Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

namentlich in den Tempelherrnorden, scheinen ebenfalls Waschungen vorausgegangen zu sein. Die Taufe der Christen ist durchaus nur eine solche Waschung und Reinigung, welche der Aufnahme in die christliche Kirche vorhergeht und wodurch dieselbe zugleich erfolgt. Unzweifelhaft hängt es mit dem ehernen Meere in dem Priestervorhofe des salomonischen Tempels zusammen, dass vor den ältesten christlichen Kirchen, den sogenannten Basiliken, gewöhnlich ein Vorhof (Aula, Vestibulum, Pronaos) angelegt wurde, meistens ganz oder theilweise mit einem Säulengange umgeben, in dessen Mitte sich ein Brunnen (Kantharus) befand, in welchem die Gläubigen, ehe sie in die Kirche traten, mit symbolischer Andeutung der innern Reinigung die Hände einzutauchen pflegten; ein Gebrauch, aus welchem später der des Weihwassers oder des Weihkessels entstand. Ebenso gehört zu den arabischen oder muhammedanischen Moscheen wesentlich ein Ort der Abwaschungen, welche Waschungen dem Gebete vorangehen müssen. Die ältern Moscheen, namentlich die Kaaba zu Mekka,1) bestehen aus einem länglichen viereckigen Hofe, von Mauern eingeschlossen, innerlich von Säulengängen umgeben, oben aber unbedeckt, oft mit Bäumen bepflanzt; in der Mitte des Hofes sind für die Abwaschungen und die andern gottesdienstlichen Bedürfnisse kleine Gebäude errichtet. Aehnlich ist neben jeder etwas grössern indischen Pagode gewöhnlich ein Teich zum Waschen und Baden, denn die Reinigungen durch Wasser sind ein Hauptstück der indischen Religion. An das eherne Meer des salomonischen Tempels mahnt aber vorzüglich das mächtige alabasterne, auf zwölf Löwen von schwarzem Marmor ruhende Waschbecken in dem berühmten Löwenhofe der im 13. Jahrhundert unter der Regierung des Aba Addallah ben Masser gegründeten Alhambra, welche heute noch steht und bewundert wird. Ein ähnlicher Brunnen mit zwölf Thieren befindet sich in dem Palaste zu Sahra bei Cordova. Die zwölf Stiere, welche vor dem salomonischen Tempel das Becken mit dem reinigenden Wasser trugen, sind in der mittelalterlichen Kirchen-

1) Braun, Geschichte der Kunst, I. S. 358.

namentlich in den Tempelherrnorden, scheinen ebenfalls Waschungen vorausgegangen zu sein. Die Taufe der Christen ist durchaus nur eine solche Waschung und Reinigung, welche der Aufnahme in die christliche Kirche vorhergeht und wodurch dieselbe zugleich erfolgt. Unzweifelhaft hängt es mit dem ehernen Meere in dem Priestervorhofe des salomonischen Tempels zusammen, dass vor den ältesten christlichen Kirchen, den sogenannten Basiliken, gewöhnlich ein Vorhof (Aula, Vestibulum, Pronaos) angelegt wurde, meistens ganz oder theilweise mit einem Säulengange umgeben, in dessen Mitte sich ein Brunnen (Kantharus) befand, in welchem die Gläubigen, ehe sie in die Kirche traten, mit symbolischer Andeutung der innern Reinigung die Hände einzutauchen pflegten; ein Gebrauch, aus welchem später der des Weihwassers oder des Weihkessels entstand. Ebenso gehört zu den arabischen oder muhammedanischen Moscheen wesentlich ein Ort der Abwaschungen, welche Waschungen dem Gebete vorangehen müssen. Die ältern Moscheen, namentlich die Kaaba zu Mekka,1) bestehen aus einem länglichen viereckigen Hofe, von Mauern eingeschlossen, innerlich von Säulengängen umgeben, oben aber unbedeckt, oft mit Bäumen bepflanzt; in der Mitte des Hofes sind für die Abwaschungen und die andern gottesdienstlichen Bedürfnisse kleine Gebäude errichtet. Aehnlich ist neben jeder etwas grössern indischen Pagode gewöhnlich ein Teich zum Waschen und Baden, denn die Reinigungen durch Wasser sind ein Hauptstück der indischen Religion. An das eherne Meer des salomonischen Tempels mahnt aber vorzüglich das mächtige alabasterne, auf zwölf Löwen von schwarzem Marmor ruhende Waschbecken in dem berühmten Löwenhofe der im 13. Jahrhundert unter der Regierung des Aba Addallah ben Masser gegründeten Alhambra, welche heute noch steht und bewundert wird. Ein ähnlicher Brunnen mit zwölf Thieren befindet sich in dem Palaste zu Sahra bei Cordova. Die zwölf Stiere, welche vor dem salomonischen Tempel das Becken mit dem reinigenden Wasser trugen, sind in der mittelalterlichen Kirchen-

1) Braun, Geschichte der Kunst, I. S. 358.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0472" n="456"/>
namentlich in den Tempelherrnorden, scheinen ebenfalls Waschungen vorausgegangen zu sein. Die Taufe
 der Christen ist durchaus nur eine solche Waschung und Reinigung, welche der Aufnahme in die
 christliche Kirche vorhergeht und wodurch dieselbe zugleich erfolgt. Unzweifelhaft hängt es mit dem
 ehernen Meere in dem Priestervorhofe des salomonischen Tempels zusammen, dass vor den ältesten
 christlichen Kirchen, den sogenannten Basiliken, gewöhnlich ein Vorhof (Aula, Vestibulum, Pronaos)
 angelegt wurde, meistens ganz oder theilweise mit einem Säulengange umgeben, in dessen Mitte sich
 ein Brunnen (Kantharus) befand, in welchem die Gläubigen, ehe sie in die Kirche traten, mit
 symbolischer Andeutung der innern Reinigung die Hände einzutauchen pflegten; ein Gebrauch, aus
 welchem später der des Weihwassers oder des Weihkessels entstand. Ebenso gehört zu den arabischen
 oder muhammedanischen Moscheen wesentlich ein Ort der Abwaschungen, welche Waschungen dem Gebete
 vorangehen müssen. Die ältern Moscheen, namentlich die Kaaba zu Mekka,<note place="foot" n="1)">Braun, Geschichte der Kunst, I. S. 358. </note> bestehen aus einem länglichen viereckigen Hofe, von
 Mauern eingeschlossen, innerlich von Säulengängen umgeben, oben aber unbedeckt, oft mit Bäumen
 bepflanzt; in der Mitte des Hofes sind für die Abwaschungen und die andern gottesdienstlichen
 Bedürfnisse kleine Gebäude errichtet. Aehnlich ist neben jeder etwas grössern indischen Pagode
 gewöhnlich ein Teich zum Waschen und Baden, denn die Reinigungen durch Wasser sind ein Hauptstück
 der indischen Religion. An das eherne Meer des salomonischen Tempels mahnt aber vorzüglich das
 mächtige alabasterne, auf zwölf Löwen von schwarzem Marmor ruhende Waschbecken in dem berühmten
 Löwenhofe der im 13. Jahrhundert unter der Regierung des Aba Addallah ben Masser gegründeten
 Alhambra, welche heute noch steht und bewundert wird. Ein ähnlicher Brunnen mit zwölf Thieren
 befindet sich in dem Palaste zu Sahra bei Cordova. Die zwölf Stiere, welche vor dem salomonischen
 Tempel das Becken mit dem reinigenden Wasser trugen, sind in der mittelalterlichen Kirchen-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[456/0472] namentlich in den Tempelherrnorden, scheinen ebenfalls Waschungen vorausgegangen zu sein. Die Taufe der Christen ist durchaus nur eine solche Waschung und Reinigung, welche der Aufnahme in die christliche Kirche vorhergeht und wodurch dieselbe zugleich erfolgt. Unzweifelhaft hängt es mit dem ehernen Meere in dem Priestervorhofe des salomonischen Tempels zusammen, dass vor den ältesten christlichen Kirchen, den sogenannten Basiliken, gewöhnlich ein Vorhof (Aula, Vestibulum, Pronaos) angelegt wurde, meistens ganz oder theilweise mit einem Säulengange umgeben, in dessen Mitte sich ein Brunnen (Kantharus) befand, in welchem die Gläubigen, ehe sie in die Kirche traten, mit symbolischer Andeutung der innern Reinigung die Hände einzutauchen pflegten; ein Gebrauch, aus welchem später der des Weihwassers oder des Weihkessels entstand. Ebenso gehört zu den arabischen oder muhammedanischen Moscheen wesentlich ein Ort der Abwaschungen, welche Waschungen dem Gebete vorangehen müssen. Die ältern Moscheen, namentlich die Kaaba zu Mekka, 1) bestehen aus einem länglichen viereckigen Hofe, von Mauern eingeschlossen, innerlich von Säulengängen umgeben, oben aber unbedeckt, oft mit Bäumen bepflanzt; in der Mitte des Hofes sind für die Abwaschungen und die andern gottesdienstlichen Bedürfnisse kleine Gebäude errichtet. Aehnlich ist neben jeder etwas grössern indischen Pagode gewöhnlich ein Teich zum Waschen und Baden, denn die Reinigungen durch Wasser sind ein Hauptstück der indischen Religion. An das eherne Meer des salomonischen Tempels mahnt aber vorzüglich das mächtige alabasterne, auf zwölf Löwen von schwarzem Marmor ruhende Waschbecken in dem berühmten Löwenhofe der im 13. Jahrhundert unter der Regierung des Aba Addallah ben Masser gegründeten Alhambra, welche heute noch steht und bewundert wird. Ein ähnlicher Brunnen mit zwölf Thieren befindet sich in dem Palaste zu Sahra bei Cordova. Die zwölf Stiere, welche vor dem salomonischen Tempel das Becken mit dem reinigenden Wasser trugen, sind in der mittelalterlichen Kirchen- 1) Braun, Geschichte der Kunst, I. S. 358.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/472
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/472>, abgerufen am 25.11.2024.