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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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an die Mönchsorden anlehnt, weil sie bei den Germanen zuerst lernten und lehrten, so auch und noch mehr die Kirchenbaukunst; die Geistlichen und Mönche bekehrten die Germanen nicht allein zum Christenthum, sie bauten ihnen auch die ersten Kirchen und Dome, sie waren die ältesten Baumeister bei denselben. Wie in Deutschland den Universitäten die Klosterschulen z.. B. von Fulda, Reichenau, Korwei, Bremen, Hildesheim, Lüttich, Augsburg, Freisingen u. s. w. vorausgingen, so gingen auch die klösterlichen Baubrüderschaften, besonders der Benediktiner und Cisterzienser, den bürgerlichen Bauzünften, die romanische oder byzantinische Bankunst der gothischen oder französisch - deutschen Baukunst als der Baukunst dieser voraus. Die um die Baukunst hochverdienten und damit wesentlich zusammenhängenden Benediktiner und Cisterzienser hatten die Gewohnheit, zur Erbauung und Besetzung eines neuen Klosters zwölf des Bauens kundige Klosterbrüder (fratres structaarii, lapidarii seu latomi, - Steinmetzen, caementarii), welche aus ihrer Mitte sich den Vorsteher (Abt) und zugleich Werkmeister (magister fabricae) erwählten, auszusenden. Zwölf Mönche, zwölf Baubrüder gehörten also zu einem neuen Kloster und zu einer klösterlichen Bauhütte1) und vermuthlich stammt von dieser alten klösterlichen Zwölfzahl die in Antwort 72 des ältesten englischen Lehrlingsfragestückes erscheinende, sehr auffallende und sonst hier nicht leicht erklärliche Eilfzahl. Der Verfall und die Ausartung der Klosterschulen, wie z. B. um das Jahr 1291 in St. Gallen, wo früher so viel für Bildung geschehen war, der Abt und das ganze Capitel nicht schreiben konnten,2) womit gewiss auch der Verfall und die Ausartung der klösterlichen Baubrüderschaften Hand in Hand ging oder gleichen Schritt hielt, bahnte den Universitäten3) und bürgerlichen Bauzünften den Weg, machte sie nothwendig, sie waren ein Bedürfniss der neuen Zeit und

1) Fallou, a. a. O., S. 191 u. 193.
2) Raumer, a. a. O., VI. S. 444.
3) Nebenbei sei bemerkt, dass die akademischen Würden drei Abstufungen hatten, Doktoren, Magister und Baccalauren, gleichsam Meister, Gesellen und Lehrlinge.

an die Mönchsorden anlehnt, weil sie bei den Germanen zuerst lernten und lehrten, so auch und noch mehr die Kirchenbaukunst; die Geistlichen und Mönche bekehrten die Germanen nicht allein zum Christenthum, sie bauten ihnen auch die ersten Kirchen und Dome, sie waren die ältesten Baumeister bei denselben. Wie in Deutschland den Universitäten die Klosterschulen z.. B. von Fulda, Reichenau, Korwei, Bremen, Hildesheim, Lüttich, Augsburg, Freisingen u. s. w. vorausgingen, so gingen auch die klösterlichen Baubrüderschaften, besonders der Benediktiner und Cisterzienser, den bürgerlichen Bauzünften, die romanische oder byzantinische Bankunst der gothischen oder französisch – deutschen Baukunst als der Baukunst dieser voraus. Die um die Baukunst hochverdienten und damit wesentlich zusammenhängenden Benediktiner und Cisterzienser hatten die Gewohnheit, zur Erbauung und Besetzung eines neuen Klosters zwölf des Bauens kundige Klosterbrüder (fratres structaarii, lapidarii seu latomi, – Steinmetzen, caementarii), welche aus ihrer Mitte sich den Vorsteher (Abt) und zugleich Werkmeister (magister fabricae) erwählten, auszusenden. Zwölf Mönche, zwölf Baubrüder gehörten also zu einem neuen Kloster und zu einer klösterlichen Bauhütte1) und vermuthlich stammt von dieser alten klösterlichen Zwölfzahl die in Antwort 72 des ältesten englischen Lehrlingsfragestückes erscheinende, sehr auffallende und sonst hier nicht leicht erklärliche Eilfzahl. Der Verfall und die Ausartung der Klosterschulen, wie z. B. um das Jahr 1291 in St. Gallen, wo früher so viel für Bildung geschehen war, der Abt und das ganze Capitel nicht schreiben konnten,2) womit gewiss auch der Verfall und die Ausartung der klösterlichen Baubrüderschaften Hand in Hand ging oder gleichen Schritt hielt, bahnte den Universitäten3) und bürgerlichen Bauzünften den Weg, machte sie nothwendig, sie waren ein Bedürfniss der neuen Zeit und

