Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

lebendige Vorstellungskreis ist nun erblasst und getrübt, ja in seiner ursprünglichen Geistalt in den Religionen und Mysterien des Alterthums untergegangen und nur die Schaale und die Worte, die Gebräuche und Symbole sind theilweise übrig geblieben, welche Ueberreste daher heute so lose verbunden und selbst gleichgültig und willkürlich erscheinen, obwohl sie dieses durchaus nicht sind.

Das heilige Wort, das Schöpfungs- und Gesetzeswort, Honover von den Parsen genannt,1) wird bei ihnen geradezu als der ewig beseelende, allwirksame und ewig streitbare Licht-Lebensgeist, als die ewige Gottheit und der ewige Schöpfer und Erhalter selbst personificirt. Creuzer setzt als bekannt voraus, dass diese Personification des Wortes [fremdsprachliches Material] auch in die heiligen Schriften der Hebräer und der Christen, wenigstens in das Evangelium Johannis übergegangen sei. So sind auch die heiligen Worte der Maurer durchaus nur der Name Gottes, wie Jehovah und Hiram, oder Bezeichnungen Gottes in seiner Unwandelbarkeit und Wandelbarkeit, Unveränderlichkeit und Veränderlichkeit, als Schöpfer des (zeitlichen und ewigen) Lebens und des Todes, wie Jakin und Boaz. Den Worten Jakin und Boaz als Bezeichnungen bloser göttlicher Eigenschaften können sogar Jehovah und Hiram gleichgestellt werden, indem auch Jehovah nur den Ewigen, - Den, der da war, da ist und da sein wird, und Hiram den allmächtigen Baumeister und Bildner der Gottheit und der Menschheit bezeichnet, wie zuletzt alle Benennungen oder Namen der Götter nur von den denselben zugeschriebenen Eigenschaften entlehnt und abgeleitet sind. Hiram wegen seiner Beziehungen zum Tode war gewiss auch Todtenrichter, wie Osiris es war und Christus es ist; der für die Menschheit leidende und sterbende Gott, der erste sterbende Gott-Mensch wird auch zum Ersten im Todtenreiche, zum Richter der nach ihm in dem Reiche der Todten ankommenden Verstorbenen. Es wäre eine unbegreifliche Lücke in dem alten Glauben der heidnischen Maurer, wenn sie keinen Todtenrichter gehabt hätten, und ohne Zweifel war dieser Todtenrichter bei den römischen Bauleuten der

1) Creuzer, Symbolik, I. S. 725; Spiegel, Avesta, I. S. 13.

lebendige Vorstellungskreis ist nun erblasst und getrübt, ja in seiner ursprünglichen Geistalt in den Religionen und Mysterien des Alterthums untergegangen und nur die Schaale und die Worte, die Gebräuche und Symbole sind theilweise übrig geblieben, welche Ueberreste daher heute so lose verbunden und selbst gleichgültig und willkürlich erscheinen, obwohl sie dieses durchaus nicht sind.

Das heilige Wort, das Schöpfungs- und Gesetzeswort, Honover von den Parsen genannt,1) wird bei ihnen geradezu als der ewig beseelende, allwirksame und ewig streitbare Licht-Lebensgeist, als die ewige Gottheit und der ewige Schöpfer und Erhalter selbst personificirt. Creuzer setzt als bekannt voraus, dass diese Personification des Wortes [fremdsprachliches Material] auch in die heiligen Schriften der Hebräer und der Christen, wenigstens in das Evangelium Johannis übergegangen sei. So sind auch die heiligen Worte der Maurer durchaus nur der Name Gottes, wie Jehovah und Hiram, oder Bezeichnungen Gottes in seiner Unwandelbarkeit und Wandelbarkeit, Unveränderlichkeit und Veränderlichkeit, als Schöpfer des (zeitlichen und ewigen) Lebens und des Todes, wie Jakin und Boaz. Den Worten Jakin und Boaz als Bezeichnungen bloser göttlicher Eigenschaften können sogar Jehovah und Hiram gleichgestellt werden, indem auch Jehovah nur den Ewigen, – Den, der da war, da ist und da sein wird, und Hiram den allmächtigen Baumeister und Bildner der Gottheit und der Menschheit bezeichnet, wie zuletzt alle Benennungen oder Namen der Götter nur von den denselben zugeschriebenen Eigenschaften entlehnt und abgeleitet sind. Hiram wegen seiner Beziehungen zum Tode war gewiss auch Todtenrichter, wie Osiris es war und Christus es ist; der für die Menschheit leidende und sterbende Gott, der erste sterbende Gott-Mensch wird auch zum Ersten im Todtenreiche, zum Richter der nach ihm in dem Reiche der Todten ankommenden Verstorbenen. Es wäre eine unbegreifliche Lücke in dem alten Glauben der heidnischen Maurer, wenn sie keinen Todtenrichter gehabt hätten, und ohne Zweifel war dieser Todtenrichter bei den römischen Bauleuten der

