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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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den maurerischen salomonischen Tempel darf der Gesang der böhmischen Brüder bezogen werden:

Preis, Lob und Dank sei Gott dem Herrn,
Der seiner Menschen Jammer wehrt
Und sammelt draus zu seinen Ehren
Sich eine ew'ge Kirch' auf Erd':
Die er von Anfang schön erbauet
Als seine auserwählte Stadt,
Die allezeit auf ihn vertrauet,
Sich tröstet seiner grossen Gnad'!

Sie ist gebaut auf rechtem Grunde,
Der Jünger und Propheten, Lehr'.
Wie hoch bezeugt mit Einem Munde
Der Auserwählten heil'ges Heer;
Von edlen und lebend'gen Steinen
Gefüget durch des Geistes Trieb,
Der wahre Leib des Ewig Einen,
Erfüllt mit Treu', Glaub', Huld und Lieb'.

1)

Am Ueberraschendsten aber tritt uns die innige Verwandtschaft der Freimaurerei mit dem Christenthume darin entgegen, dass das Maurer- und das Kirchenjahr nichts Anderes sind als die sinn- und deutungsvolle Durchwanderung und Darstellung des von Sonnenwende zu Sonnenwende im ewigen Kreislaufe auf- und niedersteigenden Sonnenjahres und Sonnenlebens. Daher sagt auch Bunsen, a. a. O., I. S. 131: "Wenn du in der Gemeinde lebst, so begreifst du von selbst, dass unser Sonnenjahr als Gemeindejahr die Geschichte Gottes unter den Menschen im Kreislaufe durchwandert. Du weisst, dass das Gemeindejahr der Christenheit seinen festen Mittelpunkt hat im Leben Jesu, welches dir von Weihnachten (der Wintersonnenwende) bis zum Ende der Osterzeit (der Frühlings-Tagundnachtgleiche) vorgeführt wird." Es ist dieses keineswegs ein Sonnen- und Naturdienst, sondern die Anerkennung des in der Natur- und in der Menschenwelt, ausser uns und in uns waltenden Einen göttlichen Geistes und Gesetzes, welcher im niemals endenden Umschwunge zwischen Geburt und Grab, Entstehen und Vergehen, Kommen und Scheiden, Tag und Nacht, Freude und Leiden zur Ewigkeit fortschreitet,

1) Bunsen, a. a. O., I. S. 118.

den maurerischen salomonischen Tempel darf der Gesang der böhmischen Brüder bezogen werden:

Preis, Lob und Dank sei Gott dem Herrn,
Der seiner Menschen Jammer wehrt
Und sammelt draus zu seinen Ehren
Sich eine ew’ge Kirch’ auf Erd’:
Die er von Anfang schön erbauet
Als seine auserwählte Stadt,
Die allezeit auf ihn vertrauet,
Sich tröstet seiner grossen Gnad’!

Sie ist gebaut auf rechtem Grunde,
Der Jünger und Propheten, Lehr’.
Wie hoch bezeugt mit Einem Munde
Der Auserwählten heil’ges Heer;
Von edlen und lebend’gen Steinen
Gefüget durch des Geistes Trieb,
Der wahre Leib des Ewig Einen,
Erfüllt mit Treu’, Glaub’, Huld und Lieb’.

1)

Am Ueberraschendsten aber tritt uns die innige Verwandtschaft der Freimaurerei mit dem Christenthume darin entgegen, dass das Maurer- und das Kirchenjahr nichts Anderes sind als die sinn- und deutungsvolle Durchwanderung und Darstellung des von Sonnenwende zu Sonnenwende im ewigen Kreislaufe auf- und niedersteigenden Sonnenjahres und Sonnenlebens. Daher sagt auch Bunsen, a. a. O., I. S. 131: „Wenn du in der Gemeinde lebst, so begreifst du von selbst, dass unser Sonnenjahr als Gemeindejahr die Geschichte Gottes unter den Menschen im Kreislaufe durchwandert. Du weisst, dass das Gemeindejahr der Christenheit seinen festen Mittelpunkt hat im Leben Jesu, welches dir von Weihnachten (der Wintersonnenwende) bis zum Ende der Osterzeit (der Frühlings-Tagundnachtgleiche) vorgeführt wird.“ Es ist dieses keineswegs ein Sonnen- und Naturdienst, sondern die Anerkennung des in der Natur- und in der Menschenwelt, ausser uns und in uns waltenden Einen göttlichen Geistes und Gesetzes, welcher im niemals endenden Umschwunge zwischen Geburt und Grab, Entstehen und Vergehen, Kommen und Scheiden, Tag und Nacht, Freude und Leiden zur Ewigkeit fortschreitet,

1) Bunsen, a. a. O., I. S. 118.
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[286/0306] den maurerischen salomonischen Tempel darf der Gesang der böhmischen Brüder bezogen werden: Preis, Lob und Dank sei Gott dem Herrn, Der seiner Menschen Jammer wehrt Und sammelt draus zu seinen Ehren Sich eine ew’ge Kirch’ auf Erd’: Die er von Anfang schön erbauet Als seine auserwählte Stadt, Die allezeit auf ihn vertrauet, Sich tröstet seiner grossen Gnad’! Sie ist gebaut auf rechtem Grunde, Der Jünger und Propheten, Lehr’. Wie hoch bezeugt mit Einem Munde Der Auserwählten heil’ges Heer; Von edlen und lebend’gen Steinen Gefüget durch des Geistes Trieb, Der wahre Leib des Ewig Einen, Erfüllt mit Treu’, Glaub’, Huld und Lieb’. 1) Am Ueberraschendsten aber tritt uns die innige Verwandtschaft der Freimaurerei mit dem Christenthume darin entgegen, dass das Maurer- und das Kirchenjahr nichts Anderes sind als die sinn- und deutungsvolle Durchwanderung und Darstellung des von Sonnenwende zu Sonnenwende im ewigen Kreislaufe auf- und niedersteigenden Sonnenjahres und Sonnenlebens. Daher sagt auch Bunsen, a. a. O., I. S. 131: „Wenn du in der Gemeinde lebst, so begreifst du von selbst, dass unser Sonnenjahr als Gemeindejahr die Geschichte Gottes unter den Menschen im Kreislaufe durchwandert. Du weisst, dass das Gemeindejahr der Christenheit seinen festen Mittelpunkt hat im Leben Jesu, welches dir von Weihnachten (der Wintersonnenwende) bis zum Ende der Osterzeit (der Frühlings-Tagundnachtgleiche) vorgeführt wird.“ Es ist dieses keineswegs ein Sonnen- und Naturdienst, sondern die Anerkennung des in der Natur- und in der Menschenwelt, ausser uns und in uns waltenden Einen göttlichen Geistes und Gesetzes, welcher im niemals endenden Umschwunge zwischen Geburt und Grab, Entstehen und Vergehen, Kommen und Scheiden, Tag und Nacht, Freude und Leiden zur Ewigkeit fortschreitet, 1) Bunsen, a. a. O., I. S. 118.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/306>, abgerufen am 22.11.2024.