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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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der denkende Mensch vor der hohen Weisheit und Vorsehung, welche die Menschengeschichte leiten, dass die Idee des Einen Gottes, des Gottes der Liebe und der sich gleichen unsterblichen Menschen unter den Juden in Asien erst geweckt, gelehrt und verbreitet wird, als in Europa der neue Völkerstamm der für die Freiheit und das Recht aller Menschen begeisterten und streitenden Germanen erscheint und über die Länder sich ergiesst, - als in ihrem allgemeinen Unglücke die Völker der römischen Welt nur noch bei dem höchsten Gotte Trost und Frieden suchten und fanden. Von selbst wird die griechisch-römische Zeit auf diese Weise zur christlich-germanischen Zeit, die Erfüllung der Aufgabe der Weltgeschichte geht von den Römern auf die Germanen über, indem diese den Glauben von dem Einen Gott zu ihrem gleichen und freien Rechte, zu ihrer Anerkennung aller Individuen nahmen, um ihn in siegreichem Kampfe durch alle Länder des weiten römischen Reiches zu tragen. Die Römer in der Gründung ihres Weltreiches - hatten den Boden bereitet und geschaffen, auf dem das Christenthum als Weltreligion entstehen und herrschen sollte und konnte; die Weltherrschaft, welche das Schwert des römischen Kriegers gestiftet hatte, setzte der römische Priester durch die Macht des Glaubens fort. Dass das Christenthum zu seiner wahrhaften und befruchtenden Entwickelung ein neues, noch ungebildetes und desshalb jeder Bildung fähiges Volk bedurft habe, lehrt dessen machtloses Bestehen und endliches Verderben in dem ost-römischen oder byzantinischen Kaiserstaate.

Wohin die germanischen Völker die neue christliche Religion brachten und einführten, bauten sie ihr auch würdige Tempel, Kirchen, so dass die Einführung und Ausdehnung des Christenthums mit der Erbauung der Kirchen zusammenfällt und die Geschichte beider gleichbedeutend ist. Wie überhaupt die christlich-germanische Zeit, entwickelt sich auch im Gegensatze zu dem griechisch-römischen Tempelbaustyl langsam der christlich-germanische, der sogenannte gothische Kirchenbaustyl als ein der ganzen christlichen Welt in Italien, in Deutschland, Frankreich, Spanien und England gemeinsamer, welcher den sog. romanischen oder byzantinischen Baustyl zu

der denkende Mensch vor der hohen Weisheit und Vorsehung, welche die Menschengeschichte leiten, dass die Idee des Einen Gottes, des Gottes der Liebe und der sich gleichen unsterblichen Menschen unter den Juden in Asien erst geweckt, gelehrt und verbreitet wird, als in Europa der neue Völkerstamm der für die Freiheit und das Recht aller Menschen begeisterten und streitenden Germanen erscheint und über die Länder sich ergiesst, – als in ihrem allgemeinen Unglücke die Völker der römischen Welt nur noch bei dem höchsten Gotte Trost und Frieden suchten und fanden. Von selbst wird die griechisch-römische Zeit auf diese Weise zur christlich-germanischen Zeit, die Erfüllung der Aufgabe der Weltgeschichte geht von den Römern auf die Germanen über, indem diese den Glauben von dem Einen Gott zu ihrem gleichen und freien Rechte, zu ihrer Anerkennung aller Individuen nahmen, um ihn in siegreichem Kampfe durch alle Länder des weiten römischen Reiches zu tragen. Die Römer in der Gründung ihres Weltreiches – hatten den Boden bereitet und geschaffen, auf dem das Christenthum als Weltreligion entstehen und herrschen sollte und konnte; die Weltherrschaft, welche das Schwert des römischen Kriegers gestiftet hatte, setzte der römische Priester durch die Macht des Glaubens fort. Dass das Christenthum zu seiner wahrhaften und befruchtenden Entwickelung ein neues, noch ungebildetes und desshalb jeder Bildung fähiges Volk bedurft habe, lehrt dessen machtloses Bestehen und endliches Verderben in dem ost-römischen oder byzantinischen Kaiserstaate.

