Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

Zugleich werden die Weidleute angeredet: "Hört zu, Weidleut und guten Gesellen." Ein ander Mal erscheint die Anrede: "Lieber Gesell (Meister oder Knecht)".1) Auch bei den Türken werden die Lehrer, Volkslehrer Meister (Hodscha) genannt.2) Im Altschwedischen heisst der Scharfrichter Meister oder Meistermann, welche Benennung auch im Altteutschen nicht ungewöhnlich sein soll.3) Rückert, brahmanische Erzählungen, Leipzig 1839, S. 58 , übersetzt Viduschaka als weiser Meister. Der deutsche Name Meister ist jedenfalls, wie gegen die Auffassung von Gaupp und im Geiste des gesammten heutigen Sprachgebrauchs bemerkt werden muss, ein höherer und geistigerer und bezeichnet die Vortrefflichkeit und Geschicklichkeit vom blossen Meister des Handwerkes durch den Meister der Kunst und Wissenschaft hinauf bis zum göttlichen, ja sogar bis zum höllischen Meister. Jeder ist ein Meister, ein Mehrster und Grössester, ein Major und Magister, der nach irgend einer Seite Mehr und das Mehrste, das Meiste besitzt. Vielleicht dürfen selbst die Magier, die Zauberer, hier angezogen werden, da stets als eine Art Zauberer sich darstellen wird, der alle Andern an Geschick und Kenntnissen weit zurücklässt. Der für das Amt des städtischen Bürgermeisters und seiner Rathmannen oder Gehülfen in den ältesten oder lateinischen Urkunden so häufige und gewöhnliche Ausdruck consul oder consules, der Name des ersten Beamten der Stadt Rom beweiset zum Ueberflusse, dass Amt und Name mit der ganzen Stadt und allen städtischen Einrichtungen selbst römischen Ursprunges seien, wie auch die Stadt nur die römische statio ist. Nur der Berg, die Burg und das Bürgerthum, welche auf und über der römischen statio ruhen, sind germanisch, wie die romanische Baukunst die germanische trägt. Man dürfte sagen, der Römer werde zum Deutschen, der römische Kaiser zum römisch-deutschen Kaiser -, Deutschland holt zu Rom die römische Kaiserkrone, um dieselbe vor

1) Grimm, altdeutsche Wälder, III. S. 112 und 117.
2) Benfey, Orient und Occident, I. S. 431 ff.
3) Mohnike, altschwedische Balladen, S. 268.

Zugleich werden die Weidleute angeredet: „Hört zu, Weidleut und guten Gesellen.“ Ein ander Mal erscheint die Anrede: „Lieber Gesell (Meister oder Knecht)“.1) Auch bei den Türken werden die Lehrer, Volkslehrer Meister (Hodscha) genannt.2) Im Altschwedischen heisst der Scharfrichter Meister oder Meistermann, welche Benennung auch im Altteutschen nicht ungewöhnlich sein soll.3) Rückert, brahmanische Erzählungen, Leipzig 1839, S. 58 , übersetzt Viduschaka als weiser Meister. Der deutsche Name Meister ist jedenfalls, wie gegen die Auffassung von Gaupp und im Geiste des gesammten heutigen Sprachgebrauchs bemerkt werden muss, ein höherer und geistigerer und bezeichnet die Vortrefflichkeit und Geschicklichkeit vom blossen Meister des Handwerkes durch den Meister der Kunst und Wissenschaft hinauf bis zum göttlichen, ja sogar bis zum höllischen Meister. Jeder ist ein Meister, ein Mehrster und Grössester, ein Major und Magister, der nach irgend einer Seite Mehr und das Mehrste, das Meiste besitzt. Vielleicht dürfen selbst die Magier, die Zauberer, hier angezogen werden, da stets als eine Art Zauberer sich darstellen wird, der alle Andern an Geschick und Kenntnissen weit zurücklässt. Der für das Amt des städtischen Bürgermeisters und seiner Rathmannen oder Gehülfen in den ältesten oder lateinischen Urkunden so häufige und gewöhnliche Ausdruck consul oder consules, der Name des ersten Beamten der Stadt Rom beweiset zum Ueberflusse, dass Amt und Name mit der ganzen Stadt und allen städtischen Einrichtungen selbst römischen Ursprunges seien, wie auch die Stadt nur die römische statio ist. Nur der Berg, die Burg und das Bürgerthum, welche auf und über der römischen statio ruhen, sind germanisch, wie die romanische Baukunst die germanische trägt. Man dürfte sagen, der Römer werde zum Deutschen, der römische Kaiser zum römisch-deutschen Kaiser –, Deutschland holt zu Rom die römische Kaiserkrone, um dieselbe vor

