Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

glückliche Ernte und überhaupt ein gesenetes Jahr zu erflehen, wenngleich natürlich mit diesen Processionen keine Thieropfer verbunden sind. Bei den Maurern wird der Lichtsuchende durch das dreimalige Herumführen durch das Feuer, das Wasser und die Erde selbst gesühnt und gereinigt, lustratur. Dem Feuer und dem Wasser eine besondere reinigende und sühnende Kraft und Wirkung beizulegen, darf als eine allen Völkern des Alterthums gemeinsame Vorstellung angesehen werden, welche Vorstellung vorzüglich auch in den Mysterien der Isis, des Dionysos u. s. w. hervortritt.1) Wie bei den Maurern drei Reinigungsmittel erscheinen, waren auch im dionysischen Cultus drei Reinigungsmittel, Wasser, Feuer und Luft gebräuchlich. Aus der Vorstellung des Feuers als eines Reinigungs- und Sühnungsmittels ist es wesentlich hervorgegangen, dass der unterweltliche Aufenthaltsort der unreinen und strafbaren Seelen vielfach als eine Feuerstätte gedacht und geschildert wird, worin die Mängel und Sünden, die Unreinigkeiten und Schlaken der Seelen gleich wie aus einem Metalle herausgeschmolzen und gebrannt werden, um dadurch wieder zu geläuterten und gereinigten Seelen zu werden, um zu Licht zu werden und als Licht wieder in das Licht, in den Himmel zu Gott zurückkehren zu können. Das Böse, die Sünde ist eine Verunreinigung und Befleckung,2) eine Beschmutzung und Verdunkelung des uns beseelenden reinen göttlichen Geistes und muss nothwendig getilgt, hinweggenommen und ausgebrannt werden, bevor wir uns als Licht wieder mit dem Lichte vereinigen und verbinden können und dürfen. Die Hölle und das Fegefeuer selbst erscheinen auf diese Weise nach einer tiefern Betrachtung als die Pforten, als die Vorbereitungs- und Uebergangsorte der Verklärung und des Himmels und dieser Gedanke sollte vielleicht ausgedrückt werden, wenn nach der parsischen Lehre am Ende der Dinge Ahriman mit allen Bösen sich bekehren und zurückkehren soll, um Eine gute und reine Heerde

1) Bachofen, Gräbersymbolik, S. 104.
2) Bei den Griechen [fremdsprachliches Material] genannt; vergl.Schoemann, griech. Alterthümer, II. S. 319.

glückliche Ernte und überhaupt ein gesenetes Jahr zu erflehen, wenngleich natürlich mit diesen Processionen keine Thieropfer verbunden sind. Bei den Maurern wird der Lichtsuchende durch das dreimalige Herumführen durch das Feuer, das Wasser und die Erde selbst gesühnt und gereinigt, lustratur. Dem Feuer und dem Wasser eine besondere reinigende und sühnende Kraft und Wirkung beizulegen, darf als eine allen Völkern des Alterthums gemeinsame Vorstellung angesehen werden, welche Vorstellung vorzüglich auch in den Mysterien der Isis, des Dionysos u. s. w. hervortritt.1) Wie bei den Maurern drei Reinigungsmittel erscheinen, waren auch im dionysischen Cultus drei Reinigungsmittel, Wasser, Feuer und Luft gebräuchlich. Aus der Vorstellung des Feuers als eines Reinigungs- und Sühnungsmittels ist es wesentlich hervorgegangen, dass der unterweltliche Aufenthaltsort der unreinen und strafbaren Seelen vielfach als eine Feuerstätte gedacht und geschildert wird, worin die Mängel und Sünden, die Unreinigkeiten und Schlaken der Seelen gleich wie aus einem Metalle herausgeschmolzen und gebrannt werden, um dadurch wieder zu geläuterten und gereinigten Seelen zu werden, um zu Licht zu werden und als Licht wieder in das Licht, in den Himmel zu Gott zurückkehren zu können. Das Böse, die Sünde ist eine Verunreinigung und Befleckung,2) eine Beschmutzung und Verdunkelung des uns beseelenden reinen göttlichen Geistes und muss nothwendig getilgt, hinweggenommen und ausgebrannt werden, bevor wir uns als Licht wieder mit dem Lichte vereinigen und verbinden können und dürfen. Die Hölle und das Fegefeuer selbst erscheinen auf diese Weise nach einer tiefern Betrachtung als die Pforten, als die Vorbereitungs- und Uebergangsorte der Verklärung und des Himmels und dieser Gedanke sollte vielleicht ausgedrückt werden, wenn nach der parsischen Lehre am Ende der Dinge Ahriman mit allen Bösen sich bekehren und zurückkehren soll, um Eine gute und reine Heerde

