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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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Im Psalm 16, 4 heisst es: "Aber Jene, die einem Andern nacheilen, werden grosses Herzeleid haben: ich will ihres Trankopfers mit dem Blute nicht opfern, noch ihren Namen in meinem Munde führen." Aus dieser Stelle des Psalmisten erhellt, dass Opfer von Wein und Blut gemischt dargebracht wurden, an welchen heidnischen Opfern der Psalmist keinen Antheil nehmen will. Nach dem Evangelium Matthäi 16, 27 u. 28 nahm bei dem letzten Abendessen mit seinen Jüngern Jesus, nachdem er das Brod gebrochen und seinen Jüngern zu essen gegeben hatte, auch den Kelch und gab ihnen denselben, damit sie alle daraus trinken möchten, mit den Worten: Das ist mein Blut des neuen Testamentes, welches vergossen wird, für Viele zur Vergebung der Sünden." - Die Heiden haben, indem sie die Christen des Kindermords und des Bluttrinkens anklagten, die Worte der Abendmahlslehre missverstanden und den Gebrauch des Blutes als eine Weihung der christlichen Brüderschaft ausgelegt.1) Spätere gelehrte christliche Ausleger haben denselben alten Gebrauch im Sinne, wenn sie sagen, dass mit Bezug auf ihn Christus den Kelch erhoben und mit jenem Tranke den neuen Bund der Völker eingewiesen habe; er habe sich ihrer Sitte accommodirt: mori et captui accommodavit gentium in foedus exoptandarum.

Der tiefere Grund der altasiatischen Sitte, dass die als treue Freunde und Brüder im Leben und im Tod sich Verbündenden ihr Blut gegenseitig mischten und tranken, besteht wohl darin, dass das Blut als der Sitz des Lebens und der Seele galt,2) so dass also Diejenigen, welche ihr Blut gemischt und getheilt hatten, auch das Leben und die Seelen ausgetauscht und zusammenverschmolzen hatten, nur noch Ein Leben und Eine Seele ausmachten. Freunde, Brüder im wahren und höchsten Sinne, im Sinne des Alterthums sind demnach Diejenigen, welche Herz und Seele getheilt haben, welche nur Ein Herz und Eine Seele ausmachen, gerade wie treue Ehe-

1) Weimarisches Jahrbuch, a. a. O., Anm. 31.
2) Vergl. auch Mülhause, Urreligion, S. 324.

Im Psalm 16, 4 heisst es: „Aber Jene, die einem Andern nacheilen, werden grosses Herzeleid haben: ich will ihres Trankopfers mit dem Blute nicht opfern, noch ihren Namen in meinem Munde führen.“ Aus dieser Stelle des Psalmisten erhellt, dass Opfer von Wein und Blut gemischt dargebracht wurden, an welchen heidnischen Opfern der Psalmist keinen Antheil nehmen will. Nach dem Evangelium Matthäi 16, 27 u. 28 nahm bei dem letzten Abendessen mit seinen Jüngern Jesus, nachdem er das Brod gebrochen und seinen Jüngern zu essen gegeben hatte, auch den Kelch und gab ihnen denselben, damit sie alle daraus trinken möchten, mit den Worten: Das ist mein Blut des neuen Testamentes, welches vergossen wird, für Viele zur Vergebung der Sünden.“ – Die Heiden haben, indem sie die Christen des Kindermords und des Bluttrinkens anklagten, die Worte der Abendmahlslehre missverstanden und den Gebrauch des Blutes als eine Weihung der christlichen Brüderschaft ausgelegt.1) Spätere gelehrte christliche Ausleger haben denselben alten Gebrauch im Sinne, wenn sie sagen, dass mit Bezug auf ihn Christus den Kelch erhoben und mit jenem Tranke den neuen Bund der Völker eingewiesen habe; er habe sich ihrer Sitte accommodirt: mori et captui accommodavit gentium in foedus exoptandarum.

Der tiefere Grund der altasiatischen Sitte, dass die als treue Freunde und Brüder im Leben und im Tod sich Verbündenden ihr Blut gegenseitig mischten und tranken, besteht wohl darin, dass das Blut als der Sitz des Lebens und der Seele galt,2) so dass also Diejenigen, welche ihr Blut gemischt und getheilt hatten, auch das Leben und die Seelen ausgetauscht und zusammenverschmolzen hatten, nur noch Ein Leben und Eine Seele ausmachten. Freunde, Brüder im wahren und höchsten Sinne, im Sinne des Alterthums sind demnach Diejenigen, welche Herz und Seele getheilt haben, welche nur Ein Herz und Eine Seele ausmachen, gerade wie treue Ehe-

1) Weimarisches Jahrbuch, a. a. O., Anm. 31.
2) Vergl. auch Mülhause, Urreligion, S. 324.
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[54/0074] Im Psalm 16, 4 heisst es: „Aber Jene, die einem Andern nacheilen, werden grosses Herzeleid haben: ich will ihres Trankopfers mit dem Blute nicht opfern, noch ihren Namen in meinem Munde führen.“ Aus dieser Stelle des Psalmisten erhellt, dass Opfer von Wein und Blut gemischt dargebracht wurden, an welchen heidnischen Opfern der Psalmist keinen Antheil nehmen will. Nach dem Evangelium Matthäi 16, 27 u. 28 nahm bei dem letzten Abendessen mit seinen Jüngern Jesus, nachdem er das Brod gebrochen und seinen Jüngern zu essen gegeben hatte, auch den Kelch und gab ihnen denselben, damit sie alle daraus trinken möchten, mit den Worten: Das ist mein Blut des neuen Testamentes, welches vergossen wird, für Viele zur Vergebung der Sünden.“ – Die Heiden haben, indem sie die Christen des Kindermords und des Bluttrinkens anklagten, die Worte der Abendmahlslehre missverstanden und den Gebrauch des Blutes als eine Weihung der christlichen Brüderschaft ausgelegt. 1) Spätere gelehrte christliche Ausleger haben denselben alten Gebrauch im Sinne, wenn sie sagen, dass mit Bezug auf ihn Christus den Kelch erhoben und mit jenem Tranke den neuen Bund der Völker eingewiesen habe; er habe sich ihrer Sitte accommodirt: mori et captui accommodavit gentium in foedus exoptandarum. Der tiefere Grund der altasiatischen Sitte, dass die als treue Freunde und Brüder im Leben und im Tod sich Verbündenden ihr Blut gegenseitig mischten und tranken, besteht wohl darin, dass das Blut als der Sitz des Lebens und der Seele galt, 2) so dass also Diejenigen, welche ihr Blut gemischt und getheilt hatten, auch das Leben und die Seelen ausgetauscht und zusammenverschmolzen hatten, nur noch Ein Leben und Eine Seele ausmachten. Freunde, Brüder im wahren und höchsten Sinne, im Sinne des Alterthums sind demnach Diejenigen, welche Herz und Seele getheilt haben, welche nur Ein Herz und Eine Seele ausmachen, gerade wie treue Ehe- 1) Weimarisches Jahrbuch, a. a. O., Anm. 31. 2) Vergl. auch Mülhause, Urreligion, S. 324.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/74>, abgerufen am 22.11.2024.