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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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sich ja die Juden niemals abgegeben haben, und wesentlich nur die Morallehre und Arzneiwissenschaft, die Heilkunst der Seele oder des Geistes und des Körpers beibehaltend. Da der grössere Theil der jüdischen Essäer (zu Josephus und Philo's Zeiten sollen nach deren Zeugniss 4000 gewesen sein) das unverehelichte Leben als das allein angemessene erklärte, suchten sie ihren Bund dadurch fortzuerhalten, dass sie junge, tüchtige Knaben bei sich aufnahmen, erzogen und bildeten, wie denn vielfach ist behauptet worden, dass auch Johannes der Täufer und Christus selbst essäische Zöglinge und Sendlinge gewesen seien, den Essäern also an dem Aufkommen und der Verbreitung des Christenthums ein wesentlicher Antheil gebühre. - Leutbecher sagt von Johannes, S. 27: "Johannes der Täufer war Essäer, hebräischer Freimaurer, wie es alle Glieder de Stammes Levi waren, dem er angehörte. Er trug stets das Symbol der Essäer oder Chaschdim, die Spade (Matth. 3, 22)." Das Letztere ist völlig unwahr; denn Johannes spricht, Matth. 3, 11 u. 12, wörtlich: "Ich zwar taufe euch mit Wasser zur Busse; der aber nach mir kömmt, ist stärker als ich, dem ich nicht genugsam bin, die Schuhe zu tragen: derselbe wird euch mit dem heiligen Geiste und mit Feuer taufen. Dieser (Christus und nicht Johannes) hat die Wurfschaufel in seiner Hand, und wird seine Tenne säubern, und seinen Weizen in die Scheune sammeln; die Spreu aber wird er mit unauslöschlichem Feuer verbrennen."

In dem Feste Johannis des Täufers begehen die Maurer das Jahresfest ihres Schutzheiligen, und sie haben Johannes den Täufer, wie John Poynel im Jahr 1555 der Königin Maria von England versichert haben soll, deshalb zu ihrem Schutzheiligen erwählt, weil er lehrte, dass Der, welcher zwei Kleider habe, eines davon dem Dürftigen geben, Wer aber Speise habe, auch diese mit Dürftigen theilen, überhaupt ein Jeder mit Dem, was er habe, zufrieden sein und sittlich leben solle. Schon darnach ist mithin Johannes der Täufer den Maurern Vorbild der Menschenliebe und Barmherzigkeit, der Enthaltsamkeit und Zufriedenheit, der Sittlichkeit; vorzugsweise sollte Johannes Vorbild der Mildthätigkeit sein, wie es auch im Mittel-

sich ja die Juden niemals abgegeben haben, und wesentlich nur die Morallehre und Arzneiwissenschaft, die Heilkunst der Seele oder des Geistes und des Körpers beibehaltend. Da der grössere Theil der jüdischen Essäer (zu Josephus und Philo’s Zeiten sollen nach deren Zeugniss 4000 gewesen sein) das unverehelichte Leben als das allein angemessene erklärte, suchten sie ihren Bund dadurch fortzuerhalten, dass sie junge, tüchtige Knaben bei sich aufnahmen, erzogen und bildeten, wie denn vielfach ist behauptet worden, dass auch Johannes der Täufer und Christus selbst essäische Zöglinge und Sendlinge gewesen seien, den Essäern also an dem Aufkommen und der Verbreitung des Christenthums ein wesentlicher Antheil gebühre. – Leutbecher sagt von Johannes, S. 27: „Johannes der Täufer war Essäer, hebräischer Freimaurer, wie es alle Glieder de Stammes Levi waren, dem er angehörte. Er trug stets das Symbol der Essäer oder Chaschdim, die Spade (Matth. 3, 22).“ Das Letztere ist völlig unwahr; denn Johannes spricht, Matth. 3, 11 u. 12, wörtlich: „Ich zwar taufe euch mit Wasser zur Busse; der aber nach mir kömmt, ist stärker als ich, dem ich nicht genugsam bin, die Schuhe zu tragen: derselbe wird euch mit dem heiligen Geiste und mit Feuer taufen. Dieser (Christus und nicht Johannes) hat die Wurfschaufel in seiner Hand, und wird seine Tenne säubern, und seinen Weizen in die Scheune sammeln; die Spreu aber wird er mit unauslöschlichem Feuer verbrennen.“

