Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.lichen Bedeutung ist der uns von Gott verliehene Geist, die Vernunft, - die Fähigkeit, das Gute von dem Bösen, das Wahre von dem Falschen, das Recht von dem Unrecht zu unterscheiden. In seiner Vernunft, in der vernünftigen Freiheit ist dem Menschen der Weg zu zweien Schicksalen, zum Guten und zum Bösen, zum Himmel und zur Hölle geöffnet, und nur weil ihm dieser geöffnet ist, darf der Mensch frei genannt werden; der Mensch soll aus eigener Wahl, aus eigenem Antriebe das Gute thun und vollbringen, er muss es nicht nothwendig thun, er kann auch böse sein, damit das Gute sein eigenes Verdienst, damit er frei sei. Das Böse musste Gott zulassen, wollte er dem Menschen die Freiheit, den Lohn des Guten schenken. Die dem Menschen in seiner Vernunft, in seiner Freiheit gestattete Wahl zwischen dem Guten und dem Bösen betrachteten die Alten vielfach, besonders die Griechen und Etrusker, als die zwei dem Menschen bei seiner Geburt beigegebenen Genien, den guten und den bösen, den lichten und den schwarzen Genius, von denen der erstere den Menschen zum Guten und zum Lichte, der letztere zum Bösen und zur Finsterniss geleite. In dem Gewissen liegt eingeschlossen der Glaube oder die Vernunft lehrt uns, dass der Geist und das Gebot Gottes, dass Gott die ewige Wahrheit und Gerechtigkeit sei und in der Menschheit sich offenbaren und erscheinen solle, daher das Falsche und Ungerechte vergehen, gestraft werden müsse. Dieses Welt- und Menschheitsgesetz, dass das Falsche und Böse nicht und dauern dürfe, und früher oder später vergehen müsse, dass nach dem Ausspruche Solons überall der Schuld das Gericht folge, nennen wir mit den Griechen die ewig und unerbittlich waltende Gerechtigkeit, das Weltgericht, die Nemesis, auch das Schicksal, die sittliche Weltordnung, den sittlichen Kosmos. Homer spricht dieses Gesetz in den schönen Worten aus: "Denn mit dein Tage sinkt hinab und steigt empor Aeschylos sagte:
lichen Bedeutung ist der uns von Gott verliehene Geist, die Vernunft, – die Fähigkeit, das Gute von dem Bösen, das Wahre von dem Falschen, das Recht von dem Unrecht zu unterscheiden. In seiner Vernunft, in der vernünftigen Freiheit ist dem Menschen der Weg zu zweien Schicksalen, zum Guten und zum Bösen, zum Himmel und zur Hölle geöffnet, und nur weil ihm dieser geöffnet ist, darf der Mensch frei genannt werden; der Mensch soll aus eigener Wahl, aus eigenem Antriebe das Gute thun und vollbringen, er muss es nicht nothwendig thun, er kann auch böse sein, damit das Gute sein eigenes Verdienst, damit er frei sei. Das Böse musste Gott zulassen, wollte er dem Menschen die Freiheit, den Lohn des Guten schenken. Die dem Menschen in seiner Vernunft, in seiner Freiheit gestattete Wahl zwischen dem Guten und dem Bösen betrachteten die Alten vielfach, besonders die Griechen und Etrusker, als die zwei dem Menschen bei seiner Geburt beigegebenen Genien, den guten und den bösen, den lichten und den schwarzen Genius, von denen der erstere den Menschen zum Guten und zum Lichte, der letztere zum Bösen und zur Finsterniss geleite. In dem Gewissen liegt eingeschlossen der Glaube oder die Vernunft lehrt uns, dass der Geist und das Gebot Gottes, dass Gott die ewige Wahrheit und Gerechtigkeit sei und in der Menschheit sich offenbaren und erscheinen solle, daher das Falsche und Ungerechte vergehen, gestraft werden müsse. Dieses Welt- und Menschheitsgesetz, dass das Falsche und Böse nicht und dauern dürfe, und früher oder später vergehen müsse, dass nach dem Ausspruche Solons überall der Schuld das Gericht folge, nennen wir mit den Griechen die ewig und unerbittlich waltende Gerechtigkeit, das Weltgericht, die Nemesis, auch das Schicksal, die sittliche Weltordnung, den sittlichen Kosmos. Homer spricht dieses Gesetz in den schönen Worten aus: „Denn mit dein Tage sinkt hinab und steigt empor Aeschylos sagte:
