Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

nascitur." Nimmt man hiezu noch, was die Commentatoren des Talmud von den Chaschdin sagen, dass sie freie Bauleute, Freimaurer gewesen seien, und dass die hebräischen Freimaurer unter den verschiedenen bereits angegebenenNamen bis auf die Zeit Abrahams zurückreichen, - so lässt sich nicht leicht mehr an dem hohen Alter der Essäer zweifeln. Ob sie als Körperschaft schon vor Moses in Aegypten entstanden sind, oder erst unter Moses gleichsam als Hülfsinstitut zur Bewahrung des Monotheismus und der darauf sich stützenden Civilisation dem Stande der Leviten beigegeben wurden, das lässt sich nicht mit Gewissheit entscheiden; das Letztere ist mir jedoch das Wahrscheinlichere, denn Philo selbst führt und deutet darauf. Vielleicht bestanden sie schon vor Moses in Aegypten, um unter dem Druck der Pharaonen ihrer Väter Glauben und Lehren zu bewahren. Wenn Gfrörer nach einer Stelle in Josephus' "Alterthümern" (XIII. 5, §. 9) das Auftreten der Essäer in die Zeit des Priesters Jonathan (152 v. Chr.) bestimmt, oder um 170 v. Chr., und Bellermann es mit Andern auf 166 v. Chr. setzt, so ist damit der obigen Annahme eines höhern Alters nicht widersprochen, sondern es ist damit nur bezeichnet, dass die Essäer um diese Zeit, eben in politisch-religiöse Kämpfe verwickelt, eine öffentliche Bedeutsamkeit gewonnen hatten, während sie vorher weit mehr im Stillen lebten und wirkten. Weder Josephus, noch Philo enthält eine Stelle, welche ausdrücklich sagte, dass erst um diese Zeit und nur um diese Zeit die Verbrüderung der Essäer mit der sogenannten Johannis-Maurerei zusammen entstanden sei, die wir in dem Talmud, in der Abhandlung Joma und im Midrasch Rabba, Buch Bamidler, im Abschnitte Bechalotheha bezeichnet finden, und die für die drei grossen Gebiete der Gottinnigkeit, der Menschheit-Innigkeit und des Menschheit-Vereinlebens das grosse Prinzip der Freiheit aufstellte und sagte: "Ein Gott! Ein die Menschheit ehrender Staat mit Einem Oberhaupte! Eine Menschenliebe!"

Wir haben absichtlich die falschen und theilweise sehr unhistorischen Behauptungen des Br. Leutbecher so ausführlich mitgetheilt, um an einem deutschen neuesten

nascitur.“ Nimmt man hiezu noch, was die Commentatoren des Talmud von den Chaschdin sagen, dass sie freie Bauleute, Freimaurer gewesen seien, und dass die hebräischen Freimaurer unter den verschiedenen bereits angegebenenNamen bis auf die Zeit Abrahams zurückreichen, – so lässt sich nicht leicht mehr an dem hohen Alter der Essäer zweifeln. Ob sie als Körperschaft schon vor Moses in Aegypten entstanden sind, oder erst unter Moses gleichsam als Hülfsinstitut zur Bewahrung des Monotheismus und der darauf sich stützenden Civilisation dem Stande der Leviten beigegeben wurden, das lässt sich nicht mit Gewissheit entscheiden; das Letztere ist mir jedoch das Wahrscheinlichere, denn Philo selbst führt und deutet darauf. Vielleicht bestanden sie schon vor Moses in Aegypten, um unter dem Druck der Pharaonen ihrer Väter Glauben und Lehren zu bewahren. Wenn Gfrörer nach einer Stelle in Josephus’ „Alterthümern“ (XIII. 5, §. 9) das Auftreten der Essäer in die Zeit des Priesters Jonathan (152 v. Chr.) bestimmt, oder um 170 v. Chr., und Bellermann es mit Andern auf 166 v. Chr. setzt, so ist damit der obigen Annahme eines höhern Alters nicht widersprochen, sondern es ist damit nur bezeichnet, dass die Essäer um diese Zeit, eben in politisch-religiöse Kämpfe verwickelt, eine öffentliche Bedeutsamkeit gewonnen hatten, während sie vorher weit mehr im Stillen lebten und wirkten. Weder Josephus, noch Philo enthält eine Stelle, welche ausdrücklich sagte, dass erst um diese Zeit und nur um diese Zeit die Verbrüderung der Essäer mit der sogenannten Johannis-Maurerei zusammen entstanden sei, die wir in dem Talmud, in der Abhandlung Joma und im Midrasch Rabba, Buch Bamidler, im Abschnitte Bechalotheha bezeichnet finden, und die für die drei grossen Gebiete der Gottinnigkeit, der Menschheit-Innigkeit und des Menschheit-Vereinlebens das grosse Prinzip der Freiheit aufstellte und sagte: „Ein Gott! Ein die Menschheit ehrender Staat mit Einem Oberhaupte! Eine Menschenliebe!“

