Goethe dahin: "Denn zu unserer Brüderschaft hatte sich in ihm eine vertrauensvolle Neigung aufgethan. Schon als Jüngling mit Demjenigen bekannt, was uns von den Mysterien der Alten historisch überliefert worden, floh er zwar nach seiner heitern, klaren Sinnesart jene trüben Geheimnisse, aber verleugnete sich nicht, dass gerade unter diesen, vielleicht seltsamen Hüllen zuerst unter die rohen und sinnlichen Menschen höhere Begriffe eingeführt, durch ahnungsvolle Symbole mächtige, leuchtende Ideen erweckt, der Glaube an einen über Alles waltenden Gott eingeleitet, die Tugend wünschenswerther dargestellt, und die Hoffnung auf die Fortdauer unseres Daseins sowohl von falschen Schrecknissen eines trüben Aberglaubens, als von den oben so falschen Forderungen: einer lebenslustigen Sinnlichkeit gereinigt worden. Nun als Greis von so vielen Freunden und Zeitgenossen auf der Erde zurückgelassen, sich in manchem Sinne einsam fühlend, näherte er sich unserm theuren Bunde. Wie froh er in denselben getreten, wie anhaltend er unsere Versammlungen besucht, unsern Angelegenheiten seine Aufmerksamkeit gegönnt, sich der Aufnahme vorzüglicher junger Männer erfreut, unsern ehrbaren Gastmahlen beigewohnt, und sich nicht enthalten, über manche wichtige Angelegenheiten seine Gedanken zu eröffnen, davon sind wir alle Zeugen, wir haben es freundlich und dankbar anerkannt. Ja wenn dieser altgegründete und nach manchem Zeitwechsel oft wieder hergestellte Bund eines Zeugnisses bedürfte, so würde hier das vollkommenste bereit sein, indem ein talentreicher Mann, verständig, vorsichtig, umsichtig, erfahren, wohldenkend und mässig, bei uns seines Gleichen zu finden glaubte, sich bei uns in einer Gesellschaft fühlte, die er, der besten gewohnt, als Vollendung seiner menschlichen und geselligen Wünsche so gern anerkannte."
Der Sarg Wieland's wurde auf dem ihm früher angehörenden Gute Osmannstädt bei Weimar am 25. Januar 1813 in Tüchern an Handhaben von 15 Brüdern abwechselnd zum Grabe getragen und dort an der Seite seiner ihm im Tode vorausgegangenen Gattin und einer auch dort beerdigten jüngern Freundin nach einem von ihm ausgesprochenen Wunsche beigesetzt. Auf dem Sarge lag
Goethe dahin: „Denn zu unserer Brüderschaft hatte sich in ihm eine vertrauensvolle Neigung aufgethan. Schon als Jüngling mit Demjenigen bekannt, was uns von den Mysterien der Alten historisch überliefert worden, floh er zwar nach seiner heitern, klaren Sinnesart jene trüben Geheimnisse, aber verleugnete sich nicht, dass gerade unter diesen, vielleicht seltsamen Hüllen zuerst unter die rohen und sinnlichen Menschen höhere Begriffe eingeführt, durch ahnungsvolle Symbole mächtige, leuchtende Ideen erweckt, der Glaube an einen über Alles waltenden Gott eingeleitet, die Tugend wünschenswerther dargestellt, und die Hoffnung auf die Fortdauer unseres Daseins sowohl von falschen Schrecknissen eines trüben Aberglaubens, als von den oben so falschen Forderungen: einer lebenslustigen Sinnlichkeit gereinigt worden. Nun als Greis von so vielen Freunden und Zeitgenossen auf der Erde zurückgelassen, sich in manchem Sinne einsam fühlend, näherte er sich unserm theuren Bunde. Wie froh er in denselben getreten, wie anhaltend er unsere Versammlungen besucht, unsern Angelegenheiten seine Aufmerksamkeit gegönnt, sich der Aufnahme vorzüglicher junger Männer erfreut, unsern ehrbaren Gastmahlen beigewohnt, und sich nicht enthalten, über manche wichtige Angelegenheiten seine Gedanken zu eröffnen, davon sind wir alle Zeugen, wir haben es freundlich und dankbar anerkannt. Ja wenn dieser altgegründete und nach manchem Zeitwechsel oft wieder hergestellte Bund eines Zeugnisses bedürfte, so würde hier das vollkommenste bereit sein, indem ein talentreicher Mann, verständig, vorsichtig, umsichtig, erfahren, wohldenkend und mässig, bei uns seines Gleichen zu finden glaubte, sich bei uns in einer Gesellschaft fühlte, die er, der besten gewohnt, als Vollendung seiner menschlichen und geselligen Wünsche so gern anerkannte.“
Der Sarg Wieland’s wurde auf dem ihm früher angehörenden Gute Osmannstädt bei Weimar am 25. Januar 1813 in Tüchern an Handhaben von 15 Brüdern abwechselnd zum Grabe getragen und dort an der Seite seiner ihm im Tode vorausgegangenen Gattin und einer auch dort beerdigten jüngern Freundin nach einem von ihm ausgesprochenen Wunsche beigesetzt. Auf dem Sarge lag