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0404" n="388"/> lichen Bedeutung ist der uns von Gott verliehene Geist, die Vernunft, – die Fähigkeit, das Gute von dem Bösen, das Wahre von dem Falschen, das Recht von dem Unrecht zu unterscheiden. In seiner Vernunft, in der vernünftigen Freiheit ist dem Menschen der Weg zu zweien Schicksalen, zum Guten und zum Bösen, zum Himmel und zur Hölle geöffnet, und nur weil ihm dieser geöffnet ist, darf der Mensch frei genannt werden; der Mensch soll aus eigener Wahl, aus eigenem Antriebe das Gute thun und vollbringen, er muss es nicht nothwendig thun, er kann auch böse sein, damit das Gute sein eigenes Verdienst, damit er frei sei. Das Böse musste Gott zulassen, wollte er dem Menschen die Freiheit, den Lohn des Guten schenken. Die dem Menschen in seiner Vernunft, in seiner Freiheit gestattete Wahl zwischen dem Guten und dem Bösen betrachteten die Alten vielfach, besonders die Griechen und Etrusker, als die zwei dem Menschen bei seiner Geburt beigegebenen Genien, den guten und den bösen, den lichten und den schwarzen Genius, von denen der erstere den Menschen zum Guten und zum Lichte, der letztere zum Bösen und zur Finsterniss geleite. In dem Gewissen liegt eingeschlossen der Glaube oder die Vernunft lehrt uns, dass der Geist und das Gebot Gottes, dass Gott die ewige Wahrheit und Gerechtigkeit sei und in der Menschheit sich offenbaren und erscheinen solle, daher das Falsche und Ungerechte vergehen, gestraft werden müsse. Dieses Welt- und Menschheitsgesetz, dass das Falsche und Böse nicht und dauern dürfe, und früher oder später vergehen müsse, dass nach dem Ausspruche Solons überall der Schuld das Gericht folge, nennen wir mit den Griechen die ewig und unerbittlich waltende Gerechtigkeit, das Weltgericht, die Nemesis, auch das Schicksal, die sittliche Weltordnung, den sittlichen Kosmos. Homer spricht dieses Gesetz in den schönen Worten aus:</p> <cit rendition="#et"> <quote> „Denn mit dein Tage sinkt hinab und steigt empor<lb/> Der Menschen Werk und Wesen; doch dem Frommen nur<lb/> Sind hold die Götter, und den Bösen hassen sie.“</quote> </cit> <p> Aeschylos sagte: <cit rendition="#et"><quote> „Wer frevelte, büsst;<lb/> So sagen die Sprüche der Väter.“</quote></cit> </p> </div> </body> </text> </TEI> [388/0404]
lichen Bedeutung ist der uns von Gott verliehene Geist, die Vernunft, – die Fähigkeit, das Gute von dem Bösen, das Wahre von dem Falschen, das Recht von dem Unrecht zu unterscheiden. In seiner Vernunft, in der vernünftigen Freiheit ist dem Menschen der Weg zu zweien Schicksalen, zum Guten und zum Bösen, zum Himmel und zur Hölle geöffnet, und nur weil ihm dieser geöffnet ist, darf der Mensch frei genannt werden; der Mensch soll aus eigener Wahl, aus eigenem Antriebe das Gute thun und vollbringen, er muss es nicht nothwendig thun, er kann auch böse sein, damit das Gute sein eigenes Verdienst, damit er frei sei. Das Böse musste Gott zulassen, wollte er dem Menschen die Freiheit, den Lohn des Guten schenken. Die dem Menschen in seiner Vernunft, in seiner Freiheit gestattete Wahl zwischen dem Guten und dem Bösen betrachteten die Alten vielfach, besonders die Griechen und Etrusker, als die zwei dem Menschen bei seiner Geburt beigegebenen Genien, den guten und den bösen, den lichten und den schwarzen Genius, von denen der erstere den Menschen zum Guten und zum Lichte, der letztere zum Bösen und zur Finsterniss geleite. In dem Gewissen liegt eingeschlossen der Glaube oder die Vernunft lehrt uns, dass der Geist und das Gebot Gottes, dass Gott die ewige Wahrheit und Gerechtigkeit sei und in der Menschheit sich offenbaren und erscheinen solle, daher das Falsche und Ungerechte vergehen, gestraft werden müsse. Dieses Welt- und Menschheitsgesetz, dass das Falsche und Böse nicht und dauern dürfe, und früher oder später vergehen müsse, dass nach dem Ausspruche Solons überall der Schuld das Gericht folge, nennen wir mit den Griechen die ewig und unerbittlich waltende Gerechtigkeit, das Weltgericht, die Nemesis, auch das Schicksal, die sittliche Weltordnung, den sittlichen Kosmos. Homer spricht dieses Gesetz in den schönen Worten aus:
„Denn mit dein Tage sinkt hinab und steigt empor
Der Menschen Werk und Wesen; doch dem Frommen nur
Sind hold die Götter, und den Bösen hassen sie.“ Aeschylos sagte: „Wer frevelte, büsst;
So sagen die Sprüche der Väter.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-08-14T13:44:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate.
(2013-08-14T13:44:32Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |