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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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neuer Wein ausgewirtet werde. Auch auf der Insel Lemnos wurde jährlich einmal ein neues und reineres Feuer von dem Sonneneilande Delos geholt und in alle Häuser und Werkstätten vertheilt.1) Die Osterblumen, die Blumen der Ostara, der Eastre bei einigen Stämmen, und des Frühlings sind die ersten blühenden Früblingsblumen, besonders das so sinnvolle, roth und weissgefärbte Gänseblümchen (cultivirt unter dem Namen Tausendschön), die auf sonnigen Höhen wachsende Küchenschelle und die gelbe Lilie, vielleicht auch das Maiblümchen, obwohl dieses erst etwas später blüht. Das rothe oder auch gelbe Osterkälbchen, Marienkäferchen, Herrgottsvögelchen und der Osterluzeifalter, ein Tagschmetterling, wohl der kleine Fuchs, welche in den ersten Tagen des Frühlings erscheinen, waren der Ostara geheiliget; viele Kinderlieder und Kinderspiele, welche sich auf das Herrgottvögelein als das Symbol der Sonne und der Sonnengöttin beziehen, hat Mannhardt in seinen germanischen Mythen mitgetheilt. Die geweihten Osterwasser oder die in der Osternacht zwischen 11 und 12 Uhr schweigend aus heiligen Quellen,. Flüssen und Teichen geschöpften Wasser2) für Menschen und Thiere heilkräftig zu halten, lag darum nahe, weil die im Frühling mit neuer Kraft wieder fliessenden Wasser als ein unmittelbares Geschenk der Gottheit, der Ostara erschienen; es war frisches göttliches Wasser und ohnehin hat das Wasser an und für sich und noch mehr gewisser besonderer Quellen bestimmte heilende Kräfte. Es war der fromme und allgemeine Glaube des Alterthums, alles wohlthätige Schaffen und Wirken der Natur als ein Schaffen und Wirken der Götter anzusehen. Die Eier, welche zu Ostern ungekocht und ungefärbt fast alle Pfarrherren in Deutschland in grosser Anzahl zu empfangen pflegen, sind vermuthlich die Ueberreste eines alten ähnlichen Opfers, welches der Ostara oder ihren Priestern einst dargebracht wurde. Die gefärbten Ostereier und die gebackenen grossen Osterhasen, womit durch ganz Deutschland, vorzüglich auch am Rheine, die Kinder

1) Preller, a. a. O., S. 542.
2) Mühlhause, a. a. O., S. 155 ff.

neuer Wein ausgewirtet werde. Auch auf der Insel Lemnos wurde jährlich einmal ein neues und reineres Feuer von dem Sonneneilande Delos geholt und in alle Häuser und Werkstätten vertheilt.1) Die Osterblumen, die Blumen der Ostara, der Eastre bei einigen Stämmen, und des Frühlings sind die ersten blühenden Früblingsblumen, besonders das so sinnvolle, roth und weissgefärbte Gänseblümchen (cultivirt unter dem Namen Tausendschön), die auf sonnigen Höhen wachsende Küchenschelle und die gelbe Lilie, vielleicht auch das Maiblümchen, obwohl dieses erst etwas später blüht. Das rothe oder auch gelbe Osterkälbchen, Marienkäferchen, Herrgottsvögelchen und der Osterluzeifalter, ein Tagschmetterling, wohl der kleine Fuchs, welche in den ersten Tagen des Frühlings erscheinen, waren der Ostara geheiliget; viele Kinderlieder und Kinderspiele, welche sich auf das Herrgottvögelein als das Symbol der Sonne und der Sonnengöttin beziehen, hat Mannhardt in seinen germanischen Mythen mitgetheilt. Die geweihten Osterwasser oder die in der Osternacht zwischen 11 und 12 Uhr schweigend aus heiligen Quellen,. Flüssen und Teichen geschöpften Wasser2) für Menschen und Thiere heilkräftig zu halten, lag darum nahe, weil die im Frühling mit neuer Kraft wieder fliessenden Wasser als ein unmittelbares Geschenk der Gottheit, der Ostara erschienen; es war frisches göttliches Wasser und ohnehin hat das Wasser an und für sich und noch mehr gewisser besonderer Quellen bestimmte heilende Kräfte. Es war der fromme und allgemeine Glaube des Alterthums, alles wohlthätige Schaffen und Wirken der Natur als ein Schaffen und Wirken der Götter anzusehen. Die Eier, welche zu Ostern ungekocht und ungefärbt fast alle Pfarrherren in Deutschland in grosser Anzahl zu empfangen pflegen, sind vermuthlich die Ueberreste eines alten ähnlichen Opfers, welches der Ostara oder ihren Priestern einst dargebracht wurde. Die gefärbten Ostereier und die gebackenen grossen Osterhasen, womit durch ganz Deutschland, vorzüglich auch am Rheine, die Kinder