Wohin die germanischen Völker die neue christliche Religion brachten und einführten, bauten sie ihr auch würdige Tempel, Kirchen, so dass die Einführung und Ausdehnung des Christenthums mit der Erbauung der Kirchen zusammenfällt und die Geschichte beider gleichbedeutend ist. Wie überhaupt die christlich-germanische Zeit, entwickelt sich auch im Gegensatze zu dem griechisch-römischen Tempelbaustyl langsam der christlich-germanische, der sogenannte gothische Kirchenbaustyl als ein der ganzen christlichen Welt in Italien, in Deutschland, Frankreich, Spanien und England gemeinsamer, welcher den sog. romanischen oder byzantinischen Baustyl zu

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 diese den Glauben von dem Einen Gott zu ihrem gleichen und freien Rechte, zu ihrer Anerkennung aller
 Individuen nahmen, um ihn in siegreichem Kampfe durch alle Länder des weiten römischen Reiches zu
 tragen. Die Römer in der Gründung ihres Weltreiches &#x2013; hatten den Boden bereitet und geschaffen, auf
 dem das Christenthum als Weltreligion entstehen und herrschen sollte und konnte; die Weltherrschaft,
 welche das Schwert des römischen Kriegers gestiftet hatte, setzte der römische Priester durch die
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[351/0367] der denkende Mensch vor der hohen Weisheit und Vorsehung, welche die Menschengeschichte leiten, dass die Idee des Einen Gottes, des Gottes der Liebe und der sich gleichen unsterblichen Menschen unter den Juden in Asien erst geweckt, gelehrt und verbreitet wird, als in Europa der neue Völkerstamm der für die Freiheit und das Recht aller Menschen begeisterten und streitenden Germanen erscheint und über die Länder sich ergiesst, – als in ihrem allgemeinen Unglücke die Völker der römischen Welt nur noch bei dem höchsten Gotte Trost und Frieden suchten und fanden. Von selbst wird die griechisch-römische Zeit auf diese Weise zur christlich-germanischen Zeit, die Erfüllung der Aufgabe der Weltgeschichte geht von den Römern auf die Germanen über, indem diese den Glauben von dem Einen Gott zu ihrem gleichen und freien Rechte, zu ihrer Anerkennung aller Individuen nahmen, um ihn in siegreichem Kampfe durch alle Länder des weiten römischen Reiches zu tragen. Die Römer in der Gründung ihres Weltreiches – hatten den Boden bereitet und geschaffen, auf dem das Christenthum als Weltreligion entstehen und herrschen sollte und konnte; die Weltherrschaft, welche das Schwert des römischen Kriegers gestiftet hatte, setzte der römische Priester durch die Macht des Glaubens fort. Dass das Christenthum zu seiner wahrhaften und befruchtenden Entwickelung ein neues, noch ungebildetes und desshalb jeder Bildung fähiges Volk bedurft habe, lehrt dessen machtloses Bestehen und endliches Verderben in dem ost-römischen oder byzantinischen Kaiserstaate. Wohin die germanischen Völker die neue christliche Religion brachten und einführten, bauten sie ihr auch würdige Tempel, Kirchen, so dass die Einführung und Ausdehnung des Christenthums mit der Erbauung der Kirchen zusammenfällt und die Geschichte beider gleichbedeutend ist. Wie überhaupt die christlich-germanische Zeit, entwickelt sich auch im Gegensatze zu dem griechisch-römischen Tempelbaustyl langsam der christlich-germanische, der sogenannte gothische Kirchenbaustyl als ein der ganzen christlichen Welt in Italien, in Deutschland, Frankreich, Spanien und England gemeinsamer, welcher den sog. romanischen oder byzantinischen Baustyl zu

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/367>, abgerufen am 22.11.2024.