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Goethe dahin: „Denn zu unserer Brüderschaft hatte sich in ihm eine vertrauensvolle Neigung aufgethan. Schon als Jüngling mit Demjenigen bekannt, was uns von den Mysterien der Alten historisch überliefert worden, floh er zwar nach seiner heitern, klaren Sinnesart jene trüben Geheimnisse, aber verleugnete sich nicht, dass gerade unter diesen, vielleicht seltsamen Hüllen zuerst unter die rohen und sinnlichen Menschen höhere Begriffe eingeführt, durch ahnungsvolle Symbole mächtige, leuchtende Ideen erweckt, der Glaube an einen über Alles waltenden Gott eingeleitet, die Tugend wünschenswerther dargestellt, und die Hoffnung auf die Fortdauer unseres Daseins sowohl von falschen Schrecknissen eines trüben Aberglaubens, als von den oben so falschen Forderungen: einer lebenslustigen Sinnlichkeit gereinigt worden. Nun als Greis von so vielen Freunden und Zeitgenossen auf der Erde zurückgelassen, sich in manchem Sinne einsam fühlend, näherte er sich unserm theuren Bunde. Wie froh er in denselben getreten, wie anhaltend er unsere Versammlungen besucht, unsern Angelegenheiten seine Aufmerksamkeit gegönnt, sich der Aufnahme vorzüglicher junger Männer erfreut, unsern ehrbaren Gastmahlen beigewohnt, und sich nicht enthalten, über manche wichtige Angelegenheiten seine Gedanken zu eröffnen, davon sind wir alle Zeugen, wir haben es freundlich und dankbar anerkannt. Ja wenn dieser altgegründete und nach manchem Zeitwechsel oft wieder hergestellte Bund eines Zeugnisses bedürfte, so würde hier das vollkommenste bereit sein, indem ein talentreicher Mann, verständig, vorsichtig, umsichtig, erfahren, wohldenkend und mässig, bei uns seines Gleichen zu finden glaubte, sich bei uns in einer Gesellschaft fühlte, die er, der besten gewohnt, als Vollendung seiner menschlichen und geselligen Wünsche so gern anerkannte.“</p><p>
Der Sarg Wieland’s wurde auf dem ihm früher angehörenden Gute Osmannstädt bei Weimar am 25. Januar 1813 in Tüchern an Handhaben von 15 Brüdern abwechselnd zum Grabe getragen und dort an der Seite seiner ihm im Tode vorausgegangenen Gattin und einer auch dort beerdigten jüngern Freundin nach einem von ihm ausgesprochenen Wunsche beigesetzt. Auf dem Sarge lag
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Goethe dahin: „Denn zu unserer Brüderschaft hatte sich in ihm eine vertrauensvolle Neigung aufgethan. Schon als Jüngling mit Demjenigen bekannt, was uns von den Mysterien der Alten historisch überliefert worden, floh er zwar nach seiner heitern, klaren Sinnesart jene trüben Geheimnisse, aber verleugnete sich nicht, dass gerade unter diesen, vielleicht seltsamen Hüllen zuerst unter die rohen und sinnlichen Menschen höhere Begriffe eingeführt, durch ahnungsvolle Symbole mächtige, leuchtende Ideen erweckt, der Glaube an einen über Alles waltenden Gott eingeleitet, die Tugend wünschenswerther dargestellt, und die Hoffnung auf die Fortdauer unseres Daseins sowohl von falschen Schrecknissen eines trüben Aberglaubens, als von den oben so falschen Forderungen: einer lebenslustigen Sinnlichkeit gereinigt worden. Nun als Greis von so vielen Freunden und Zeitgenossen auf der Erde zurückgelassen, sich in manchem Sinne einsam fühlend, näherte er sich unserm theuren Bunde. Wie froh er in denselben getreten, wie anhaltend er unsere Versammlungen besucht, unsern Angelegenheiten seine Aufmerksamkeit gegönnt, sich der Aufnahme vorzüglicher junger Männer erfreut, unsern ehrbaren Gastmahlen beigewohnt, und sich nicht enthalten, über manche wichtige Angelegenheiten seine Gedanken zu eröffnen, davon sind wir alle Zeugen, wir haben es freundlich und dankbar anerkannt. Ja wenn dieser altgegründete und nach manchem Zeitwechsel oft wieder hergestellte Bund eines Zeugnisses bedürfte, so würde hier das vollkommenste bereit sein, indem ein talentreicher Mann, verständig, vorsichtig, umsichtig, erfahren, wohldenkend und mässig, bei uns seines Gleichen zu finden glaubte, sich bei uns in einer Gesellschaft fühlte, die er, der besten gewohnt, als Vollendung seiner menschlichen und geselligen Wünsche so gern anerkannte.“
Der Sarg Wieland’s wurde auf dem ihm früher angehörenden Gute Osmannstädt bei Weimar am 25. Januar 1813 in Tüchern an Handhaben von 15 Brüdern abwechselnd zum Grabe getragen und dort an der Seite seiner ihm im Tode vorausgegangenen Gattin und einer auch dort beerdigten jüngern Freundin nach einem von ihm ausgesprochenen Wunsche beigesetzt. Auf dem Sarge lag
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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/42>, abgerufen am 16.07.2024.
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