1) Grimm, altdeutsche Wälder, III. S. 112 und 117.
2) Benfey, Orient und Occident, I. S. 431 ff.
3) Mohnike, altschwedische Balladen, S. 268.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0268" n="248"/>
Zugleich werden die Weidleute angeredet: &#x201E;Hört zu, Weidleut und guten <hi rendition="#g">Gesellen</hi>.&#x201C; Ein ander Mal erscheint die Anrede: &#x201E;Lieber Gesell (Meister oder Knecht)&#x201C;.<note place="foot" n="1)">Grimm, altdeutsche Wälder, III. S. 112 und 117.<lb/></note> Auch bei den Türken werden die Lehrer, Volkslehrer <hi rendition="#g">Meister</hi> (Hodscha) genannt.<note place="foot" n="2)">Benfey, Orient und Occident, I. S. 431 ff.<lb/></note> Im Altschwedischen heisst der Scharfrichter Meister oder Meistermann, welche Benennung auch im Altteutschen nicht ungewöhnlich sein soll.<note place="foot" n="3)">Mohnike, altschwedische Balladen, S. 268.</note> Rückert, brahmanische Erzählungen, Leipzig 1839, S. 58 , übersetzt Viduschaka als weiser Meister. Der deutsche Name Meister ist jedenfalls, wie gegen die Auffassung von Gaupp und im Geiste des gesammten heutigen Sprachgebrauchs bemerkt werden muss, ein höherer und geistigerer und bezeichnet die Vortrefflichkeit und Geschicklichkeit vom blossen Meister des Handwerkes durch den Meister der Kunst und Wissenschaft hinauf bis zum göttlichen, ja sogar bis zum höllischen Meister. Jeder ist ein Meister, ein Mehrster und Grössester, ein Major und Magister, der nach irgend einer Seite Mehr und das Mehrste, das Meiste besitzt. Vielleicht dürfen selbst die Magier, die Zauberer, hier angezogen werden, da stets als eine Art Zauberer sich darstellen wird, der alle Andern an Geschick und Kenntnissen weit zurücklässt. Der für das Amt des städtischen Bürgermeisters und seiner Rathmannen oder Gehülfen in den ältesten oder lateinischen Urkunden so häufige und gewöhnliche Ausdruck <hi rendition="#g">consul</hi> oder <hi rendition="#g">consules</hi>, der Name des ersten Beamten der <hi rendition="#g">Stadt</hi> Rom beweiset zum Ueberflusse, dass Amt und Name mit der ganzen Stadt und allen städtischen Einrichtungen selbst römischen Ursprunges seien, wie auch die Stadt nur die römische statio ist. Nur der Berg, die Burg und das Bürgerthum, welche auf und über der römischen statio ruhen, sind germanisch, wie die romanische Baukunst die germanische trägt. Man dürfte sagen, der Römer werde zum Deutschen, der römische Kaiser zum römisch-deutschen Kaiser &#x2013;, Deutschland holt zu Rom die römische Kaiserkrone, um dieselbe vor
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0268] Zugleich werden die Weidleute angeredet: „Hört zu, Weidleut und guten Gesellen.“ Ein ander Mal erscheint die Anrede: „Lieber Gesell (Meister oder Knecht)“. 1) Auch bei den Türken werden die Lehrer, Volkslehrer Meister (Hodscha) genannt. 2) Im Altschwedischen heisst der Scharfrichter Meister oder Meistermann, welche Benennung auch im Altteutschen nicht ungewöhnlich sein soll. 3) Rückert, brahmanische Erzählungen, Leipzig 1839, S. 58 , übersetzt Viduschaka als weiser Meister. Der deutsche Name Meister ist jedenfalls, wie gegen die Auffassung von Gaupp und im Geiste des gesammten heutigen Sprachgebrauchs bemerkt werden muss, ein höherer und geistigerer und bezeichnet die Vortrefflichkeit und Geschicklichkeit vom blossen Meister des Handwerkes durch den Meister der Kunst und Wissenschaft hinauf bis zum göttlichen, ja sogar bis zum höllischen Meister. Jeder ist ein Meister, ein Mehrster und Grössester, ein Major und Magister, der nach irgend einer Seite Mehr und das Mehrste, das Meiste besitzt. Vielleicht dürfen selbst die Magier, die Zauberer, hier angezogen werden, da stets als eine Art Zauberer sich darstellen wird, der alle Andern an Geschick und Kenntnissen weit zurücklässt. Der für das Amt des städtischen Bürgermeisters und seiner Rathmannen oder Gehülfen in den ältesten oder lateinischen Urkunden so häufige und gewöhnliche Ausdruck consul oder consules, der Name des ersten Beamten der Stadt Rom beweiset zum Ueberflusse, dass Amt und Name mit der ganzen Stadt und allen städtischen Einrichtungen selbst römischen Ursprunges seien, wie auch die Stadt nur die römische statio ist. Nur der Berg, die Burg und das Bürgerthum, welche auf und über der römischen statio ruhen, sind germanisch, wie die romanische Baukunst die germanische trägt. Man dürfte sagen, der Römer werde zum Deutschen, der römische Kaiser zum römisch-deutschen Kaiser –, Deutschland holt zu Rom die römische Kaiserkrone, um dieselbe vor 1) Grimm, altdeutsche Wälder, III. S. 112 und 117. 2) Benfey, Orient und Occident, I. S. 431 ff. 3) Mohnike, altschwedische Balladen, S. 268.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/268
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/268>, abgerufen am 21.05.2024.