In dem Feste Johannis des Täufers begehen die Maurer das Jahresfest ihres Schutzheiligen, und sie haben Johannes den Täufer, wie John Poynel im Jahr 1555 der Königin Maria von England versichert haben soll, deshalb zu ihrem Schutzheiligen erwählt, weil er lehrte, dass Der, welcher zwei Kleider habe, eines davon dem Dürftigen geben, Wer aber Speise habe, auch diese mit Dürftigen theilen, überhaupt ein Jeder mit Dem, was er habe, zufrieden sein und sittlich leben solle. Schon darnach ist mithin Johannes der Täufer den Maurern Vorbild der Menschenliebe und Barmherzigkeit, der Enthaltsamkeit und Zufriedenheit, der Sittlichkeit; vorzugsweise sollte Johannes Vorbild der Mildthätigkeit sein, wie es auch im Mittel-

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 habe, eines davon dem Dürftigen geben, Wer aber Speise habe, auch diese mit Dürftigen theilen,
 überhaupt ein Jeder mit Dem, was er habe, zufrieden sein und sittlich leben solle. Schon darnach ist
 mithin Johannes der Täufer den Maurern Vorbild der Menschenliebe und Barmherzigkeit, der
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[555/0571] sich ja die Juden niemals abgegeben haben, und wesentlich nur die Morallehre und Arzneiwissenschaft, die Heilkunst der Seele oder des Geistes und des Körpers beibehaltend. Da der grössere Theil der jüdischen Essäer (zu Josephus und Philo’s Zeiten sollen nach deren Zeugniss 4000 gewesen sein) das unverehelichte Leben als das allein angemessene erklärte, suchten sie ihren Bund dadurch fortzuerhalten, dass sie junge, tüchtige Knaben bei sich aufnahmen, erzogen und bildeten, wie denn vielfach ist behauptet worden, dass auch Johannes der Täufer und Christus selbst essäische Zöglinge und Sendlinge gewesen seien, den Essäern also an dem Aufkommen und der Verbreitung des Christenthums ein wesentlicher Antheil gebühre. – Leutbecher sagt von Johannes, S. 27: „Johannes der Täufer war Essäer, hebräischer Freimaurer, wie es alle Glieder de Stammes Levi waren, dem er angehörte. Er trug stets das Symbol der Essäer oder Chaschdim, die Spade (Matth. 3, 22).“ Das Letztere ist völlig unwahr; denn Johannes spricht, Matth. 3, 11 u. 12, wörtlich: „Ich zwar taufe euch mit Wasser zur Busse; der aber nach mir kömmt, ist stärker als ich, dem ich nicht genugsam bin, die Schuhe zu tragen: derselbe wird euch mit dem heiligen Geiste und mit Feuer taufen. Dieser (Christus und nicht Johannes) hat die Wurfschaufel in seiner Hand, und wird seine Tenne säubern, und seinen Weizen in die Scheune sammeln; die Spreu aber wird er mit unauslöschlichem Feuer verbrennen.“ In dem Feste Johannis des Täufers begehen die Maurer das Jahresfest ihres Schutzheiligen, und sie haben Johannes den Täufer, wie John Poynel im Jahr 1555 der Königin Maria von England versichert haben soll, deshalb zu ihrem Schutzheiligen erwählt, weil er lehrte, dass Der, welcher zwei Kleider habe, eines davon dem Dürftigen geben, Wer aber Speise habe, auch diese mit Dürftigen theilen, überhaupt ein Jeder mit Dem, was er habe, zufrieden sein und sittlich leben solle. Schon darnach ist mithin Johannes der Täufer den Maurern Vorbild der Menschenliebe und Barmherzigkeit, der Enthaltsamkeit und Zufriedenheit, der Sittlichkeit; vorzugsweise sollte Johannes Vorbild der Mildthätigkeit sein, wie es auch im Mittel-

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/571>, abgerufen am 23.11.2024.