Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

Die neuenglische Grossloge verordnete in der sechsten der alten maurerischen Verpflichtungen betreffend das Betragen gegen einen auswärtigen Bruder oder Fremden:

"Ihr sollt ihn sorgfältig ausforschen, wie euch die Klugheit leiten wird, damit ihr nicht von einem Unwissenden, der falschlich Ansprüche macht, betrogen werdet. Einem Solchen müsst ihr mit Spott von euch stossen, und über euch wachen, damit ihr ihm keine Winke gebet. Aber wenn ihr entdecket, dass er ein treuer und zuverlässiger Bruder ist, so sollt ihr ihn als einen Bruder achten, und wenn er in Noth ist, so müsst ihr helfen, insofern ihr könnt, oder ihm sonst Anleitung geben, wie ihm geholfen werden möge. Ihr müsst ihm Arbeit geben, wenn ihr könnt, oder ihn irgendwo empfehlen, dass er angestellt werde. Doch seid ihr nicht verbunden, über euer Vermögen zu thun."1)

Auch bezüglich der Gastfreundschaft gegen fremde Glaubens- (und Kunst-, Gewerbs-) Genossen haben die Klöster den Bauleuten zum Vorbüde gedient, indem sie zuerst durch besondere Verträge oder durch die Gesetze ihres Ordens diese Pflicht gegen die fremden reisenden Klostergenossen übernahmen und trugen. Die Klöster nach dieser Seite hin waren Fremdenherbergen und hatten einen eigenen Beamten, um die fremden bedürftigen Ansprecher zu prüfen und nach bestandener Prüfung zu verpflegen und zu bedienen, wie noch ganz dasselbe Amt der maurerische Ceremonienmeister hat. Die Maurerdiplome, die besondern Erkennungszeiehen, die Griffe, die heiligen Worte der Maurer u. s. w. haben, gleich den ähnlichen Einrichtungen und Gebräuchen der Wandergesellen, alle nur darin ihren Entstehungsgrund und ihren Werth, um bei fremden Logen und Brüdern sich zu bewähren und deren Hülfeleistung sich zu versichern - in der eigenen Loge bedarf es dieser Sachen nicht, man kennt sich ohnehin, wie man auch keinen Pass im Inlande braucht. Die Herbergen2) der Handwerkergesellen sprechen noch deut-

1) Krause, II. 1. S. 235.
2) Vergl. Ziemann, mittelhochdeutsches Wörterbuch, unter Herberge; Schmeller, baierisches Wörterbuch, III. S. 228; Benecke, mittelhochdeutsches Wörterbuch, I. S. 161.

Die neuenglische Grossloge verordnete in der sechsten der alten maurerischen Verpflichtungen betreffend das Betragen gegen einen auswärtigen Bruder oder Fremden:

„Ihr sollt ihn sorgfältig ausforschen, wie euch die Klugheit leiten wird, damit ihr nicht von einem Unwissenden, der falschlich Ansprüche macht, betrogen werdet. Einem Solchen müsst ihr mit Spott von euch stossen, und über euch wachen, damit ihr ihm keine Winke gebet. Aber wenn ihr entdecket, dass er ein treuer und zuverlässiger Bruder ist, so sollt ihr ihn als einen Bruder achten, und wenn er in Noth ist, so müsst ihr helfen, insofern ihr könnt, oder ihm sonst Anleitung geben, wie ihm geholfen werden möge. Ihr müsst ihm Arbeit geben, wenn ihr könnt, oder ihn irgendwo empfehlen, dass er angestellt werde. Doch seid ihr nicht verbunden, über euer Vermögen zu thun.“1)

Auch bezüglich der Gastfreundschaft gegen fremde Glaubens- (und Kunst-, Gewerbs-) Genossen haben die Klöster den Bauleuten zum Vorbüde gedient, indem sie zuerst durch besondere Verträge oder durch die Gesetze ihres Ordens diese Pflicht gegen die fremden reisenden Klostergenossen übernahmen und trugen. Die Klöster nach dieser Seite hin waren Fremdenherbergen und hatten einen eigenen Beamten, um die fremden bedürftigen Ansprecher zu prüfen und nach bestandener Prüfung zu verpflegen und zu bedienen, wie noch ganz dasselbe Amt der maurerische Ceremonienmeister hat. Die Maurerdiplome, die besondern Erkennungszeiehen, die Griffe, die heiligen Worte der Maurer u. s. w. haben, gleich den ähnlichen Einrichtungen und Gebräuchen der Wandergesellen, alle nur darin ihren Entstehungsgrund und ihren Werth, um bei fremden Logen und Brüdern sich zu bewähren und deren Hülfeleistung sich zu versichern – in der eigenen Loge bedarf es dieser Sachen nicht, man kennt sich ohnehin, wie man auch keinen Pass im Inlande braucht. Die Herbergen2) der Handwerkergesellen sprechen noch deut-

