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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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baukunst sehr frühe zu zwölf Säulen (columnae), als den Symbolen der zwölf Apostel, geworden, welche das Langhaus der Kirche oder das sogenannte Schiff tragen.1) In vielen Kirchen des Mittelalters wird das Schiff (in welchem Christus seine Kirche die Gerechten in das Reich Gottes hinüberführt) von zwei Reihen je sechs oder auch zwölf Säulen getragen, welche auf die zwölf Apostel als die Träger der Kirche, als die zwölf Tragebalken der christlichen Welt, hinweisen sollen. Diese Beziehung wurde noch mehr versinnlicht durch die Statuen der Apostel und anderer Heiligen, die man an den Säulen und Pfeilern anbrachte. Die zwölf Apostel und zwölf Säulen der christlichen Kirche stehen also ganz gleich den drei Vorstehern und drei Pfeilern der maurerischen Logen.

Eben so befanden sich bei den Griechen am Eingange zu den heiligen Räumen Gefässe mit geweihtem Wasser, 2) [fremdsprachliches Material] oder [fremdsprachliches Material], aus denen die Eintretenden sich besprengten, zum symbolischen Zeichen der Reinheit, welche von jedem gefordert wurde, der das Heiligthum der Gottheit betreten wollte.3) In diesem Sinne war über dem Eingang des Asklepiostempels zu Epidaurus zu lesen:

Rein nur darfst du die Schwelle des Göttertempels betreten,
Reinheit aber besteht nur in unsträflichem Sinn.

Der delphischen Priesterin wurde der Spruch zugeschrieben:

Rein von Herzen erscheine im Tempel des lautern Gottes,
Wenn du die Glieder genetzt aus dem kastalischen Quell.
Guten genügt ein Tröpfchen, o Pilgrim, aber dem Bösen
Wasche das Weltmeer selbst nimmer die Sünde hinweg.

In diesem eleusinischen Sinne sagt auch Psalm, 24:

Wer darf steigen auf den Berg des Herrn,
Und wer stehen an seiner heiligen Stätte?
Der schuldlose Hände hat, und reinen Herzens ist,
1) Mone, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, III. S. 6, oben.
2) Die Weihe des Wassers erfolgte unter Gebeten und durch Eintauchung eines Feuerbrandes vom Opferaltare (Lasaulx, Studien, S. 272)
3) Schoemann, griech. Alterthümer, II. S. 178.

baukunst sehr frühe zu zwölf Säulen (columnae), als den Symbolen der zwölf Apostel, geworden, welche das Langhaus der Kirche oder das sogenannte Schiff tragen.1) In vielen Kirchen des Mittelalters wird das Schiff (in welchem Christus seine Kirche die Gerechten in das Reich Gottes hinüberführt) von zwei Reihen je sechs oder auch zwölf Säulen getragen, welche auf die zwölf Apostel als die Träger der Kirche, als die zwölf Tragebalken der christlichen Welt, hinweisen sollen. Diese Beziehung wurde noch mehr versinnlicht durch die Statuen der Apostel und anderer Heiligen, die man an den Säulen und Pfeilern anbrachte. Die zwölf Apostel und zwölf Säulen der christlichen Kirche stehen also ganz gleich den drei Vorstehern und drei Pfeilern der maurerischen Logen.

Eben so befanden sich bei den Griechen am Eingange zu den heiligen Räumen Gefässe mit geweihtem Wasser, 2) [fremdsprachliches Material] oder [fremdsprachliches Material], aus denen die Eintretenden sich besprengten, zum symbolischen Zeichen der Reinheit, welche von jedem gefordert wurde, der das Heiligthum der Gottheit betreten wollte.3) In diesem Sinne war über dem Eingang des Asklepiostempels zu Epidaurus zu lesen:

Rein nur darfst du die Schwelle des Göttertempels betreten,
Reinheit aber besteht nur in unsträflichem Sinn.

Der delphischen Priesterin wurde der Spruch zugeschrieben:

Rein von Herzen erscheine im Tempel des lautern Gottes,
Wenn du die Glieder genetzt aus dem kastalischen Quell.
Guten genügt ein Tröpfchen, o Pilgrim, aber dem Bösen
Wasche das Weltmeer selbst nimmer die Sünde hinweg.

In diesem eleusinischen Sinne sagt auch Psalm, 24:

Wer darf steigen auf den Berg des Herrn,
Und wer stehen an seiner heiligen Stätte?
Der schuldlose Hände hat, und reinen Herzens ist,
1) Mone, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, III. S. 6, oben.
2) Die Weihe des Wassers erfolgte unter Gebeten und durch Eintauchung eines Feuerbrandes vom Opferaltare (Lasaulx, Studien, S. 272)
3) Schoemann, griech. Alterthümer, II. S. 178.
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 die zwölf Apostel als die Träger der Kirche, als die zwölf Tragebalken der christlichen Welt,
 hinweisen sollen. Diese Beziehung wurde noch mehr versinnlicht durch die Statuen der Apostel und
 anderer Heiligen, die man an den Säulen und Pfeilern anbrachte. Die zwölf Apostel und zwölf Säulen
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[457/0473] baukunst sehr frühe zu zwölf Säulen (columnae), als den Symbolen der zwölf Apostel, geworden, welche das Langhaus der Kirche oder das sogenannte Schiff tragen. 1) In vielen Kirchen des Mittelalters wird das Schiff (in welchem Christus seine Kirche die Gerechten in das Reich Gottes hinüberführt) von zwei Reihen je sechs oder auch zwölf Säulen getragen, welche auf die zwölf Apostel als die Träger der Kirche, als die zwölf Tragebalken der christlichen Welt, hinweisen sollen. Diese Beziehung wurde noch mehr versinnlicht durch die Statuen der Apostel und anderer Heiligen, die man an den Säulen und Pfeilern anbrachte. Die zwölf Apostel und zwölf Säulen der christlichen Kirche stehen also ganz gleich den drei Vorstehern und drei Pfeilern der maurerischen Logen. Eben so befanden sich bei den Griechen am Eingange zu den heiligen Räumen Gefässe mit geweihtem Wasser, 2) _ oder _ , aus denen die Eintretenden sich besprengten, zum symbolischen Zeichen der Reinheit, welche von jedem gefordert wurde, der das Heiligthum der Gottheit betreten wollte. 3) In diesem Sinne war über dem Eingang des Asklepiostempels zu Epidaurus zu lesen: Rein nur darfst du die Schwelle des Göttertempels betreten, Reinheit aber besteht nur in unsträflichem Sinn. Der delphischen Priesterin wurde der Spruch zugeschrieben: Rein von Herzen erscheine im Tempel des lautern Gottes, Wenn du die Glieder genetzt aus dem kastalischen Quell. Guten genügt ein Tröpfchen, o Pilgrim, aber dem Bösen Wasche das Weltmeer selbst nimmer die Sünde hinweg. In diesem eleusinischen Sinne sagt auch Psalm, 24: Wer darf steigen auf den Berg des Herrn, Und wer stehen an seiner heiligen Stätte? Der schuldlose Hände hat, und reinen Herzens ist, 1) Mone, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, III. S. 6, oben. 2) Die Weihe des Wassers erfolgte unter Gebeten und durch Eintauchung eines Feuerbrandes vom Opferaltare (Lasaulx, Studien, S. 272) 3) Schoemann, griech. Alterthümer, II. S. 178.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/473>, abgerufen am 24.05.2024.