Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

heit, des weltbürgerlichen Sinnes, des höheren Menschengeistes und zwar nach einer doppelten Richtung hin. Unter den Eingeweihten selbst musste in ihrem eigenen Interesse dem erleuchteteren Geiste und der stärkeren Tüchtigkeit die Herrschaft und Leitung zugestanden, darnach allein der einzunehmende Mysteriengrad bestimmt und ertheilt werden, so dass die Mysterien sich hierin als die Herrschaft der Besseren und Besten im pythagoreischen und platonischen Sinne, - als die Aristokratie der Bildung und des Geistes oder auch als eine geistige Demokratie darstellen. Noch demokratischer gestaltete sich die Priesterschaft, wenn wie bei den Buddhisten, wie bei der Sekte des für das südliche Indien so einflussreichen Ramanuga im 12. Jahrhundert1) und bei der christlichen Geistlichkeit ohne Rücksicht auf die Geburt oder die Kaste, worauf die ägyptische und jüdische Geistlichkeit mit den Brahmanen abgestellt hatte, der Eintritt jedem geistig Befähigten und Berufenen gestattet und ihm der Weg zu den höchsten Stufen geöffnet war. Auf diese Weise verschmolz die Geistlichkeit, die Priesterschaft alle Emporstrebenden im ganzen Volke mit sich, entfernte die Unzufriedenen und entzog dem Volke die möglichen Führer und Häupter. des Widerstandes und der Empörung, wie noch heute die Monarchie und Aristokratie die Demokratie dadurch zu überwinden strebt, dass sie die hervorragenden Demokraten zu den Ihrigen hinüberzieht, durch Aufnahme in ihre Mitte ihren Absichten und Interessen dienstbar macht. Wurden sodann durch die Aufnahme, oder gar durch Einrichtung gleicher Mysterienanstalten, priesterlicher Geheimbünde, die Mysterien nicht allein über alle Provinzen und Theile des eigenen Landes getragen, sondern auch nach fremden Ländern ausgebreitet, wie die Mysterien der Isis und des Serapis, des Mithra nach Rom und nach allen Provinzen des weiten römischen Reiches, wurden damit ein gewisser weltbürgerlicher Glaube und weltbürgerlicher Sinn gepflegt und gepflanzet, der einem reineren Kosmopolitismus, dem Christenthum den Weg bahnte und in der äusseren Zerrissenheit und Getheiltheit die Einheit in grösserem oder

1) Lassen, a. a. O., IV. S. 130.

heit, des weltbürgerlichen Sinnes, des höheren Menschengeistes und zwar nach einer doppelten Richtung hin. Unter den Eingeweihten selbst musste in ihrem eigenen Interesse dem erleuchteteren Geiste und der stärkeren Tüchtigkeit die Herrschaft und Leitung zugestanden, darnach allein der einzunehmende Mysteriengrad bestimmt und ertheilt werden, so dass die Mysterien sich hierin als die Herrschaft der Besseren und Besten im pythagoreischen und platonischen Sinne, – als die Aristokratie der Bildung und des Geistes oder auch als eine geistige Demokratie darstellen. Noch demokratischer gestaltete sich die Priesterschaft, wenn wie bei den Buddhisten, wie bei der Sekte des für das südliche Indien so einflussreichen Râmânuga im 12. Jahrhundert1) und bei der christlichen Geistlichkeit ohne Rücksicht auf die Geburt oder die Kaste, worauf die ägyptische und jüdische Geistlichkeit mit den Brahmanen abgestellt hatte, der Eintritt jedem geistig Befähigten und Berufenen gestattet und ihm der Weg zu den höchsten Stufen geöffnet war. Auf diese Weise verschmolz die Geistlichkeit, die Priesterschaft alle Emporstrebenden im ganzen Volke mit sich, entfernte die Unzufriedenen und entzog dem Volke die möglichen Führer und Häupter. des Widerstandes und der Empörung, wie noch heute die Monarchie und Aristokratie die Demokratie dadurch zu überwinden strebt, dass sie die hervorragenden Demokraten zu den Ihrigen hinüberzieht, durch Aufnahme in ihre Mitte ihren Absichten und Interessen dienstbar macht. Wurden sodann durch die Aufnahme, oder gar durch Einrichtung gleicher Mysterienanstalten, priesterlicher Geheimbünde, die Mysterien nicht allein über alle Provinzen und Theile des eigenen Landes getragen, sondern auch nach fremden Ländern ausgebreitet, wie die Mysterien der Isis und des Serapis, des Mithra nach Rom und nach allen Provinzen des weiten römischen Reiches, wurden damit ein gewisser weltbürgerlicher Glaube und weltbürgerlicher Sinn gepflegt und gepflanzet, der einem reineren Kosmopolitismus, dem Christenthum den Weg bahnte und in der äusseren Zerrissenheit und Getheiltheit die Einheit in grösserem oder

