die allgemeine rechtliche Verpflichtung der Nachbarn, sich erforderlichen Falls gegenseitig zu beerdigen.1) Bei den Indern ist das Ahutam eines der fünf grossen Opfer und besteht in Ernährung aller geschaffenen organischen Wesen und ganz besonders der Gastfreunde. Die Gastfreundschaft und Wohlthätigkeit selbst galten als Opfer, so heisst es z. B. im Krijajogasaras, Kap. 29, V. 2 ff.: "Von den beiden (Tugenden): Büssungen und Wohlthätigkeit, wird die Wohlthätigkeit als die bessere genannt; die Busse ist vergänglich, bei der Wohlthätigkeit dagegen gibt es keine Vergänglichkeit. Die Busse (Tapas) ist im Kritajug das Beste, das Nachdenken im Tretajug, die Andacht im Dwaparajug, Wohlthätigkeit aber ist das Beste im Kalijug oder Karmadschas (d. i. in dem jetzigen Zeitalter der Welt). Darum sollen im Kalijug die das Paradies anstrebenden Frommen aus Ehrfurcht vor dem Kamata-Gatten wohlthätig sein. Wie der Mond nach und nach immer um ein Kleines zunimmt, so soll es auch mit dem Fortschritte der Menschen in Wohlthätigkeit und Busse der Fall sein. Ansammlung von Reichthilmern ist mit Eifer zu beschaffen; den gesammten Reichthum verwende der Weise aber zu Werken der Wohlthätigkeit. Der Sterbliche, welcher den erworbenen Reichthum nicht geniesst und nicht ausgibt, der ist als ein des Genusses des Gebens beraubter Armer zu betrachten."2)
In dem Ausdrucke und Begriffe der dienendenBrüder liegt ein grosser und der ursprünglichste Theil der Welt- und Menschengeschicbte eingeschlossen, so dass derselbe kaum vielseitig und tief genug erwogen und betrachtet zu werden vermag; zugleich und besonders aber enthält dieser Ausdruck und Begriff auch die Urgeschichte der Baubrüderschaften, Baucorporationen, Bauzünfte und der Freimaurerei. Der Ausdruck und Begriff der dienenden Brüder ist unverkennbar ein religiöser, - ein priesterlicher in der guten und schlechten Bedeutung, welche nur immer gedacht und gefunden werden mag. Das Religiöse, das rein Göttliche und Menschliche ist dabei
1) Grimm, a. a. O., I. S. 417.
2) Wollheim, Mythologie des alten Indien, S. 189.
die allgemeine rechtliche Verpflichtung der Nachbarn, sich erforderlichen Falls gegenseitig zu beerdigen.1) Bei den Indern ist das Ahutam eines der fünf grossen Opfer und besteht in Ernährung aller geschaffenen organischen Wesen und ganz besonders der Gastfreunde. Die Gastfreundschaft und Wohlthätigkeit selbst galten als Opfer, so heisst es z. B. im Krijâjogasâras, Kap. 29, V. 2 ff.: „Von den beiden (Tugenden): Büssungen und Wohlthätigkeit, wird die Wohlthätigkeit als die bessere genannt; die Busse ist vergänglich, bei der Wohlthätigkeit dagegen gibt es keine Vergänglichkeit. Die Busse (Tapas) ist im Kritajug das Beste, das Nachdenken im Tretajug, die Andacht im Dwâparajug, Wohlthätigkeit aber ist das Beste im Kalijug oder Karmadschas (d. i. in dem jetzigen Zeitalter der Welt). Darum sollen im Kalijug die das Paradies anstrebenden Frommen aus Ehrfurcht vor dem Kamatâ-Gatten wohlthätig sein. Wie der Mond nach und nach immer um ein Kleines zunimmt, so soll es auch mit dem Fortschritte der Menschen in Wohlthätigkeit und Busse der Fall sein. Ansammlung von Reichthilmern ist mit Eifer zu beschaffen; den gesammten Reichthum verwende der Weise aber zu Werken der Wohlthätigkeit. Der Sterbliche, welcher den erworbenen Reichthum nicht geniesst und nicht ausgibt, der ist als ein des Genusses des Gebens beraubter Armer zu betrachten.“2)
In dem Ausdrucke und Begriffe der dienendenBrüder liegt ein grosser und der ursprünglichste Theil der Welt- und Menschengeschicbte eingeschlossen, so dass derselbe kaum vielseitig und tief genug erwogen und betrachtet zu werden vermag; zugleich und besonders aber enthält dieser Ausdruck und Begriff auch die Urgeschichte der Baubrüderschaften, Baucorporationen, Bauzünfte und der Freimaurerei. Der Ausdruck und Begriff der dienenden Brüder ist unverkennbar ein religiöser, – ein priesterlicher in der guten und schlechten Bedeutung, welche nur immer gedacht und gefunden werden mag. Das Religiöse, das rein Göttliche und Menschliche ist dabei
1) Grimm, a. a. O., I. S. 417.
2) Wollheim, Mythologie des alten Indien, S. 189.
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die allgemeine rechtliche Verpflichtung der Nachbarn, sich erforderlichen Falls gegenseitig zu beerdigen. 1) Bei den Indern ist das Ahutam eines der fünf grossen Opfer und besteht in Ernährung aller geschaffenen organischen Wesen und ganz besonders der Gastfreunde. Die Gastfreundschaft und Wohlthätigkeit selbst galten als Opfer, so heisst es z. B. im Krijâjogasâras, Kap. 29, V. 2 ff.: „Von den beiden (Tugenden): Büssungen und Wohlthätigkeit, wird die Wohlthätigkeit als die bessere genannt; die Busse ist vergänglich, bei der Wohlthätigkeit dagegen gibt es keine Vergänglichkeit. Die Busse (Tapas) ist im Kritajug das Beste, das Nachdenken im Tretajug, die Andacht im Dwâparajug, Wohlthätigkeit aber ist das Beste im Kalijug oder Karmadschas (d. i. in dem jetzigen Zeitalter der Welt). Darum sollen im Kalijug die das Paradies anstrebenden Frommen aus Ehrfurcht vor dem Kamatâ-Gatten wohlthätig sein. Wie der Mond nach und nach immer um ein Kleines zunimmt, so soll es auch mit dem Fortschritte der Menschen in Wohlthätigkeit und Busse der Fall sein. Ansammlung von Reichthilmern ist mit Eifer zu beschaffen; den gesammten Reichthum verwende der Weise aber zu Werken der Wohlthätigkeit. Der Sterbliche, welcher den erworbenen Reichthum nicht geniesst und nicht ausgibt, der ist als ein des Genusses des Gebens beraubter Armer zu betrachten.“ 2)
In dem Ausdrucke und Begriffe der dienenden Brüder liegt ein grosser und der ursprünglichste Theil der Welt- und Menschengeschicbte eingeschlossen, so dass derselbe kaum vielseitig und tief genug erwogen und betrachtet zu werden vermag; zugleich und besonders aber enthält dieser Ausdruck und Begriff auch die Urgeschichte der Baubrüderschaften, Baucorporationen, Bauzünfte und der Freimaurerei. Der Ausdruck und Begriff der dienenden Brüder ist unverkennbar ein religiöser, – ein priesterlicher in der guten und schlechten Bedeutung, welche nur immer gedacht und gefunden werden mag. Das Religiöse, das rein Göttliche und Menschliche ist dabei
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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/254>, abgerufen am 16.02.2025.
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