Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.beiden Extremen Theil, hat die Vergangenheit noch, und die Zukunft schon in sich: so dass wer in sie die rechte Insicht, den wahren Einblick hat, in ihr und aus ihr die Vergangenheit noch und die Zukunft schon zu diviniren vermag." Auch ist es ein guter Gedanke Plutarchs, wenn er darauf aufmerksam macht, dass die mantische oder voraussehende Kraft der Seele im Grunde nicht wunderbarer sei, als die mnemonische oder zurückerinnernde Kraft der selben, d. h. dass es eben so natürlich zugehe, wenn die Seele das noch nicht daseiende Zukünftige vorausempfinde, als wenn sie das nicht mehr daseiende Vergangene nachempfinde. Der [fremdsprachliches Material], dem Voraussehen gerade entgegengesetzt, spricht er, ist die [fremdsprachliches Material], die Zurückerinnerung, jenes wunderbare Vermögen der Seele, wodurch sie das Vergangene bewahrt und gegenwärtig erhält. Denn alles Geschehene ist nicht mehr, - Alles in der Welt, Handlungen, Worte und Affecte entstehen und vergehen, indem die Zeit gleich einem Strome Alles mit sich fortreisst: aber die Gedächtnisskraft der Seele fasst, man weiss nicht wie, das Alles wieder auf und gibt ihm, ob es gleich nicht mehr zugegen ist, das Ansehen und den Schein des Gegenwärtigen, so dass uns das Gedächtniss gleichsam das Gehör für stumme (lautlose) und ein Gesicht für blinde (unsichtbare) Dinge ist. Daher es auch nicht zu verwundern ist, dass die Seele, die über Das, was nicht mehr existirt, so mit viel Gewalt hat, auch Manches, das noch nicht ist, mit dazu nimmt, zumal ihr Letzteres weit angemessener und mit ihrer Neigung übereinstimmender ist. Denn alles Dichten und Trachten der Seele ist ja auf die Zukunft gerichtet, mit der Vergangenheit hat sie nichts weiter zu thun, als dass sie sich ihrer erinnert. Und so schwach und stumpf dieses den Seelen eingeborene Vermögen sein mag so geschieht es doch zuweilen, dass eine aufblühet und davon in Träumen oder bei Mysterien Gebrauch macht.1) Die wunderbare Gabe der Seele, das Vergangene wieder in sich entstehen zu lassen, von welcher hier Plutarch spricht und die er mit der verwandten Gabe der 1) Lasaulx, Studien, S. 286 ff.
beiden Extremen Theil, hat die Vergangenheit noch, und die Zukunft schon in sich: so dass wer in sie die rechte Insicht, den wahren Einblick hat, in ihr und aus ihr die Vergangenheit noch und die Zukunft schon zu diviniren vermag.“ Auch ist es ein guter Gedanke Plutarchs, wenn er darauf aufmerksam macht, dass die mantische oder voraussehende Kraft der Seele im Grunde nicht wunderbarer sei, als die mnemonische oder zurückerinnernde Kraft der selben, d. h. dass es eben so natürlich zugehe, wenn die Seele das noch nicht daseiende Zukünftige vorausempfinde, als wenn sie das nicht mehr daseiende Vergangene nachempfinde. Der [fremdsprachliches Material], dem Voraussehen gerade entgegengesetzt, spricht er, ist die [fremdsprachliches Material], die Zurückerinnerung, jenes wunderbare Vermögen der Seele, wodurch sie das Vergangene bewahrt und gegenwärtig erhält. Denn alles Geschehene ist nicht mehr, – Alles in der Welt, Handlungen, Worte und Affecte entstehen und vergehen, indem die Zeit gleich einem Strome Alles mit sich fortreisst: aber die Gedächtnisskraft der Seele fasst, man weiss nicht wie, das Alles wieder auf und gibt ihm, ob es gleich nicht mehr zugegen ist, das Ansehen und den Schein des Gegenwärtigen, so dass uns das Gedächtniss gleichsam das Gehör für stumme (lautlose) und ein Gesicht für blinde (unsichtbare) Dinge ist. Daher es auch nicht zu verwundern ist, dass die Seele, die über Das, was nicht mehr existirt, so mit viel Gewalt hat, auch Manches, das noch nicht ist, mit dazu nimmt, zumal ihr Letzteres weit angemessener und mit ihrer Neigung übereinstimmender ist. Denn alles Dichten und Trachten der Seele ist ja auf die Zukunft gerichtet, mit der Vergangenheit hat sie nichts weiter zu thun, als dass sie sich ihrer erinnert. Und so schwach und stumpf dieses den Seelen eingeborene Vermögen sein mag so geschieht es doch zuweilen, dass eine aufblühet und davon in Träumen oder bei Mysterien Gebrauch macht.1) Die wunderbare Gabe der Seele, das Vergangene wieder in sich entstehen zu lassen, von welcher hier Plutarch spricht und die er mit der verwandten Gabe der 1) Lasaulx, Studien, S. 286 ff.
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beiden Extremen Theil, hat die Vergangenheit noch, und die Zukunft schon in sich: so dass wer in sie die rechte Insicht, den wahren Einblick hat, in ihr und aus ihr die Vergangenheit noch und die Zukunft schon zu diviniren vermag.“ Auch ist es ein guter Gedanke Plutarchs, wenn er darauf aufmerksam macht, dass die mantische oder voraussehende Kraft der Seele im Grunde nicht wunderbarer sei, als die mnemonische oder zurückerinnernde Kraft der selben, d. h. dass es eben so natürlich zugehe, wenn die Seele das noch nicht daseiende Zukünftige vorausempfinde, als wenn sie das nicht mehr daseiende Vergangene nachempfinde. Der _ , dem Voraussehen gerade entgegengesetzt, spricht er, ist die _ , die Zurückerinnerung, jenes wunderbare Vermögen der Seele, wodurch sie das Vergangene bewahrt und gegenwärtig erhält. Denn alles Geschehene ist nicht mehr, – Alles in der Welt, Handlungen, Worte und Affecte entstehen und vergehen, indem die Zeit gleich einem Strome Alles mit sich fortreisst: aber die Gedächtnisskraft der Seele fasst, man weiss nicht wie, das Alles wieder auf und gibt ihm, ob es gleich nicht mehr zugegen ist, das Ansehen und den Schein des Gegenwärtigen, so dass uns das Gedächtniss gleichsam das Gehör für stumme (lautlose) und ein Gesicht für blinde (unsichtbare) Dinge ist. Daher es auch nicht zu verwundern ist, dass die Seele, die über Das, was nicht mehr existirt, so mit viel Gewalt hat, auch Manches, das noch nicht ist, mit dazu nimmt, zumal ihr Letzteres weit angemessener und mit ihrer Neigung übereinstimmender ist. Denn alles Dichten und Trachten der Seele ist ja auf die Zukunft gerichtet, mit der Vergangenheit hat sie nichts weiter zu thun, als dass sie sich ihrer erinnert. Und so schwach und stumpf dieses den Seelen eingeborene Vermögen sein mag so geschieht es doch zuweilen, dass eine aufblühet und davon in Träumen oder bei Mysterien Gebrauch macht. 1)
Die wunderbare Gabe der Seele, das Vergangene wieder in sich entstehen zu lassen, von welcher hier Plutarch spricht und die er mit der verwandten Gabe der
1) Lasaulx, Studien, S. 286 ff.
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