Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.kunde in ihrem ganzen Umfange, fördernd, warnend und schützend zur Seite gestanden wäre, - die Maurerei mehr in der Wissenschaft und wahren Geschichte, und diese mehr in jener gelebt und gewirkt hätte, - wenn die Maurer gelehrter und die Gelehrten öfter Maurer gewesen wären. Statt dessen zog sich die Freimaurerei, zumal in Deutschland, in den Schleier und das Dunkel des Geheimnisses, der Logen und der Brüder zurück, und schwärmte, träumte, phantasirte nach Herzens Lust und Durst, was um so schädlicher und verderblicher um sich griff, als in dem Bruderkreise die schlecht angewandte und missverstandene brüderliche Liebe und Milde nicht gestattete, Irrthum Irrthum, Thorheit Thorheit und Unwahrheit Unwahrheit zu nennen, sondern mit saurer Geduld die seltsamsten und unglaublichsten Dinge angehört und gelesen werden mussten, um ja nicht als unbrüderlich zu gelten und getadelt zu werden. Zuweilen wurden selbst wahrhafte geschichtliche Fabeln und Mährchen als zum s. g. System gehörig und als ein wichtiges, unter 7 Siegel zu legendes Geheimniss mitgetheilt und diesen Fabeln und Mährchen ihre eigene Geschichte geschrieben, wie sich selbst Lessing von der falschen Templerei in der Maurerei nicht frei erhalten konnte. Der wahre Freimaurer sollte aber durch offenen und in der Sache rücksichtlosen Tadel am wenigsten verletzt werden, da es seine heiligste Pflicht ist, nur die Wahrheit zu erforschen und auszubreiten. Unternahmen es einzelne Brüder, wie Krause, Mossdorf und Andere, über die Freimaurerei öffentlich und wissenschaftlich zu schreiben, wurden sie als Verräther geächtet und verfolgt; denn sie hatten mit frevelnder Hand die so gemüthlichen und theuren Traumgebilde zerrissen, - waren aus der beliebten brüderlichen Rolle und Sprache gefallen. Zu verrathen war und ist jedenfalls in der Freimaurerei dermalen Nichts, einerseits weil dieselbe niemals überhaupt wirkliche geschichtliche Geheim- kunde in ihrem ganzen Umfange, fördernd, warnend und schützend zur Seite gestanden wäre, – die Maurerei mehr in der Wissenschaft und wahren Geschichte, und diese mehr in jener gelebt und gewirkt hätte, – wenn die Maurer gelehrter und die Gelehrten öfter Maurer gewesen wären. Statt dessen zog sich die Freimaurerei, zumal in Deutschland, in den Schleier und das Dunkel des Geheimnisses, der Logen und der Brüder zurück, und schwärmte, träumte, phantasirte nach Herzens Lust und Durst, was um so schädlicher und verderblicher um sich griff, als in dem Bruderkreise die schlecht angewandte und missverstandene brüderliche Liebe und Milde nicht gestattete, Irrthum Irrthum, Thorheit Thorheit und Unwahrheit Unwahrheit zu nennen, sondern mit saurer Geduld die seltsamsten und unglaublichsten Dinge angehört und gelesen werden mussten, um ja nicht als unbrüderlich zu gelten und getadelt zu werden. Zuweilen wurden selbst wahrhafte geschichtliche Fabeln und Mährchen als zum s. g. System gehörig und als ein wichtiges, unter 7 Siegel zu legendes Geheimniss mitgetheilt und diesen Fabeln und Mährchen ihre eigene Geschichte geschrieben, wie sich selbst Lessing von der falschen Templerei in der Maurerei nicht frei erhalten konnte. Der wahre Freimaurer sollte aber durch offenen und in der Sache rücksichtlosen Tadel am wenigsten verletzt werden, da es seine heiligste Pflicht ist, nur die Wahrheit zu erforschen und auszubreiten. Unternahmen es einzelne Brüder, wie Krause, Mossdorf und Andere, über die Freimaurerei öffentlich und wissenschaftlich zu schreiben, wurden sie als Verräther geächtet und verfolgt; denn sie hatten mit frevelnder Hand die so gemüthlichen und theuren Traumgebilde zerrissen, – waren aus der beliebten brüderlichen Rolle und Sprache gefallen. Zu verrathen war und ist jedenfalls in der Freimaurerei dermalen Nichts, einerseits weil dieselbe niemals überhaupt wirkliche geschichtliche Geheim- <TEI> <text> <front> <div type="preface"> <p><pb facs="#f0009" n="VII"/> kunde in ihrem ganzen Umfange, fördernd, warnend und