Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

positor, ein Knecht und zwei Jungen, deren einer auch Postulatvater sein konnte. Der Lehrjunge, Cornut geheissen, erscheint dabei mit einem Hute auf dem Kopfe, an dessen Seiten Ochsenhörner angebracht sind, und mit andern Narrenzeichen am Leibe. Aus den Gebräuchen der Deposition der Buchdrucker mag nur hervorgehoben werden, dass sich dabei der Novize, wie natürlich auch bei der akademischen Deposition, in einem Spiegel betrachten musste, ob er nicht der schönste Galan sei.1) Obwohl hier das Symbol des auch maurerischen Spiegels schon verdunkelt und abgeschwächt erscheint, enthält es dennoch eine gewichtige Bestätigung für die vorhin geäusserte Ansicht, dass der akademischen Deposition und der ihr nachgebildeten Deposition der Buchdrucker dionysischer Cultus, die dionysischen Mysterien zu Grunde liegen, indem ihnen der Spiegel als Symbol angehört. Dieser Spiegel ist sogar in das sehr merkwürdige und zuerst von Schade, a. a. O., S. 383 ff., beschriebene Hobeln und Rasieren der Bauernbursche in den türingischen Dörfern, wie dasselbe bis in die vierziger Jahre dort in Uebung war und zum Theil noch ist, übergegangen.2) Bei den türingischen Bauernburschen war der Spiegel ein Sieb, in welches der mit einem Ziegelsteine und mit Sand durch ein hölzernes Rasiermesser Rasierte schauen musste, um sich zu überzeugen, ob er auch gut balbirt und frisirt sei, da man ihnen zugleich mit einer hölzernen Scheere zum Scheine die Haare abgeschnitten hatte. Durch das Hobeln und Rasieren wurde man in den Bund der Bauernbursche aufgenommen, geburschet, wie die verwandte Aufnahme in die junge Mannschaft in Kurhessen genannt wird,3) - es war also eine förmliche Deposition der Bauernbursche. Wenn alle Hobelbaren gehobelt waren, wurden die Artikel aus dem in einer Lade verwahrten Bundesbuche den neuen.Mitgliedern zur Belehrung, den ältern zur Erinnerung verlesen. Es wurde Allen eingeschärft, sich als ehrliche Bursche aufzuführen und keinerlei Unsittlichkeiten in Wort und That zu be-

1) Schade, S. 381 unten.
2) Schade, S. 387 oben.
3) Mülhause, Urreligion, S. 177.

positor, ein Knecht und zwei Jungen, deren einer auch Postulatvater sein konnte. Der Lehrjunge, Cornut geheissen, erscheint dabei mit einem Hute auf dem Kopfe, an dessen Seiten Ochsenhörner angebracht sind, und mit andern Narrenzeichen am Leibe. Aus den Gebräuchen der Deposition der Buchdrucker mag nur hervorgehoben werden, dass sich dabei der Novize, wie natürlich auch bei der akademischen Deposition, in einem Spiegel betrachten musste, ob er nicht der schönste Galan sei.1) Obwohl hier das Symbol des auch maurerischen Spiegels schon verdunkelt und abgeschwächt erscheint, enthält es dennoch eine gewichtige Bestätigung für die vorhin geäusserte Ansicht, dass der akademischen Deposition und der ihr nachgebildeten Deposition der Buchdrucker dionysischer Cultus, die dionysischen Mysterien zu Grunde liegen, indem ihnen der Spiegel als Symbol angehört. Dieser Spiegel ist sogar in das sehr merkwürdige und zuerst von Schade, a. a. O., S. 383 ff., beschriebene Hobeln und Rasieren der Bauernbursche in den türingischen Dörfern, wie dasselbe bis in die vierziger Jahre dort in Uebung war und zum Theil noch ist, übergegangen.2) Bei den türingischen Bauernburschen war der Spiegel ein Sieb, in welches der mit einem Ziegelsteine und mit Sand durch ein hölzernes Rasiermesser Rasierte schauen musste, um sich zu überzeugen, ob er auch gut balbirt und frisirt sei, da man ihnen zugleich mit einer hölzernen Scheere zum Scheine die Haare abgeschnitten hatte. Durch das Hobeln und Rasieren wurde man in den Bund der Bauernbursche aufgenommen, geburschet, wie die verwandte Aufnahme in die junge Mannschaft in Kurhessen genannt wird,3) – es war also eine förmliche Deposition der Bauernbursche. Wenn alle Hobelbaren gehobelt waren, wurden die Artikel aus dem in einer Lade verwahrten Bundesbuche den neuen.Mitgliedern zur Belehrung, den ältern zur Erinnerung verlesen. Es wurde Allen eingeschärft, sich als ehrliche Bursche aufzuführen und keinerlei Unsittlichkeiten in Wort und That zu be-