1) Lassen, a. a. O., IV. S. 130.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0278" n="258"/>
heit, des weltbürgerlichen Sinnes, des höheren Menschengeistes und zwar nach einer doppelten Richtung hin. Unter den Eingeweihten selbst musste in ihrem eigenen Interesse dem erleuchteteren Geiste und der stärkeren Tüchtigkeit die Herrschaft und Leitung zugestanden, darnach allein der einzunehmende Mysteriengrad bestimmt und ertheilt werden, so dass die Mysterien sich hierin als die Herrschaft der Besseren und Besten im pythagoreischen und platonischen Sinne, &#x2013; als die Aristokratie der Bildung und des Geistes oder auch als eine geistige Demokratie darstellen. Noch demokratischer gestaltete sich die Priesterschaft, wenn wie bei den Buddhisten, wie bei der Sekte des für das südliche Indien so einflussreichen Râmânuga im 12. Jahrhundert<note place="foot" n="1)">Lassen, a. a. O., IV. S. 130.<lb/></note> und bei der christlichen Geistlichkeit ohne Rücksicht auf die Geburt oder die Kaste, worauf die ägyptische und jüdische Geistlichkeit mit den Brahmanen abgestellt hatte, der Eintritt jedem geistig Befähigten und Berufenen gestattet und ihm der Weg zu den höchsten Stufen geöffnet war. Auf diese Weise verschmolz die Geistlichkeit, die Priesterschaft alle Emporstrebenden im ganzen Volke mit sich, entfernte die Unzufriedenen und entzog dem Volke die möglichen Führer und Häupter. des Widerstandes und der Empörung, wie noch heute die Monarchie und Aristokratie die Demokratie dadurch zu überwinden strebt, dass sie die hervorragenden Demokraten zu den Ihrigen hinüberzieht, durch Aufnahme in ihre Mitte ihren Absichten und Interessen dienstbar macht. Wurden sodann durch die Aufnahme, oder gar durch Einrichtung gleicher Mysterienanstalten, priesterlicher Geheimbünde, die Mysterien nicht allein über alle Provinzen und Theile des eigenen Landes getragen, sondern auch nach fremden Ländern ausgebreitet, wie die Mysterien der Isis und des Serapis, des Mithra nach Rom und nach allen Provinzen des weiten römischen Reiches, wurden damit ein gewisser weltbürgerlicher Glaube und weltbürgerlicher Sinn gepflegt und gepflanzet, der einem reineren Kosmopolitismus, dem Christenthum den Weg bahnte und in der äusseren Zerrissenheit und Getheiltheit die Einheit in grösserem oder
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[258/0278] heit, des weltbürgerlichen Sinnes, des höheren Menschengeistes und zwar nach einer doppelten Richtung hin. Unter den Eingeweihten selbst musste in ihrem eigenen Interesse dem erleuchteteren Geiste und der stärkeren Tüchtigkeit die Herrschaft und Leitung zugestanden, darnach allein der einzunehmende Mysteriengrad bestimmt und ertheilt werden, so dass die Mysterien sich hierin als die Herrschaft der Besseren und Besten im pythagoreischen und platonischen Sinne, – als die Aristokratie der Bildung und des Geistes oder auch als eine geistige Demokratie darstellen. Noch demokratischer gestaltete sich die Priesterschaft, wenn wie bei den Buddhisten, wie bei der Sekte des für das südliche Indien so einflussreichen Râmânuga im 12. Jahrhundert 1) und bei der christlichen Geistlichkeit ohne Rücksicht auf die Geburt oder die Kaste, worauf die ägyptische und jüdische Geistlichkeit mit den Brahmanen abgestellt hatte, der Eintritt jedem geistig Befähigten und Berufenen gestattet und ihm der Weg zu den höchsten Stufen geöffnet war. Auf diese Weise verschmolz die Geistlichkeit, die Priesterschaft alle Emporstrebenden im ganzen Volke mit sich, entfernte die Unzufriedenen und entzog dem Volke die möglichen Führer und Häupter. des Widerstandes und der Empörung, wie noch heute die Monarchie und Aristokratie die Demokratie dadurch zu überwinden strebt, dass sie die hervorragenden Demokraten zu den Ihrigen hinüberzieht, durch Aufnahme in ihre Mitte ihren Absichten und Interessen dienstbar macht. Wurden sodann durch die Aufnahme, oder gar durch Einrichtung gleicher Mysterienanstalten, priesterlicher Geheimbünde, die Mysterien nicht allein über alle Provinzen und Theile des eigenen Landes getragen, sondern auch nach fremden Ländern ausgebreitet, wie die Mysterien der Isis und des Serapis, des Mithra nach Rom und nach allen Provinzen des weiten römischen Reiches, wurden damit ein gewisser weltbürgerlicher Glaube und weltbürgerlicher Sinn gepflegt und gepflanzet, der einem reineren Kosmopolitismus, dem Christenthum den Weg bahnte und in der äusseren Zerrissenheit und Getheiltheit die Einheit in grösserem oder 1) Lassen, a. a. O., IV. S. 130.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/278
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/278>, abgerufen am 22.11.2024.