Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

auf wirkliche, in uralter Zeit dargebrachte Menschenopfer hinweist.1) Derselbe Glaube findet sich in Rheinhessen.2)

Die Dreizahl besonders steht auch in Volksbräuchen und in der Volkssage mit dem Tode und mit dem Geisterreiche in Verbindung. Nach dem Volksglauben in der Bretagne und in Hessen muss, wenn zwei Leute in einem Reviere oder in einer Woche sterben, noch ein Drittes sterben, damit die Zahl Drei voll werde.3) Drei Leichen zugleich kommen in den altschwedischen Volksliedern nicht selten vor, z. B. bei Mohnike, altschwedische Balladen, S. 67, 71, 114:

Nun grub er ein Grab so tief und breit
Drinn legte er nieder die Leichen drei.

Das friesische Recht nimmt drei Hauptnöthe an, in welchen die Mutter des unmündigen Kindes Erbe verkaufen darf, um sein Leben zu fristen, nämlich Hunger, Naktheit, Obdachlosigkeit im Winter.4) Der den Rosengarten der Grimhilde zu Worms mitbewachende Held Herwart trug an seinem Schilde drei goldene Rosen.5) In dem altchristlichen von vier oder sechs Säulen getragenen Altare schwebte unter der Decke mit dem geschmückten und leuchtenden Crucifixe darauf (Ciborium) an drei goldenen Kettchen die weisse Taube, welche die heilige Eucharistie umschloss (columba eucharistica6)). Wolf deutet schön diese Taube auf Maria, welche den Herrn in ihrem Schosse trug. Nach der Vorrede des von Ficker zu Innsbruck 1859 herausgegebenen Spiegels deutscher Leute, welcher dem Schwabenspiegel zur Grundlage diente, sollen nur drei christliche Patriarchen nach dem Vorbilde der drei jüdischen Patriarchen sein, nämlich zu Constantinopel, zu Antiochia und in Indien, wohin Thomas gegangen ist, welcher Gott in seine Wunden gegriffen hat. Die Bau-

1) Stöber, S. 109.
2) Wolf, hessische Sagen, Nr. 203.
3) Wolf, Beiträge I. S. 213, Nro. 127.
4) Grimm, Rechtsalterthümer, S. 49.
5) Pfeifer, Germania, IV. S. 25.
6) Wolf, Beitr. II. S. 206.

auf wirkliche, in uralter Zeit dargebrachte Menschenopfer hinweist.1) Derselbe Glaube findet sich in Rheinhessen.2)

Die Dreizahl besonders steht auch in Volksbräuchen und in der Volkssage mit dem Tode und mit dem Geisterreiche in Verbindung. Nach dem Volksglauben in der Bretagne und in Hessen muss, wenn zwei Leute in einem Reviere oder in einer Woche sterben, noch ein Drittes sterben, damit die Zahl Drei voll werde.3) Drei Leichen zugleich kommen in den altschwedischen Volksliedern nicht selten vor, z. B. bei Mohnike, altschwedische Balladen, S. 67, 71, 114:

Nun grub er ein Grab so tief und breit
Drinn legte er nieder die Leichen drei.

Das friesische Recht nimmt drei Hauptnöthe an, in welchen die Mutter des unmündigen Kindes Erbe verkaufen darf, um sein Leben zu fristen, nämlich Hunger, Naktheit, Obdachlosigkeit im Winter.4) Der den Rosengarten der Grimhilde zu Worms mitbewachende Held Herwart trug an seinem Schilde drei goldene Rosen.5) In dem altchristlichen von vier oder sechs Säulen getragenen Altare schwebte unter der Decke mit dem geschmückten und leuchtenden Crucifixe darauf (Ciborium) an drei goldenen Kettchen die weisse Taube, welche die heilige Eucharistie umschloss (columba eucharistica6)). Wolf deutet schön diese Taube auf Maria, welche den Herrn in ihrem Schosse trug. Nach der Vorrede des von Ficker zu Innsbruck 1859 herausgegebenen Spiegels deutscher Leute, welcher dem Schwabenspiegel zur Grundlage diente, sollen nur drei christliche Patriarchen nach dem Vorbilde der drei jüdischen Patriarchen sein, nämlich zu Constantinopel, zu Antiochia und in Indien, wohin Thomas gegangen ist, welcher Gott in seine Wunden gegriffen hat. Die Bau-