1) Krause, II. 1. S. 235.
2) Vergl. Ziemann, mittelhochdeutsches Wörterbuch, unter Herberge; Schmeller, baierisches Wörterbuch, III. S. 228; Benecke, mittelhochdeutsches Wörterbuch, I. S. 161.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0237" n="217"/>
Die neuenglische Grossloge verordnete in der sechsten der alten maurerischen Verpflichtungen betreffend das Betragen gegen einen <hi rendition="#g">auswärtigen</hi> Bruder oder <hi rendition="#g">Fremden</hi>:</p>
        <cit rendition="#et">
          <quote>
            <p>
     &#x201E;Ihr sollt ihn sorgfältig ausforschen, wie euch die Klugheit leiten wird, damit ihr nicht von einem Unwissenden, der falschlich Ansprüche macht, betrogen werdet. Einem Solchen müsst ihr mit Spott von euch stossen, und über euch wachen, damit ihr ihm keine Winke gebet. Aber wenn ihr entdecket, dass er ein treuer und zuverlässiger Bruder ist, so sollt ihr ihn als einen <hi rendition="#g">Bruder</hi> achten, und wenn er in Noth ist, so müsst ihr helfen, insofern ihr könnt, oder ihm sonst Anleitung geben, wie ihm geholfen werden möge. Ihr müsst ihm Arbeit geben, wenn ihr könnt, oder ihn irgendwo empfehlen, dass er angestellt werde. Doch seid ihr nicht verbunden, über euer Vermögen zu thun.&#x201C;<note place="foot" n="1)">Krause, II. 1. S. 235.<lb/></note></p>
          </quote>
        </cit>
        <p>
     Auch bezüglich der Gastfreundschaft gegen fremde Glaubens- (und Kunst-, Gewerbs-) Genossen haben die Klöster den Bauleuten zum Vorbüde gedient, indem sie zuerst durch besondere Verträge oder durch die Gesetze ihres Ordens diese Pflicht gegen die fremden reisenden Klostergenossen übernahmen und trugen. Die Klöster nach dieser Seite hin waren Fremdenherbergen und hatten einen eigenen Beamten, um die fremden bedürftigen Ansprecher zu prüfen und nach bestandener Prüfung zu verpflegen und zu bedienen, wie noch ganz dasselbe Amt der maurerische Ceremonienmeister hat. Die Maurerdiplome, die besondern Erkennungszeiehen, die Griffe, die heiligen Worte der Maurer u. s. w. haben, gleich den ähnlichen Einrichtungen und Gebräuchen der Wandergesellen, alle nur darin ihren Entstehungsgrund und ihren Werth, um bei fremden Logen und Brüdern sich zu bewähren und deren Hülfeleistung sich zu versichern &#x2013; in der eigenen Loge bedarf es dieser Sachen nicht, man kennt sich ohnehin, wie man auch keinen Pass im Inlande braucht. Die Herbergen<note place="foot" n="2)">Vergl. Ziemann, mittelhochdeutsches Wörterbuch, unter Herberge; Schmeller, baierisches Wörterbuch, III. S. 228; Benecke, mittelhochdeutsches Wörterbuch, I. S. 161.</note> der Handwerkergesellen sprechen noch deut-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[217/0237] Die neuenglische Grossloge verordnete in der sechsten der alten maurerischen Verpflichtungen betreffend das Betragen gegen einen auswärtigen Bruder oder Fremden: „Ihr sollt ihn sorgfältig ausforschen, wie euch die Klugheit leiten wird, damit ihr nicht von einem Unwissenden, der falschlich Ansprüche macht, betrogen werdet. Einem Solchen müsst ihr mit Spott von euch stossen, und über euch wachen, damit ihr ihm keine Winke gebet. Aber wenn ihr entdecket, dass er ein treuer und zuverlässiger Bruder ist, so sollt ihr ihn als einen Bruder achten, und wenn er in Noth ist, so müsst ihr helfen, insofern ihr könnt, oder ihm sonst Anleitung geben, wie ihm geholfen werden möge. Ihr müsst ihm Arbeit geben, wenn ihr könnt, oder ihn irgendwo empfehlen, dass er angestellt werde. Doch seid ihr nicht verbunden, über euer Vermögen zu thun.“ 1) Auch bezüglich der Gastfreundschaft gegen fremde Glaubens- (und Kunst-, Gewerbs-) Genossen haben die Klöster den Bauleuten zum Vorbüde gedient, indem sie zuerst durch besondere Verträge oder durch die Gesetze ihres Ordens diese Pflicht gegen die fremden reisenden Klostergenossen übernahmen und trugen. Die Klöster nach dieser Seite hin waren Fremdenherbergen und hatten einen eigenen Beamten, um die fremden bedürftigen Ansprecher zu prüfen und nach bestandener Prüfung zu verpflegen und zu bedienen, wie noch ganz dasselbe Amt der maurerische Ceremonienmeister hat. Die Maurerdiplome, die besondern Erkennungszeiehen, die Griffe, die heiligen Worte der Maurer u. s. w. haben, gleich den ähnlichen Einrichtungen und Gebräuchen der Wandergesellen, alle nur darin ihren Entstehungsgrund und ihren Werth, um bei fremden Logen und Brüdern sich zu bewähren und deren Hülfeleistung sich zu versichern – in der eigenen Loge bedarf es dieser Sachen nicht, man kennt sich ohnehin, wie man auch keinen Pass im Inlande braucht. Die Herbergen 2) der Handwerkergesellen sprechen noch deut- 1) Krause, II. 1. S. 235. 2) Vergl. Ziemann, mittelhochdeutsches Wörterbuch, unter Herberge; Schmeller, baierisches Wörterbuch, III. S. 228; Benecke, mittelhochdeutsches Wörterbuch, I. S. 161.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/237
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/237>, abgerufen am 24.11.2024.