Wir haben absichtlich die falschen und theilweise sehr unhistorischen Behauptungen des Br. Leutbecher so ausführlich mitgetheilt, um an einem deutschen neuesten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0563" n="547"/>
nascitur.&#x201C; Nimmt man
 hiezu noch, was die Commentatoren des Talmud von den Chaschdin sagen, dass sie freie Bauleute,
 Freimaurer gewesen seien, und dass die hebräischen Freimaurer unter den verschiedenen bereits
 angegebenenNamen bis auf die Zeit Abrahams zurückreichen, &#x2013; so lässt sich nicht leicht mehr an dem
 hohen Alter der Essäer zweifeln. Ob sie als Körperschaft schon vor Moses in Aegypten entstanden
 sind, oder erst unter Moses gleichsam als Hülfsinstitut zur Bewahrung des Monotheismus und der
 darauf sich stützenden Civilisation dem Stande der Leviten beigegeben wurden, das lässt sich nicht
 mit Gewissheit entscheiden; das Letztere ist mir jedoch das Wahrscheinlichere, denn Philo selbst
 führt und deutet darauf. Vielleicht bestanden sie schon vor Moses in Aegypten, um unter dem Druck
 der Pharaonen ihrer Väter Glauben und Lehren zu bewahren. Wenn Gfrörer nach einer Stelle in
 Josephus&#x2019; &#x201E;Alterthümern&#x201C; (XIII. 5, §. 9) das Auftreten der Essäer in die
 Zeit des Priesters Jonathan (152 v. Chr.) bestimmt, oder um 170 v. Chr., und Bellermann es mit
 Andern auf 166 v. Chr. setzt, so ist damit der obigen Annahme eines höhern Alters nicht
 widersprochen, sondern es ist damit nur bezeichnet, dass die Essäer um diese Zeit, eben in
 politisch-religiöse Kämpfe verwickelt, eine öffentliche Bedeutsamkeit gewonnen hatten, während sie
 vorher weit mehr im Stillen lebten und wirkten. Weder Josephus, noch Philo enthält eine Stelle,
 welche ausdrücklich sagte, dass erst um diese Zeit und nur um diese Zeit die Verbrüderung der Essäer
 mit der sogenannten Johannis-Maurerei zusammen entstanden sei, die wir in dem Talmud, in der
 Abhandlung Joma und im Midrasch Rabba, Buch Bamidler, im Abschnitte Bechalotheha bezeichnet finden,
 und die für die drei grossen Gebiete der Gottinnigkeit, der Menschheit-Innigkeit und des
 Menschheit-Vereinlebens das grosse Prinzip der Freiheit aufstellte und sagte: &#x201E;Ein Gott! Ein die
 Menschheit ehrender Staat mit Einem Oberhaupte! Eine Menschenliebe!&#x201C;</p>
        <p> Wir haben absichtlich die falschen und theilweise sehr unhistorischen Behauptungen des Br.
 Leutbecher so ausführlich mitgetheilt, um an einem deutschen neuesten
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[547/0563] nascitur.“ Nimmt man hiezu noch, was die Commentatoren des Talmud von den Chaschdin sagen, dass sie freie Bauleute, Freimaurer gewesen seien, und dass die hebräischen Freimaurer unter den verschiedenen bereits angegebenenNamen bis auf die Zeit Abrahams zurückreichen, – so lässt sich nicht leicht mehr an dem hohen Alter der Essäer zweifeln. Ob sie als Körperschaft schon vor Moses in Aegypten entstanden sind, oder erst unter Moses gleichsam als Hülfsinstitut zur Bewahrung des Monotheismus und der darauf sich stützenden Civilisation dem Stande der Leviten beigegeben wurden, das lässt sich nicht mit Gewissheit entscheiden; das Letztere ist mir jedoch das Wahrscheinlichere, denn Philo selbst führt und deutet darauf. Vielleicht bestanden sie schon vor Moses in Aegypten, um unter dem Druck der Pharaonen ihrer Väter Glauben und Lehren zu bewahren. Wenn Gfrörer nach einer Stelle in Josephus’ „Alterthümern“ (XIII. 5, §. 9) das Auftreten der Essäer in die Zeit des Priesters Jonathan (152 v. Chr.) bestimmt, oder um 170 v. Chr., und Bellermann es mit Andern auf 166 v. Chr. setzt, so ist damit der obigen Annahme eines höhern Alters nicht widersprochen, sondern es ist damit nur bezeichnet, dass die Essäer um diese Zeit, eben in politisch-religiöse Kämpfe verwickelt, eine öffentliche Bedeutsamkeit gewonnen hatten, während sie vorher weit mehr im Stillen lebten und wirkten. Weder Josephus, noch Philo enthält eine Stelle, welche ausdrücklich sagte, dass erst um diese Zeit und nur um diese Zeit die Verbrüderung der Essäer mit der sogenannten Johannis-Maurerei zusammen entstanden sei, die wir in dem Talmud, in der Abhandlung Joma und im Midrasch Rabba, Buch Bamidler, im Abschnitte Bechalotheha bezeichnet finden, und die für die drei grossen Gebiete der Gottinnigkeit, der Menschheit-Innigkeit und des Menschheit-Vereinlebens das grosse Prinzip der Freiheit aufstellte und sagte: „Ein Gott! Ein die Menschheit ehrender Staat mit Einem Oberhaupte! Eine Menschenliebe!“ Wir haben absichtlich die falschen und theilweise sehr unhistorischen Behauptungen des Br. Leutbecher so ausführlich mitgetheilt, um an einem deutschen neuesten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/563
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 547. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/563>, abgerufen am 18.05.2024.