (Berardus) von Benevent für die Kathedrale von Troja gemacht wurde, in 4 Mal 7 Felder getheilt. 3) Nach Massudi, um das J. 900 n. Chr., sind. z. B. auch bei den Arabern
1) Vergl. Symbolik, II. S. 397 ff. und besonders S. 402.
2) Symbolik, I. S. 18.
3) Kunstbl. für 1846, S. 39 a.
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Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 527. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/547>, abgerufen am 19.06.2024. |