1) Fallou, a. a. O., S. 191 u. 193.
2) Raumer, a. a. O., VI. S. 444.
3) Nebenbei sei bemerkt, dass die akademischen Würden drei Abstufungen hatten, Doktoren, Magister und Baccalauren, gleichsam Meister, Gesellen und Lehrlinge.
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 die ältesten Baumeister bei denselben. Wie in Deutschland den Universitäten die Klosterschulen z..
 B. von Fulda, Reichenau, Korwei, Bremen, Hildesheim, Lüttich, Augsburg, Freisingen u. s. w.
 vorausgingen, so gingen auch die klösterlichen Baubrüderschaften, besonders der Benediktiner und
 Cisterzienser, den bürgerlichen Bauzünften, die romanische oder byzantinische Bankunst der
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 hochverdienten und damit wesentlich zusammenhängenden Benediktiner und Cisterzienser hatten die
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 (fratres structaarii, lapidarii seu latomi, &#x2013; Steinmetzen, caementarii), welche aus ihrer Mitte sich
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[364/0380] an die Mönchsorden anlehnt, weil sie bei den Germanen zuerst lernten und lehrten, so auch und noch mehr die Kirchenbaukunst; die Geistlichen und Mönche bekehrten die Germanen nicht allein zum Christenthum, sie bauten ihnen auch die ersten Kirchen und Dome, sie waren die ältesten Baumeister bei denselben. Wie in Deutschland den Universitäten die Klosterschulen z.. B. von Fulda, Reichenau, Korwei, Bremen, Hildesheim, Lüttich, Augsburg, Freisingen u. s. w. vorausgingen, so gingen auch die klösterlichen Baubrüderschaften, besonders der Benediktiner und Cisterzienser, den bürgerlichen Bauzünften, die romanische oder byzantinische Bankunst der gothischen oder französisch – deutschen Baukunst als der Baukunst dieser voraus. Die um die Baukunst hochverdienten und damit wesentlich zusammenhängenden Benediktiner und Cisterzienser hatten die Gewohnheit, zur Erbauung und Besetzung eines neuen Klosters zwölf des Bauens kundige Klosterbrüder (fratres structaarii, lapidarii seu latomi, – Steinmetzen, caementarii), welche aus ihrer Mitte sich den Vorsteher (Abt) und zugleich Werkmeister (magister fabricae) erwählten, auszusenden. Zwölf Mönche, zwölf Baubrüder gehörten also zu einem neuen Kloster und zu einer klösterlichen Bauhütte 1) und vermuthlich stammt von dieser alten klösterlichen Zwölfzahl die in Antwort 72 des ältesten englischen Lehrlingsfragestückes erscheinende, sehr auffallende und sonst hier nicht leicht erklärliche Eilfzahl. Der Verfall und die Ausartung der Klosterschulen, wie z. B. um das Jahr 1291 in St. Gallen, wo früher so viel für Bildung geschehen war, der Abt und das ganze Capitel nicht schreiben konnten, 2) womit gewiss auch der Verfall und die Ausartung der klösterlichen Baubrüderschaften Hand in Hand ging oder gleichen Schritt hielt, bahnte den Universitäten 3) und bürgerlichen Bauzünften den Weg, machte sie nothwendig, sie waren ein Bedürfniss der neuen Zeit und 1) Fallou, a. a. O., S. 191 u. 193. 2) Raumer, a. a. O., VI. S. 444. 3) Nebenbei sei bemerkt, dass die akademischen Würden drei Abstufungen hatten, Doktoren, Magister und Baccalauren, gleichsam Meister, Gesellen und Lehrlinge.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/380>, abgerufen am 22.11.2024.