Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Klosterstiftungen des abendlichen Europa waren besonders von Martinus zu Tours und von Benedictus auf dem Berge Cassino ausgegangen, beziehungsweise von den Schotten- und Benedictinerklöstern, daher ihre Bildung wesentlich die römische, die gallisch-schottisch-italienisehe war.1)

Selbst die Franken erlangten die Landeshoheit über Gallien dem römischen Reiche gegenüber zuletzt durch einen Vertrag mit Kaiser Justinian im J. 537.2) Auch waren die germanischen Könige der Burgunder und der Franken zuweilen römisch-kaiserliche Würdenträger. Der Theil Galliens (die Provence), welcher im Anfange des 6ten Jahrh. den Ostgothen unterworfen war, blieb durchaus römisch, da der König Theodorich ganz die römische Verwaltung wiederhergestellt hatte und er nach dem Ausdrucke Warnkoenig's nur eine römische Provinz unter den Ostgothenkönigen anstatt einem römischen Kaiser bildete. Die Herrschaftsnachfolger der Ostgothen waren in Gallien unmittelbar die Franken. Der im J. 511 verstorbene fränkische König Chlodwig, der Gründer des grossen Frankenreichs mit der Hauptstadt Paris, war von dem Kaiser Anastasius zum Patricius erhoben, welche römische Würden nach der Ansicht Mancher nicht ohne Einfluss auf die Ausbildung und den Inhalt des fränkischen Königthums und der fränkischen Königsrechte sollen geblieben sein. Selbst noch Karl der Grosse führte gleich seinen Vorfahren den Namen eines Patricius.

Indem viele frühere römische Städte bei der Gründung der germanischen Staaten und vorzüglich auch des Frankenreiches in diesen mit den römischen Kirchen und Priestern ohne Unterbrechung fortbestanden, haben sich das römische städtische Leben und die römische Bildung, die römische Sprache und das Recht, die römische Technik und selbst der römische Baustyl3) nicht allein nothwendig in bestimmtem Umfange damit erhalten, sondern sie waren so mächtig geblieben, um die fremden Ankömmlinge und

1) Hüllmann, S. 138 ff.
2) Warnkoenig, S. 70.
3) Schnaase, III. S. 482 ff. und IV. 2. S. 49.

Die Klosterstiftungen des abendlichen Europa waren besonders von Martinus zu Tours und von Benedictus auf dem Berge Cassino ausgegangen, beziehungsweise von den Schotten- und Benedictinerklöstern, daher ihre Bildung wesentlich die römische, die gallisch-schottisch-italienisehe war.1)

Selbst die Franken erlangten die Landeshoheit über Gallien dem römischen Reiche gegenüber zuletzt durch einen Vertrag mit Kaiser Justinian im J. 537.2) Auch waren die germanischen Könige der Burgunder und der Franken zuweilen römisch-kaiserliche Würdenträger. Der Theil Galliens (die Provence), welcher im Anfange des 6ten Jahrh. den Ostgothen unterworfen war, blieb durchaus römisch, da der König Theodorich ganz die römische Verwaltung wiederhergestellt hatte und er nach dem Ausdrucke Warnkoenig’s nur eine römische Provinz unter den Ostgothenkönigen anstatt einem römischen Kaiser bildete. Die Herrschaftsnachfolger der Ostgothen waren in Gallien unmittelbar die Franken. Der im J. 511 verstorbene fränkische König Chlodwig, der Gründer des grossen Frankenreichs mit der Hauptstadt Paris, war von dem Kaiser Anastasius zum Patricius erhoben, welche römische Würden nach der Ansicht Mancher nicht ohne Einfluss auf die Ausbildung und den Inhalt des fränkischen Königthums und der fränkischen Königsrechte sollen geblieben sein. Selbst noch Karl der Grosse führte gleich seinen Vorfahren den Namen eines Patricius.

Indem viele frühere römische Städte bei der Gründung der germanischen Staaten und vorzüglich auch des Frankenreiches in diesen mit den römischen Kirchen und Priestern ohne Unterbrechung fortbestanden, haben sich das römische städtische Leben und die römische Bildung, die römische Sprache und das Recht, die römische Technik und selbst der römische Baustyl3) nicht allein nothwendig in bestimmtem Umfange damit erhalten, sondern sie waren so mächtig geblieben, um die fremden Ankömmlinge und

1) Hüllmann, S. 138 ff.
2) Warnkoenig, S. 70.
3) Schnaase, III. S. 482 ff. und IV. 2. S. 49.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0250" n="230"/>
Die Klosterstiftungen des abendlichen Europa waren besonders von Martinus zu Tours und von Benedictus auf dem Berge Cassino ausgegangen, beziehungsweise von den Schotten- und Benedictinerklöstern, daher ihre Bildung wesentlich die römische, die gallisch-schottisch-italienisehe war.<note place="foot" n="1)">Hüllmann, S. 138 ff.<lb/></note></p>
        <p>
     Selbst die Franken erlangten die Landeshoheit über Gallien dem römischen Reiche gegenüber zuletzt durch einen Vertrag mit Kaiser Justinian im J. 537.<note place="foot" n="2)">Warnkoenig, S. 70.<lb/></note> Auch waren die germanischen Könige der Burgunder und der Franken zuweilen römisch-kaiserliche Würdenträger. Der Theil Galliens (die Provence), welcher im Anfange des 6ten Jahrh. den Ostgothen unterworfen war, blieb durchaus römisch, da der König Theodorich ganz die römische Verwaltung wiederhergestellt hatte und er nach dem Ausdrucke Warnkoenig&#x2019;s nur eine römische Provinz unter den Ostgothenkönigen anstatt einem römischen Kaiser bildete. Die Herrschaftsnachfolger der Ostgothen waren in Gallien unmittelbar die Franken. Der im J. 511 verstorbene fränkische König Chlodwig, der Gründer des grossen Frankenreichs mit der Hauptstadt Paris, war von dem Kaiser Anastasius zum Patricius erhoben, welche römische Würden nach der Ansicht Mancher nicht ohne Einfluss auf die Ausbildung und den Inhalt des fränkischen Königthums und der fränkischen Königsrechte sollen geblieben sein. Selbst noch Karl der Grosse führte gleich seinen Vorfahren den Namen eines Patricius.</p>
        <p>
     Indem viele frühere römische Städte bei der Gründung der germanischen Staaten und vorzüglich auch des Frankenreiches in diesen mit den römischen Kirchen und Priestern ohne Unterbrechung fortbestanden, haben sich das römische städtische Leben und die römische Bildung, die römische Sprache und das Recht, die römische Technik und selbst der römische Baustyl<note place="foot" n="3)">Schnaase, III. S. 482 ff. und IV. 2. S. 49.</note> nicht allein nothwendig in bestimmtem Umfange damit erhalten, sondern sie waren so mächtig geblieben, um die fremden Ankömmlinge und
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[230/0250] Die Klosterstiftungen des abendlichen Europa waren besonders von Martinus zu Tours und von Benedictus auf dem Berge Cassino ausgegangen, beziehungsweise von den Schotten- und Benedictinerklöstern, daher ihre Bildung wesentlich die römische, die gallisch-schottisch-italienisehe war. 1) Selbst die Franken erlangten die Landeshoheit über Gallien dem römischen Reiche gegenüber zuletzt durch einen Vertrag mit Kaiser Justinian im J. 537. 2) Auch waren die germanischen Könige der Burgunder und der Franken zuweilen römisch-kaiserliche Würdenträger. Der Theil Galliens (die Provence), welcher im Anfange des 6ten Jahrh. den Ostgothen unterworfen war, blieb durchaus römisch, da der König Theodorich ganz die römische Verwaltung wiederhergestellt hatte und er nach dem Ausdrucke Warnkoenig’s nur eine römische Provinz unter den Ostgothenkönigen anstatt einem römischen Kaiser bildete. Die Herrschaftsnachfolger der Ostgothen waren in Gallien unmittelbar die Franken. Der im J. 511 verstorbene fränkische König Chlodwig, der Gründer des grossen Frankenreichs mit der Hauptstadt Paris, war von dem Kaiser Anastasius zum Patricius erhoben, welche römische Würden nach der Ansicht Mancher nicht ohne Einfluss auf die Ausbildung und den Inhalt des fränkischen Königthums und der fränkischen Königsrechte sollen geblieben sein. Selbst noch Karl der Grosse führte gleich seinen Vorfahren den Namen eines Patricius. Indem viele frühere römische Städte bei der Gründung der germanischen Staaten und vorzüglich auch des Frankenreiches in diesen mit den römischen Kirchen und Priestern ohne Unterbrechung fortbestanden, haben sich das römische städtische Leben und die römische Bildung, die römische Sprache und das Recht, die römische Technik und selbst der römische Baustyl 3) nicht allein nothwendig in bestimmtem Umfange damit erhalten, sondern sie waren so mächtig geblieben, um die fremden Ankömmlinge und 1) Hüllmann, S. 138 ff. 2) Warnkoenig, S. 70. 3) Schnaase, III. S. 482 ff. und IV. 2. S. 49.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/250
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/250>, abgerufen am 17.05.2024.