1) Stöber, S. 109.
2) Wolf, hessische Sagen, Nr. 203.
3) Wolf, Beiträge I. S. 213, Nro. 127.
4) Grimm, Rechtsalterthümer, S. 49.
5) Pfeifer, Germania, IV. S. 25.
6) Wolf, Beitr. II. S. 206.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0790" n="770"/>
auf wirkliche, in uralter Zeit dargebrachte Menschenopfer hinweist.<note place="foot" n="1)">Stöber, S. 109.<lb/></note> Derselbe Glaube findet sich in Rheinhessen.<note place="foot" n="2)">Wolf, hessische Sagen, Nr. 203.<lb/></note></p>
        <p>
     Die Dreizahl besonders steht auch in Volksbräuchen und in der Volkssage mit dem Tode und mit dem Geisterreiche in Verbindung. Nach dem Volksglauben in der Bretagne und in Hessen muss, wenn zwei Leute in einem Reviere oder in einer Woche sterben, noch ein Drittes sterben, damit die Zahl Drei voll werde.<note place="foot" n="3)">Wolf, Beiträge I. S. 213, Nro. 127.<lb/></note> Drei Leichen zugleich kommen in den altschwedischen Volksliedern nicht selten vor, z. B. bei Mohnike, altschwedische Balladen, S. 67, 71, 114:</p>
        <cit rendition="#c">
          <quote>
 Nun grub er ein Grab so tief und breit<lb/>
Drinn legte er nieder die Leichen drei.</quote>
        </cit>
        <p>
     Das friesische Recht nimmt drei Hauptnöthe an, in welchen die Mutter des unmündigen Kindes Erbe verkaufen darf, um sein Leben zu fristen, nämlich Hunger, Naktheit, Obdachlosigkeit im Winter.<note place="foot" n="4)">Grimm, Rechtsalterthümer, S. 49.<lb/></note> Der den Rosengarten der Grimhilde zu Worms mitbewachende Held Herwart trug an seinem Schilde drei goldene Rosen.<note place="foot" n="5)">Pfeifer, Germania, IV. S. 25.<lb/></note> In dem altchristlichen von vier oder sechs Säulen getragenen Altare schwebte unter der Decke mit dem geschmückten und leuchtenden Crucifixe darauf (Ciborium) an drei goldenen Kettchen die weisse Taube, welche die heilige Eucharistie umschloss (columba eucharistica<note place="foot" n="6)">Wolf, Beitr. II. S. 206.<lb/></note>). Wolf deutet schön diese Taube auf Maria, welche den Herrn in ihrem Schosse trug. Nach der Vorrede des von Ficker zu Innsbruck 1859 herausgegebenen Spiegels deutscher Leute, welcher dem Schwabenspiegel zur Grundlage diente, sollen nur drei christliche Patriarchen nach dem Vorbilde der drei jüdischen Patriarchen sein, nämlich zu Constantinopel, zu Antiochia und in Indien, wohin Thomas gegangen ist, welcher Gott in seine Wunden gegriffen hat. Die Bau-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[770/0790] auf wirkliche, in uralter Zeit dargebrachte Menschenopfer hinweist. 1) Derselbe Glaube findet sich in Rheinhessen. 2) Die Dreizahl besonders steht auch in Volksbräuchen und in der Volkssage mit dem Tode und mit dem Geisterreiche in Verbindung. Nach dem Volksglauben in der Bretagne und in Hessen muss, wenn zwei Leute in einem Reviere oder in einer Woche sterben, noch ein Drittes sterben, damit die Zahl Drei voll werde. 3) Drei Leichen zugleich kommen in den altschwedischen Volksliedern nicht selten vor, z. B. bei Mohnike, altschwedische Balladen, S. 67, 71, 114: Nun grub er ein Grab so tief und breit Drinn legte er nieder die Leichen drei. Das friesische Recht nimmt drei Hauptnöthe an, in welchen die Mutter des unmündigen Kindes Erbe verkaufen darf, um sein Leben zu fristen, nämlich Hunger, Naktheit, Obdachlosigkeit im Winter. 4) Der den Rosengarten der Grimhilde zu Worms mitbewachende Held Herwart trug an seinem Schilde drei goldene Rosen. 5) In dem altchristlichen von vier oder sechs Säulen getragenen Altare schwebte unter der Decke mit dem geschmückten und leuchtenden Crucifixe darauf (Ciborium) an drei goldenen Kettchen die weisse Taube, welche die heilige Eucharistie umschloss (columba eucharistica 6)). Wolf deutet schön diese Taube auf Maria, welche den Herrn in ihrem Schosse trug. Nach der Vorrede des von Ficker zu Innsbruck 1859 herausgegebenen Spiegels deutscher Leute, welcher dem Schwabenspiegel zur Grundlage diente, sollen nur drei christliche Patriarchen nach dem Vorbilde der drei jüdischen Patriarchen sein, nämlich zu Constantinopel, zu Antiochia und in Indien, wohin Thomas gegangen ist, welcher Gott in seine Wunden gegriffen hat. Die Bau- 1) Stöber, S. 109. 2) Wolf, hessische Sagen, Nr. 203. 3) Wolf, Beiträge I. S. 213, Nro. 127. 4) Grimm, Rechtsalterthümer, S. 49. 5) Pfeifer, Germania, IV. S. 25. 6) Wolf, Beitr. II. S. 206.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/790
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 770. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/790>, abgerufen am 23.11.2024.