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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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hauses. Ob der christliche Basiliken-Bau, das christliche gottesdienstliche Gemeindehaus sich neu und selbstständig aus dem Christenthum und seinen Gemeindebedürfnissen herausgebildet habe, wie neuerlich Zestermann und Hübsch zu begründen versuchten, im Wesentlichen auch Messmer und Lübke wollen, oder ob die christlichen Basiliken, die Kirchenbasiliken nach der bisher gewöhnlichen Meinung an die heidnischen Stoen (Säulenhallen) und besonders die Gerichtsbasiliken sich anlehnen,1) mag dahingestellt sein und werden spätere Forschungen entscheiden; möchte aber für die Hauptfrage der Eigenthümlichkeit des christlichen Basilikenbaues, des Kirchenbaues ziemlich gleichgültig sein, denn dieser ist einmal und ist unter allen Umständen von Griechenland und Rom auf Grundlage und mit Hülfe der griechisch-römischen Baukunst und ihrer Hülfskünste ausgegangen.2) Die griechischen und römischen Christen bauten die ersten Kirchen, die ersten Basiliken und konnten sie nur bauen mit der griechischen und römischen Baukunst und Technik, anfänglich vermuthlich nur durch heidnische Baumeister und Bauleute, wenn auch das christliche Bedürfniss die Bauten in das Leben rief und der christliche Glaube und Geist ihre Einrichtung und Ausführung bestimmte. Sogar theilweise aus den Trümmern und Ueberresten, namentlich mit Säulen des Alterthums wurden die christlichen Kirchen oft und nicht ohne architektonische und technische Mängel erbaut. Durch sein vorherrschendes Prinzip der Bewegung nach Oben tritt der Kirchenbaustyl, zumal der gothische oder französisch-deutsche, in einen entschiedenen Gegensatz zur gesammten antiken Architektur, besonders auch zu dem jüdischen Tempelbau, in welchem die horizontale Richtung überwiegt, und dem das platte Dach, wie dem salomonischen Tempel, oder doch ein niederes Giebeldach, wie den griechischen und römischen Tempeln, angehört, - und er allein schon beurkundet die höhere geistige, die himmlische und göttliche Gesinnung, welche das Christenthum über das Heidenthum

1) Vergl. z. B. Guhl und Koner, a. a. O., S. 117 und 118.
2) Baehr, S. 331 ff; Kinkel, Geschichte der bildenden Künste bei den christlichen Völkern, I. S. 14.

hauses. Ob der christliche Basiliken-Bau, das christliche gottesdienstliche Gemeindehaus sich neu und selbstständig aus dem Christenthum und seinen Gemeindebedürfnissen herausgebildet habe, wie neuerlich Zestermann und Hübsch zu begründen versuchten, im Wesentlichen auch Messmer und Lübke wollen, oder ob die christlichen Basiliken, die Kirchenbasiliken nach der bisher gewöhnlichen Meinung an die heidnischen Stoen (Säulenhallen) und besonders die Gerichtsbasiliken sich anlehnen,1) mag dahingestellt sein und werden spätere Forschungen entscheiden; möchte aber für die Hauptfrage der Eigenthümlichkeit des christlichen Basilikenbaues, des Kirchenbaues ziemlich gleichgültig sein, denn dieser ist einmal und ist unter allen Umständen von Griechenland und Rom auf Grundlage und mit Hülfe der griechisch-römischen Baukunst und ihrer Hülfskünste ausgegangen.2) Die griechischen und römischen Christen bauten die ersten Kirchen, die ersten Basiliken und konnten sie nur bauen mit der griechischen und römischen Baukunst und Technik, anfänglich vermuthlich nur durch heidnische Baumeister und Bauleute, wenn auch das christliche Bedürfniss die Bauten in das Leben rief und der christliche Glaube und Geist ihre Einrichtung und Ausführung bestimmte. Sogar theilweise aus den Trümmern und Ueberresten, namentlich mit Säulen des Alterthums wurden die christlichen Kirchen oft und nicht ohne architektonische und technische Mängel erbaut. Durch sein vorherrschendes Prinzip der Bewegung nach Oben tritt der Kirchenbaustyl, zumal der gothische oder französisch-deutsche, in einen entschiedenen Gegensatz zur gesammten antiken Architektur, besonders auch zu dem jüdischen Tempelbau, in welchem die horizontale Richtung überwiegt, und dem das platte Dach, wie dem salomonischen Tempel, oder doch ein niederes Giebeldach, wie den griechischen und römischen Tempeln, angehört, – und er allein schon beurkundet die höhere geistige, die himmlische und göttliche Gesinnung, welche das Christenthum über das Heidenthum

1) Vergl. z. B. Guhl und Koner, a. a. O., S. 117 und 118.
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[181/0201] hauses. Ob der christliche Basiliken-Bau, das christliche gottesdienstliche Gemeindehaus sich neu und selbstständig aus dem Christenthum und seinen Gemeindebedürfnissen herausgebildet habe, wie neuerlich Zestermann und Hübsch zu begründen versuchten, im Wesentlichen auch Messmer und Lübke wollen, oder ob die christlichen Basiliken, die Kirchenbasiliken nach der bisher gewöhnlichen Meinung an die heidnischen Stoen (Säulenhallen) und besonders die Gerichtsbasiliken sich anlehnen, 1) mag dahingestellt sein und werden spätere Forschungen entscheiden; möchte aber für die Hauptfrage der Eigenthümlichkeit des christlichen Basilikenbaues, des Kirchenbaues ziemlich gleichgültig sein, denn dieser ist einmal und ist unter allen Umständen von Griechenland und Rom auf Grundlage und mit Hülfe der griechisch-römischen Baukunst und ihrer Hülfskünste ausgegangen. 2) Die griechischen und römischen Christen bauten die ersten Kirchen, die ersten Basiliken und konnten sie nur bauen mit der griechischen und römischen Baukunst und Technik, anfänglich vermuthlich nur durch heidnische Baumeister und Bauleute, wenn auch das christliche Bedürfniss die Bauten in das Leben rief und der christliche Glaube und Geist ihre Einrichtung und Ausführung bestimmte. Sogar theilweise aus den Trümmern und Ueberresten, namentlich mit Säulen des Alterthums wurden die christlichen Kirchen oft und nicht ohne architektonische und technische Mängel erbaut. Durch sein vorherrschendes Prinzip der Bewegung nach Oben tritt der Kirchenbaustyl, zumal der gothische oder französisch-deutsche, in einen entschiedenen Gegensatz zur gesammten antiken Architektur, besonders auch zu dem jüdischen Tempelbau, in welchem die horizontale Richtung überwiegt, und dem das platte Dach, wie dem salomonischen Tempel, oder doch ein niederes Giebeldach, wie den griechischen und römischen Tempeln, angehört, – und er allein schon beurkundet die höhere geistige, die himmlische und göttliche Gesinnung, welche das Christenthum über das Heidenthum 1) Vergl. z. B. Guhl und Koner, a. a. O., S. 117 und 118. 2) Baehr, S. 331 ff; Kinkel, Geschichte der bildenden Künste bei den christlichen Völkern, I. S. 14.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/201>, abgerufen am 07.05.2024.