1) Bachofen, Gräbersymbolik, S. 104.
2) Bei den Griechen [fremdsprachliches Material] genannt; vergl.Schoemann, griech. Alterthümer, II. S. 319.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0477" n="461"/>
glückliche Ernte und überhaupt ein gesenetes Jahr zu
 erflehen, wenngleich natürlich mit diesen Processionen keine Thieropfer verbunden sind. Bei den
 Maurern wird der Lichtsuchende durch das dreimalige Herumführen durch das Feuer, das Wasser und die
 Erde selbst gesühnt und gereinigt, lustratur. Dem Feuer und dem Wasser eine besondere reinigende und
 sühnende Kraft und Wirkung beizulegen, darf als eine allen Völkern des Alterthums gemeinsame
 Vorstellung angesehen werden, welche Vorstellung vorzüglich auch in den Mysterien der Isis, des
 Dionysos u. s. w. hervortritt.<note place="foot" n="1)">Bachofen, Gräbersymbolik, S. 104.</note> Wie
 bei den Maurern drei Reinigungsmittel erscheinen, waren auch im dionysischen Cultus drei
 Reinigungsmittel, Wasser, Feuer und Luft gebräuchlich. Aus der Vorstellung des Feuers als eines Reinigungs- und Sühnungsmittels ist es wesentlich hervorgegangen, dass der unterweltliche
 Aufenthaltsort der unreinen und strafbaren Seelen vielfach als eine Feuerstätte gedacht und
 geschildert wird, worin die Mängel und Sünden, die Unreinigkeiten und Schlaken der Seelen gleich wie
 aus einem Metalle herausgeschmolzen und gebrannt werden, um dadurch wieder zu geläuterten und
 gereinigten Seelen zu werden, um zu Licht zu werden und als Licht wieder in das Licht, in den Himmel
 zu Gott zurückkehren zu können. Das Böse, die Sünde ist eine Verunreinigung und Befleckung,<note place="foot" n="2)">Bei den Griechen <foreign xml:lang="ell"><gap reason="fm"/></foreign> genannt;
 vergl.Schoemann, griech. Alterthümer, II. S. 319. </note> eine Beschmutzung und Verdunkelung des uns
 beseelenden reinen göttlichen Geistes und muss nothwendig getilgt, hinweggenommen und ausgebrannt
 werden, bevor wir uns als Licht wieder mit dem Lichte vereinigen und verbinden können und dürfen.
 Die Hölle und das Fegefeuer selbst erscheinen auf diese Weise nach einer tiefern Betrachtung als die
 Pforten, als die Vorbereitungs- und Uebergangsorte der Verklärung und des Himmels und dieser Gedanke
 sollte vielleicht ausgedrückt werden, wenn nach der parsischen Lehre am Ende der Dinge Ahriman mit
 allen Bösen sich bekehren und zurückkehren soll, um Eine gute und reine Heerde
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[461/0477] glückliche Ernte und überhaupt ein gesenetes Jahr zu erflehen, wenngleich natürlich mit diesen Processionen keine Thieropfer verbunden sind. Bei den Maurern wird der Lichtsuchende durch das dreimalige Herumführen durch das Feuer, das Wasser und die Erde selbst gesühnt und gereinigt, lustratur. Dem Feuer und dem Wasser eine besondere reinigende und sühnende Kraft und Wirkung beizulegen, darf als eine allen Völkern des Alterthums gemeinsame Vorstellung angesehen werden, welche Vorstellung vorzüglich auch in den Mysterien der Isis, des Dionysos u. s. w. hervortritt. 1) Wie bei den Maurern drei Reinigungsmittel erscheinen, waren auch im dionysischen Cultus drei Reinigungsmittel, Wasser, Feuer und Luft gebräuchlich. Aus der Vorstellung des Feuers als eines Reinigungs- und Sühnungsmittels ist es wesentlich hervorgegangen, dass der unterweltliche Aufenthaltsort der unreinen und strafbaren Seelen vielfach als eine Feuerstätte gedacht und geschildert wird, worin die Mängel und Sünden, die Unreinigkeiten und Schlaken der Seelen gleich wie aus einem Metalle herausgeschmolzen und gebrannt werden, um dadurch wieder zu geläuterten und gereinigten Seelen zu werden, um zu Licht zu werden und als Licht wieder in das Licht, in den Himmel zu Gott zurückkehren zu können. Das Böse, die Sünde ist eine Verunreinigung und Befleckung, 2) eine Beschmutzung und Verdunkelung des uns beseelenden reinen göttlichen Geistes und muss nothwendig getilgt, hinweggenommen und ausgebrannt werden, bevor wir uns als Licht wieder mit dem Lichte vereinigen und verbinden können und dürfen. Die Hölle und das Fegefeuer selbst erscheinen auf diese Weise nach einer tiefern Betrachtung als die Pforten, als die Vorbereitungs- und Uebergangsorte der Verklärung und des Himmels und dieser Gedanke sollte vielleicht ausgedrückt werden, wenn nach der parsischen Lehre am Ende der Dinge Ahriman mit allen Bösen sich bekehren und zurückkehren soll, um Eine gute und reine Heerde 1) Bachofen, Gräbersymbolik, S. 104. 2) Bei den Griechen _ genannt; vergl.Schoemann, griech. Alterthümer, II. S. 319.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/477
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/477>, abgerufen am 25.11.2024.