1) Preller, a. a. O., S. 542.
2) Mühlhause, a. a. O., S. 155 ff.
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 sinnvolle, roth und weissgefärbte Gänseblümchen (cultivirt unter dem Namen Tausendschön), die auf
 sonnigen Höhen wachsende Küchenschelle und die gelbe Lilie, vielleicht auch das Maiblümchen, obwohl
 dieses erst etwas später blüht. Das rothe oder auch gelbe Osterkälbchen, Marienkäferchen,
 Herrgottsvögelchen und der Osterluzeifalter, ein Tagschmetterling, wohl der kleine Fuchs, welche in
 den ersten Tagen des Frühlings erscheinen, waren der Ostara geheiliget; viele Kinderlieder und
 Kinderspiele, welche sich auf das Herrgottvögelein als das Symbol der Sonne und der Sonnengöttin
 beziehen, hat Mannhardt in seinen germanischen Mythen mitgetheilt. Die geweihten Osterwasser oder
 die in der Osternacht zwischen 11 und 12 Uhr schweigend aus heiligen Quellen,. Flüssen und Teichen
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 Thiere heilkräftig zu halten, lag darum nahe, weil die im Frühling mit neuer Kraft wieder
 fliessenden Wasser als ein unmittelbares Geschenk der Gottheit, der Ostara erschienen; es war
 frisches göttliches Wasser und ohnehin hat das Wasser an und für sich und noch mehr gewisser
 besonderer Quellen bestimmte heilende Kräfte. Es war der fromme und allgemeine Glaube des
 Alterthums, alles wohlthätige Schaffen und Wirken der Natur als ein Schaffen und Wirken der Götter
 anzusehen. Die Eier, welche zu Ostern ungekocht und ungefärbt fast alle Pfarrherren in Deutschland
 in grosser Anzahl zu empfangen pflegen, sind vermuthlich die Ueberreste eines alten ähnlichen
 Opfers, welches der Ostara oder ihren Priestern einst dargebracht wurde. Die gefärbten Ostereier und
 die gebackenen grossen Osterhasen, womit durch ganz Deutschland, vorzüglich auch am Rheine, die
 Kinder
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[397/0413] neuer Wein ausgewirtet werde. Auch auf der Insel Lemnos wurde jährlich einmal ein neues und reineres Feuer von dem Sonneneilande Delos geholt und in alle Häuser und Werkstätten vertheilt. 1) Die Osterblumen, die Blumen der Ostara, der Eastre bei einigen Stämmen, und des Frühlings sind die ersten blühenden Früblingsblumen, besonders das so sinnvolle, roth und weissgefärbte Gänseblümchen (cultivirt unter dem Namen Tausendschön), die auf sonnigen Höhen wachsende Küchenschelle und die gelbe Lilie, vielleicht auch das Maiblümchen, obwohl dieses erst etwas später blüht. Das rothe oder auch gelbe Osterkälbchen, Marienkäferchen, Herrgottsvögelchen und der Osterluzeifalter, ein Tagschmetterling, wohl der kleine Fuchs, welche in den ersten Tagen des Frühlings erscheinen, waren der Ostara geheiliget; viele Kinderlieder und Kinderspiele, welche sich auf das Herrgottvögelein als das Symbol der Sonne und der Sonnengöttin beziehen, hat Mannhardt in seinen germanischen Mythen mitgetheilt. Die geweihten Osterwasser oder die in der Osternacht zwischen 11 und 12 Uhr schweigend aus heiligen Quellen,. Flüssen und Teichen geschöpften Wasser 2) für Menschen und Thiere heilkräftig zu halten, lag darum nahe, weil die im Frühling mit neuer Kraft wieder fliessenden Wasser als ein unmittelbares Geschenk der Gottheit, der Ostara erschienen; es war frisches göttliches Wasser und ohnehin hat das Wasser an und für sich und noch mehr gewisser besonderer Quellen bestimmte heilende Kräfte. Es war der fromme und allgemeine Glaube des Alterthums, alles wohlthätige Schaffen und Wirken der Natur als ein Schaffen und Wirken der Götter anzusehen. Die Eier, welche zu Ostern ungekocht und ungefärbt fast alle Pfarrherren in Deutschland in grosser Anzahl zu empfangen pflegen, sind vermuthlich die Ueberreste eines alten ähnlichen Opfers, welches der Ostara oder ihren Priestern einst dargebracht wurde. Die gefärbten Ostereier und die gebackenen grossen Osterhasen, womit durch ganz Deutschland, vorzüglich auch am Rheine, die Kinder 1) Preller, a. a. O., S. 542. 2) Mühlhause, a. a. O., S. 155 ff.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/413>, abgerufen am 19.05.2024.