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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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von blauer und rother Seide mit Cherumbildern herab, so dass man aus dem Heiligen selbst die Bundeslade nicht sehen konnte, sondern dieselbe eben verdeckt, verhüllt war. Bei dem Tode Christi zerriss dieser Vorhang zum Zeichen, dass nun der Thron der Gnade nicht mehr verdeckt und verhüllt, sondern der Zugang zu ihm durch den Tod Christi Allen geöffnet sei. Im Evangelium Matthäi 27, 50 und 51 heisst es: "Aber Jesus schrie abermals laut und verschied. Und siehe da, der Vorhang in dem Tempel zerriss in zwei Stücke, von oben bis unten." Nach dem Temple mystique, Paris 1855, Nro. 6, p. 120, wäre der entzweigerissene Schleier in Frankreich auch ein bei der Meisteraufnahme gebräuchliches Symbol und soll die Vollendung der Aufnahme bezeichnen, woran die zerrissene Fessel, die gebrochene Kette (la ehaeine brisee) als Symbol der abgelegten Vorurtheile sich schliesst. Der entzweigerissene Schleier wäre das Symbol der höchsten Weihe und Vollendung ([fremdsprachliches Material]) und dürfte noch sinnvoller in der Trauerloge auf den Sarkophag des Dahingegangenen gelegt werden, zum Zeichen, dass nun der Schleier zerrissen und gehoben sei, der bisher das Göttliche, die Ewigkeit verhüllte. - In dem verborgenen Dunkel des Allerheiligsten thronte und wohnte wie in einer Wolke1) Jehovah der Unsichtbare, in welcher Vorstellung oder in welchem Symbole das beredteste Zeugniss für die hohe und tiefsinnige Gottesanschauung der Israeliten enthalten ist. So erzählt auch das I. Buch der Könige 8, 10 von der Einweihung des Tempels durch Salomo: "Als aber die Priester (nachdem sie die Bundeslade in das Allerheiligste gebracht hatten) aus dem Heiligthum hinausgegangen waren, erfüllte eine Wolke das Haus des Herrn und es konnten die Priester nicht wegen der Wolke dastehen, ihren Dienst zu verrichten; denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Häus. Da, sprach Salomo: Der Herr hat also geredet, er wolle im Dunkeln wohnen. So habe ich nun ein'Haus gebauet, dir zur Wohnung; einen Sitz, dass du da wohnest ewiglich." - Gleichmässig wohnten auch die ägyptischen Götter oder standen ihre Bilder im Dunkel, im Verborgenen und Un-

1) Baehr, S. 132.

von blauer und rother Seide mit Cherumbildern herab, so dass man aus dem Heiligen selbst die Bundeslade nicht sehen konnte, sondern dieselbe eben verdeckt, verhüllt war. Bei dem Tode Christi zerriss dieser Vorhang zum Zeichen, dass nun der Thron der Gnade nicht mehr verdeckt und verhüllt, sondern der Zugang zu ihm durch den Tod Christi Allen geöffnet sei. Im Evangelium Matthäi 27, 50 und 51 heisst es: „Aber Jesus schrie abermals laut und verschied. Und siehe da, der Vorhang in dem Tempel zerriss in zwei Stücke, von oben bis unten.“ Nach dem Temple mystique, Paris 1855, Nro. 6, p. 120, wäre der entzweigerissene Schleier in Frankreich auch ein bei der Meisteraufnahme gebräuchliches Symbol und soll die Vollendung der Aufnahme bezeichnen, woran die zerrissene Fessel, die gebrochene Kette (la ehaîne brisée) als Symbol der abgelegten Vorurtheile sich schliesst. Der entzweigerissene Schleier wäre das Symbol der höchsten Weihe und Vollendung ([fremdsprachliches Material]) und dürfte noch sinnvoller in der Trauerloge auf den Sarkophag des Dahingegangenen gelegt werden, zum Zeichen, dass nun der Schleier zerrissen und gehoben sei, der bisher das Göttliche, die Ewigkeit verhüllte. – In dem verborgenen Dunkel des Allerheiligsten thronte und wohnte wie in einer Wolke1) Jehovah der Unsichtbare, in welcher Vorstellung oder in welchem Symbole das beredteste Zeugniss für die hohe und tiefsinnige Gottesanschauung der Israeliten enthalten ist. So erzählt auch das I. Buch der Könige 8, 10 von der Einweihung des Tempels durch Salomo: „Als aber die Priester (nachdem sie die Bundeslade in das Allerheiligste gebracht hatten) aus dem Heiligthum hinausgegangen waren, erfüllte eine Wolke das Haus des Herrn und es konnten die Priester nicht wegen der Wolke dastehen, ihren Dienst zu verrichten; denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Häus. Da, sprach Salomo: Der Herr hat also geredet, er wolle im Dunkeln wohnen. So habe ich nun ein’Haus gebauet, dir zur Wohnung; einen Sitz, dass du da wohnest ewiglich.“ – Gleichmässig wohnten auch die ägyptischen Götter oder standen ihre Bilder im Dunkel, im Verborgenen und Un-