1) Schade, S. 381 unten.
2) Schade, S. 387 oben.
3) Mülhause, Urreligion, S. 177.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0516" n="500"/>
positor, ein Knecht und zwei Jungen, deren einer auch Postulatvater sein konnte. Der Lehrjunge,
 Cornut geheissen, erscheint dabei mit einem Hute auf dem Kopfe, an dessen Seiten Ochsenhörner
 angebracht sind, und mit andern Narrenzeichen am Leibe. Aus den Gebräuchen der Deposition der
 Buchdrucker mag nur hervorgehoben werden, dass sich dabei der Novize, wie natürlich auch bei der
 akademischen Deposition, in einem Spiegel betrachten musste, ob er nicht der schönste Galan
 sei.<note place="foot" n="1)">Schade, S. 381 unten.</note> Obwohl hier das Symbol des auch
 maurerischen Spiegels schon verdunkelt und abgeschwächt erscheint, enthält es dennoch eine
 gewichtige Bestätigung für die vorhin geäusserte Ansicht, dass der akademischen Deposition und der
 ihr nachgebildeten Deposition der Buchdrucker dionysischer Cultus, die dionysischen Mysterien zu
 Grunde liegen, indem ihnen der Spiegel als Symbol angehört. Dieser Spiegel ist sogar in das sehr
 merkwürdige und zuerst von Schade, a. a. O., S. 383 ff., beschriebene Hobeln und Rasieren der
 Bauernbursche in den türingischen Dörfern, wie dasselbe bis in die vierziger Jahre dort in Uebung
 war und zum Theil noch ist, übergegangen.<note place="foot" n="2)">Schade, S. 387 oben.</note> Bei
 den türingischen Bauernburschen war der Spiegel ein Sieb, in welches der mit einem Ziegelsteine und
 mit Sand durch ein hölzernes Rasiermesser Rasierte schauen musste, um sich zu überzeugen, ob er auch
 gut balbirt und frisirt sei, da man ihnen zugleich mit einer hölzernen Scheere zum Scheine die Haare
 abgeschnitten hatte. Durch das Hobeln und Rasieren wurde man in den Bund der Bauernbursche
 aufgenommen, geburschet, wie die verwandte Aufnahme in die junge Mannschaft in Kurhessen genannt
 wird,<note place="foot" n="3)">Mülhause, Urreligion, S. 177. </note> &#x2013; es war also eine förmliche
 Deposition der Bauernbursche. Wenn alle Hobelbaren gehobelt waren, wurden die Artikel aus dem in
 einer Lade verwahrten Bundesbuche den neuen.Mitgliedern zur Belehrung, den ältern zur Erinnerung
 verlesen. Es wurde Allen eingeschärft, sich als ehrliche Bursche aufzuführen und keinerlei
 Unsittlichkeiten in Wort und That zu be-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[500/0516] positor, ein Knecht und zwei Jungen, deren einer auch Postulatvater sein konnte. Der Lehrjunge, Cornut geheissen, erscheint dabei mit einem Hute auf dem Kopfe, an dessen Seiten Ochsenhörner angebracht sind, und mit andern Narrenzeichen am Leibe. Aus den Gebräuchen der Deposition der Buchdrucker mag nur hervorgehoben werden, dass sich dabei der Novize, wie natürlich auch bei der akademischen Deposition, in einem Spiegel betrachten musste, ob er nicht der schönste Galan sei. 1) Obwohl hier das Symbol des auch maurerischen Spiegels schon verdunkelt und abgeschwächt erscheint, enthält es dennoch eine gewichtige Bestätigung für die vorhin geäusserte Ansicht, dass der akademischen Deposition und der ihr nachgebildeten Deposition der Buchdrucker dionysischer Cultus, die dionysischen Mysterien zu Grunde liegen, indem ihnen der Spiegel als Symbol angehört. Dieser Spiegel ist sogar in das sehr merkwürdige und zuerst von Schade, a. a. O., S. 383 ff., beschriebene Hobeln und Rasieren der Bauernbursche in den türingischen Dörfern, wie dasselbe bis in die vierziger Jahre dort in Uebung war und zum Theil noch ist, übergegangen. 2) Bei den türingischen Bauernburschen war der Spiegel ein Sieb, in welches der mit einem Ziegelsteine und mit Sand durch ein hölzernes Rasiermesser Rasierte schauen musste, um sich zu überzeugen, ob er auch gut balbirt und frisirt sei, da man ihnen zugleich mit einer hölzernen Scheere zum Scheine die Haare abgeschnitten hatte. Durch das Hobeln und Rasieren wurde man in den Bund der Bauernbursche aufgenommen, geburschet, wie die verwandte Aufnahme in die junge Mannschaft in Kurhessen genannt wird, 3) – es war also eine förmliche Deposition der Bauernbursche. Wenn alle Hobelbaren gehobelt waren, wurden die Artikel aus dem in einer Lade verwahrten Bundesbuche den neuen.Mitgliedern zur Belehrung, den ältern zur Erinnerung verlesen. Es wurde Allen eingeschärft, sich als ehrliche Bursche aufzuführen und keinerlei Unsittlichkeiten in Wort und That zu be- 1) Schade, S. 381 unten. 2) Schade, S. 387 oben. 3) Mülhause, Urreligion, S. 177.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/516
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/516>, abgerufen am 19.05.2024.