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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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Mythologie fordert der Fährmann, der über den Todtenfluss die Seele setzt, als Fährlohn Hände und Füsse, und deshalb pflegte man Hände und Füsse in den Sarg der Verstorbenen zu legen, damit sie bei der Ueberfahrt den Zoll entrichten könnten. Ueber die die Unterwelt umgebenden Ströme führt nach der deutschen Mythologie1) eine Brücke, welche durch eine Jungfrau Modpuhr (Seelenkampf) bewacht wird; den der Unterwelt Nahenden hält diese Jungfrau ihre Werke, ihre guten und bösen Werke gleich einem Spiegel vor und verbietet und erlaubt durch sie den Uebergang über die Brücke, den Eingang in die Unterwelt. Diese die Himmelsbrücke bewachende Jungfrau ist nur eine andere Gestaltung des parsischen, bei der Brücke Chinavat wachehaltenden Hundes und des ägyptischen Todtengerichtes. Auch ist es eine den Baktrern und Indern, den Aegyptern und Juden, Griechen und Römern, Kelten und Germanen gemeinsame Vorstellung, sich die Hölle, den Strafort der Bösen, den baktrischen Duzakh, jüdischen Scheel, ägyptischen Amentes, griechischen Hades und Tartarus u. s. w. als einen er schreckend finsteren und dunkelen Ort tief unter der Erde oder im tiefen Innern der Erde zu denken und den dort sich aufhaltenden Geistern dieselbe Farbe zu ertheilen, während umgekehrt die Wohnung der Gerechten, der Gereinigten und Lichten in das Himmelslicht verlegt wird. So erblickt auch Johannes im dritten Kapitel seiner Offenbarung die mit weissen Röcken Bekleideten im Himmel, und als er sie erschauet und fraget, wer diese seien und woher sie gekommen, wird ihm geantwortet: "Es sind Die, die aus der grossen Trübsal gekommen sind, und ihre Röcke gewaschen, und ihre Kleider mit dem Blute des Lamms weiss gemacht haben." In diesem Sinne spricht Johannes weiter: "So bedenke nun, wie du gelehrt worden und was du gehört hast; und. halte es und thue Busse. So du nun nicht wachen wirst, so werde ich über dich kommen wie ein Dieb und du wirst nicht wissen zu welcher Stunde ich über dich kommen werde. Du hast auch zu Sardes Wenige, welche ihre Kleider nicht besudelt

1) Simrok, a. a. O., S. 351.

Mythologie fordert der Fährmann, der über den Todtenfluss die Seele setzt, als Fährlohn Hände und Füsse, und deshalb pflegte man Hände und Füsse in den Sarg der Verstorbenen zu legen, damit sie bei der Ueberfahrt den Zoll entrichten könnten. Ueber die die Unterwelt umgebenden Ströme führt nach der deutschen Mythologie1) eine Brücke, welche durch eine Jungfrau Môdpuhr (Seelenkampf) bewacht wird; den der Unterwelt Nahenden hält diese Jungfrau ihre Werke, ihre guten und bösen Werke gleich einem Spiegel vor und verbietet und erlaubt durch sie den Uebergang über die Brücke, den Eingang in die Unterwelt. Diese die Himmelsbrücke bewachende Jungfrau ist nur eine andere Gestaltung des parsischen, bei der Brücke Chinavat wachehaltenden Hundes und des ägyptischen Todtengerichtes. Auch ist es eine den Baktrern und Indern, den Aegyptern und Juden, Griechen und Römern, Kelten und Germanen gemeinsame Vorstellung, sich die Hölle, den Strafort der Bösen, den baktrischen Duzakh, jüdischen Scheel, ägyptischen Amentes, griechischen Hades und Tartarus u. s. w. als einen er schreckend finsteren und dunkelen Ort tief unter der Erde oder im tiefen Innern der Erde zu denken und den dort sich aufhaltenden Geistern dieselbe Farbe zu ertheilen, während umgekehrt die Wohnung der Gerechten, der Gereinigten und Lichten in das Himmelslicht verlegt wird. So erblickt auch Johannes im dritten Kapitel seiner Offenbarung die mit weissen Röcken Bekleideten im Himmel, und als er sie erschauet und fraget, wer diese seien und woher sie gekommen, wird ihm geantwortet: „Es sind Die, die aus der grossen Trübsal gekommen sind, und ihre Röcke gewaschen, und ihre Kleider mit dem Blute des Lamms weiss gemacht haben.“ In diesem Sinne spricht Johannes weiter: „So bedenke nun, wie du gelehrt worden und was du gehört hast; und. halte es und thue Busse. So du nun nicht wachen wirst, so werde ich über dich kommen wie ein Dieb und du wirst nicht wissen zu welcher Stunde ich über dich kommen werde. Du hast auch zu Sardes Wenige, welche ihre Kleider nicht besudelt

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[11/0031] Mythologie fordert der Fährmann, der über den Todtenfluss die Seele setzt, als Fährlohn Hände und Füsse, und deshalb pflegte man Hände und Füsse in den Sarg der Verstorbenen zu legen, damit sie bei der Ueberfahrt den Zoll entrichten könnten. Ueber die die Unterwelt umgebenden Ströme führt nach der deutschen Mythologie 1) eine Brücke, welche durch eine Jungfrau Môdpuhr (Seelenkampf) bewacht wird; den der Unterwelt Nahenden hält diese Jungfrau ihre Werke, ihre guten und bösen Werke gleich einem Spiegel vor und verbietet und erlaubt durch sie den Uebergang über die Brücke, den Eingang in die Unterwelt. Diese die Himmelsbrücke bewachende Jungfrau ist nur eine andere Gestaltung des parsischen, bei der Brücke Chinavat wachehaltenden Hundes und des ägyptischen Todtengerichtes. Auch ist es eine den Baktrern und Indern, den Aegyptern und Juden, Griechen und Römern, Kelten und Germanen gemeinsame Vorstellung, sich die Hölle, den Strafort der Bösen, den baktrischen Duzakh, jüdischen Scheel, ägyptischen Amentes, griechischen Hades und Tartarus u. s. w. als einen er schreckend finsteren und dunkelen Ort tief unter der Erde oder im tiefen Innern der Erde zu denken und den dort sich aufhaltenden Geistern dieselbe Farbe zu ertheilen, während umgekehrt die Wohnung der Gerechten, der Gereinigten und Lichten in das Himmelslicht verlegt wird. So erblickt auch Johannes im dritten Kapitel seiner Offenbarung die mit weissen Röcken Bekleideten im Himmel, und als er sie erschauet und fraget, wer diese seien und woher sie gekommen, wird ihm geantwortet: „Es sind Die, die aus der grossen Trübsal gekommen sind, und ihre Röcke gewaschen, und ihre Kleider mit dem Blute des Lamms weiss gemacht haben.“ In diesem Sinne spricht Johannes weiter: „So bedenke nun, wie du gelehrt worden und was du gehört hast; und. halte es und thue Busse. So du nun nicht wachen wirst, so werde ich über dich kommen wie ein Dieb und du wirst nicht wissen zu welcher Stunde ich über dich kommen werde. Du hast auch zu Sardes Wenige, welche ihre Kleider nicht besudelt 1) Simrok, a. a. O., S. 351.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/31>, abgerufen am 27.11.2024.