schützend zur Seite gestanden wäre, – die Maurerei mehr in der Wissenschaft und wahren Geschichte, und diese mehr in jener gelebt und gewirkt hätte, – wenn die Maurer gelehrter und die Gelehrten öfter Maurer gewesen wären. Statt dessen zog sich die Freimaurerei, zumal in Deutschland, in den Schleier und das Dunkel des Geheimnisses, der Logen und der Brüder zurück, und schwärmte, träumte, phantasirte nach Herzens Lust und Durst, was um so schädlicher und verderblicher um sich griff, als in dem Bruderkreise die schlecht angewandte und missverstandene brüderliche Liebe und Milde nicht gestattete, Irrthum Irrthum, Thorheit Thorheit und Unwahrheit Unwahrheit zu nennen, sondern mit saurer Geduld die seltsamsten und unglaublichsten Dinge angehört und gelesen werden mussten, um ja nicht als unbrüderlich zu gelten und getadelt zu werden. Zuweilen wurden selbst wahrhafte geschichtliche Fabeln und Mährchen als zum s. g. System gehörig und als ein wichtiges, unter 7 Siegel zu legendes Geheimniss mitgetheilt und diesen Fabeln und Mährchen ihre eigene Geschichte geschrieben, wie sich selbst Lessing von der falschen Templerei in der Maurerei nicht frei erhalten konnte. Der wahre Freimaurer sollte aber durch offenen und in der Sache rücksichtlosen Tadel am wenigsten verletzt werden, da es seine heiligste Pflicht ist, nur die Wahrheit zu erforschen und auszubreiten. Unternahmen es einzelne Brüder, wie Krause, Mossdorf und Andere, über die Freimaurerei öffentlich und wissenschaftlich zu schreiben, wurden sie als Verräther geächtet und verfolgt; denn sie hatten mit frevelnder Hand die so gemüthlichen und theuren Traumgebilde zerrissen, – waren aus der beliebten brüderlichen Rolle und Sprache gefallen. Zu verrathen war und ist jedenfalls in der Freimaurerei dermalen Nichts, einerseits weil dieselbe niemals überhaupt wirkliche geschichtliche Geheim- </p> </div> </front> </text> </TEI> [VII/0009]
kunde in ihrem ganzen Umfange, fördernd, warnend und schützend zur Seite gestanden wäre, – die Maurerei mehr in der Wissenschaft und wahren Geschichte, und diese mehr in jener gelebt und gewirkt hätte, – wenn die Maurer gelehrter und die Gelehrten öfter Maurer gewesen wären. Statt dessen zog sich die Freimaurerei, zumal in Deutschland, in den Schleier und das Dunkel des Geheimnisses, der Logen und der Brüder zurück, und schwärmte, träumte, phantasirte nach Herzens Lust und Durst, was um so schädlicher und verderblicher um sich griff, als in dem Bruderkreise die schlecht angewandte und missverstandene brüderliche Liebe und Milde nicht gestattete, Irrthum Irrthum, Thorheit Thorheit und Unwahrheit Unwahrheit zu nennen, sondern mit saurer Geduld die seltsamsten und unglaublichsten Dinge angehört und gelesen werden mussten, um ja nicht als unbrüderlich zu gelten und getadelt zu werden. Zuweilen wurden selbst wahrhafte geschichtliche Fabeln und Mährchen als zum s. g. System gehörig und als ein wichtiges, unter 7 Siegel zu legendes Geheimniss mitgetheilt und diesen Fabeln und Mährchen ihre eigene Geschichte geschrieben, wie sich selbst Lessing von der falschen Templerei in der Maurerei nicht frei erhalten konnte. Der wahre Freimaurer sollte aber durch offenen und in der Sache rücksichtlosen Tadel am wenigsten verletzt werden, da es seine heiligste Pflicht ist, nur die Wahrheit zu erforschen und auszubreiten. Unternahmen es einzelne Brüder, wie Krause, Mossdorf und Andere, über die Freimaurerei öffentlich und wissenschaftlich zu schreiben, wurden sie als Verräther geächtet und verfolgt; denn sie hatten mit frevelnder Hand die so gemüthlichen und theuren Traumgebilde zerrissen, – waren aus der beliebten brüderlichen Rolle und Sprache gefallen. Zu verrathen war und ist jedenfalls in der Freimaurerei dermalen Nichts, einerseits weil dieselbe niemals überhaupt wirkliche geschichtliche Geheim-
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Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. VII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/9>, abgerufen am 16.07.2024. |