1) Baehr, S. 132.
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[142/0162] von blauer und rother Seide mit Cherumbildern herab, so dass man aus dem Heiligen selbst die Bundeslade nicht sehen konnte, sondern dieselbe eben verdeckt, verhüllt war. Bei dem Tode Christi zerriss dieser Vorhang zum Zeichen, dass nun der Thron der Gnade nicht mehr verdeckt und verhüllt, sondern der Zugang zu ihm durch den Tod Christi Allen geöffnet sei. Im Evangelium Matthäi 27, 50 und 51 heisst es: „Aber Jesus schrie abermals laut und verschied. Und siehe da, der Vorhang in dem Tempel zerriss in zwei Stücke, von oben bis unten.“ Nach dem Temple mystique, Paris 1855, Nro. 6, p. 120, wäre der entzweigerissene Schleier in Frankreich auch ein bei der Meisteraufnahme gebräuchliches Symbol und soll die Vollendung der Aufnahme bezeichnen, woran die zerrissene Fessel, die gebrochene Kette (la ehaîne brisée) als Symbol der abgelegten Vorurtheile sich schliesst. Der entzweigerissene Schleier wäre das Symbol der höchsten Weihe und Vollendung (_ ) und dürfte noch sinnvoller in der Trauerloge auf den Sarkophag des Dahingegangenen gelegt werden, zum Zeichen, dass nun der Schleier zerrissen und gehoben sei, der bisher das Göttliche, die Ewigkeit verhüllte. – In dem verborgenen Dunkel des Allerheiligsten thronte und wohnte wie in einer Wolke 1) Jehovah der Unsichtbare, in welcher Vorstellung oder in welchem Symbole das beredteste Zeugniss für die hohe und tiefsinnige Gottesanschauung der Israeliten enthalten ist. So erzählt auch das I. Buch der Könige 8, 10 von der Einweihung des Tempels durch Salomo: „Als aber die Priester (nachdem sie die Bundeslade in das Allerheiligste gebracht hatten) aus dem Heiligthum hinausgegangen waren, erfüllte eine Wolke das Haus des Herrn und es konnten die Priester nicht wegen der Wolke dastehen, ihren Dienst zu verrichten; denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Häus. Da, sprach Salomo: Der Herr hat also geredet, er wolle im Dunkeln wohnen. So habe ich nun ein’Haus gebauet, dir zur Wohnung; einen Sitz, dass du da wohnest ewiglich.“ – Gleichmässig wohnten auch die ägyptischen Götter oder standen ihre Bilder im Dunkel, im Verborgenen und Un- 1) Baehr, S. 132.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/162>, abgerufen am 27.04.2024.