1) Creuzer, Symbolik, I. S. 725; Spiegel, Avesta, I. S. 13.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0322" n="306"/>
lebendige
 Vorstellungskreis ist nun erblasst und getrübt, ja in seiner ursprünglichen Geistalt in den
 Religionen und Mysterien des Alterthums untergegangen und nur die Schaale und die Worte, die
 Gebräuche und Symbole sind theilweise übrig geblieben, welche Ueberreste daher heute so lose
 verbunden und selbst gleichgültig und willkürlich erscheinen, obwohl sie dieses durchaus nicht
 sind.</p>
        <p> Das heilige Wort, das Schöpfungs- und Gesetzeswort, Honover von den Parsen genannt,<note place="foot" n="1)">Creuzer, Symbolik, I. S. 725; Spiegel, Avesta, I. S. 13. </note> wird bei ihnen
 geradezu als der ewig beseelende, allwirksame und ewig streitbare Licht-Lebensgeist, als die ewige
 Gottheit und der ewige Schöpfer und Erhalter selbst personificirt. Creuzer setzt als bekannt voraus,
 dass diese Personification des Wortes <foreign xml:lang="ell"><gap reason="fm"/></foreign> auch in
 die heiligen Schriften der Hebräer und der Christen, wenigstens in das Evangelium Johannis
 übergegangen sei. So sind auch die heiligen Worte der Maurer durchaus nur der Name Gottes, wie
 Jehovah und Hiram, oder Bezeichnungen Gottes in seiner Unwandelbarkeit und Wandelbarkeit,
 Unveränderlichkeit und Veränderlichkeit, als Schöpfer des (zeitlichen und ewigen) Lebens und des
 Todes, wie Jakin und Boaz. Den Worten Jakin und Boaz als Bezeichnungen bloser göttlicher
 Eigenschaften können sogar Jehovah und Hiram gleichgestellt werden, indem auch Jehovah nur den
 Ewigen, &#x2013; Den, der da war, da ist und da sein wird, und Hiram den allmächtigen Baumeister und
 Bildner der Gottheit und der Menschheit bezeichnet, wie zuletzt alle Benennungen oder Namen der
 Götter nur von den denselben zugeschriebenen Eigenschaften entlehnt und abgeleitet sind. Hiram wegen
 seiner Beziehungen zum Tode war gewiss auch Todtenrichter, wie Osiris es war und Christus es ist;
 der für die Menschheit leidende und sterbende Gott, der erste sterbende Gott-Mensch wird auch zum
 Ersten im Todtenreiche, zum Richter der nach ihm in dem Reiche der Todten ankommenden Verstorbenen.
 Es wäre eine unbegreifliche Lücke in dem alten Glauben der heidnischen Maurer, wenn sie keinen
 Todtenrichter gehabt hätten, und ohne Zweifel war dieser Todtenrichter bei den römischen Bauleuten
 der
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[306/0322] lebendige Vorstellungskreis ist nun erblasst und getrübt, ja in seiner ursprünglichen Geistalt in den Religionen und Mysterien des Alterthums untergegangen und nur die Schaale und die Worte, die Gebräuche und Symbole sind theilweise übrig geblieben, welche Ueberreste daher heute so lose verbunden und selbst gleichgültig und willkürlich erscheinen, obwohl sie dieses durchaus nicht sind. Das heilige Wort, das Schöpfungs- und Gesetzeswort, Honover von den Parsen genannt, 1) wird bei ihnen geradezu als der ewig beseelende, allwirksame und ewig streitbare Licht-Lebensgeist, als die ewige Gottheit und der ewige Schöpfer und Erhalter selbst personificirt. Creuzer setzt als bekannt voraus, dass diese Personification des Wortes _ auch in die heiligen Schriften der Hebräer und der Christen, wenigstens in das Evangelium Johannis übergegangen sei. So sind auch die heiligen Worte der Maurer durchaus nur der Name Gottes, wie Jehovah und Hiram, oder Bezeichnungen Gottes in seiner Unwandelbarkeit und Wandelbarkeit, Unveränderlichkeit und Veränderlichkeit, als Schöpfer des (zeitlichen und ewigen) Lebens und des Todes, wie Jakin und Boaz. Den Worten Jakin und Boaz als Bezeichnungen bloser göttlicher Eigenschaften können sogar Jehovah und Hiram gleichgestellt werden, indem auch Jehovah nur den Ewigen, – Den, der da war, da ist und da sein wird, und Hiram den allmächtigen Baumeister und Bildner der Gottheit und der Menschheit bezeichnet, wie zuletzt alle Benennungen oder Namen der Götter nur von den denselben zugeschriebenen Eigenschaften entlehnt und abgeleitet sind. Hiram wegen seiner Beziehungen zum Tode war gewiss auch Todtenrichter, wie Osiris es war und Christus es ist; der für die Menschheit leidende und sterbende Gott, der erste sterbende Gott-Mensch wird auch zum Ersten im Todtenreiche, zum Richter der nach ihm in dem Reiche der Todten ankommenden Verstorbenen. Es wäre eine unbegreifliche Lücke in dem alten Glauben der heidnischen Maurer, wenn sie keinen Todtenrichter gehabt hätten, und ohne Zweifel war dieser Todtenrichter bei den römischen Bauleuten der 1) Creuzer, Symbolik, I. S. 725; Spiegel, Avesta, I. S. 13.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/322
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/322>, abgerufen am 22.11.2024.