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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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des Lichtes auf den höchsten Bergen, welche ihr Haupt in die Wolken strecken und von denen der Blitz niederfährt, und wurden hier auch verehrt, woher die hohen Berge oft wieder Donnersberge oder Grossvater (Etzel, wie ein solcher auch am Zürichsee im Kanton Schwyz liegt, - oder Attila) hiessen.1) Ukko, der Name des finnischen Donnergottes, bedeutet Grossvater, Altvater, Greis, entsprechend dem ungar. agg Greis, ostjakischen jig, Vater, und dem jakutischen aga, aka, Vater. Ueberhaupt sind fast in allen gebildeten Religionen nach den Nachweisungen von Grimm, a. a. O., S. 13, die heutigen allgemeinen Benennungen von Gott aus der ursprünglichen besonderen Bedeutung eines Donnergottes hervorgegangen. Dem deutschen Wort Donner liegt zunächst die Wurzel dehnen zu Grund, weil der Donner eine Spannung der Luft ist. Der fürchterliche Donner, der niederfahrende Blitz, das Gewitter mit seinen Schrecknissen und Segnungen verkündeten den Menschen zuerst das Dasein Gottes. Daher ist auch der Donner nach der Vorstellung vieler, ja fast aller Völker Gottesstimme, die Himmelsstimme, die Stimme von oben. Auf dem Berge Sinai bei Erlassung seiner zehn Gebote antwortet Gott dem Moses aus dem Wolkendunkel durch den Donner; der Donner ist die Stimme des Ewigen, die furchtbare Posaune des Himmels. Deshalb heisst es auch bei Moses II. 20. 18 ff.: "Und alles Volk gewahrte die Donner und die (Blitzes-) Flammen, und den Ton der Posaune und den rauchenden Berg. Da sie aber solches sahen, flohen sie, und traten von ferne: und sprachen zu Moses, rede du mit uns, dass wir's hören, und lass Gott nicht mit uns reden, dass wir nicht sterben." In dem reinen vedischen Naturglauben, in der blosen Natursymbolik der Vedas ist Indra derjenige Gott, dessen Walten am unmittelbarsten in das Ergehen der Menschen hineingreift. Als Träger des Blitzes und Herrscher im Donnergewölk ist Indra, wie der Homerische Zeus, Gott des Kampfes und des Sieges, Entscheider der Schlachten, Zerstörer der Städte u. s. w. Der Hammer des Thorr, welcher geschleudert stets wieder von selbst

1) Jac. Grimm, die Namen des Donners, Berlin 1855, S. 16.

des Lichtes auf den höchsten Bergen, welche ihr Haupt in die Wolken strecken und von denen der Blitz niederfährt, und wurden hier auch verehrt, woher die hohen Berge oft wieder Donnersberge oder Grossvater (Etzel, wie ein solcher auch am Zürichsee im Kanton Schwyz liegt, – oder Attila) hiessen.1) Ukko, der Name des finnischen Donnergottes, bedeutet Grossvater, Altvater, Greis, entsprechend dem ungar. agg Greis, ostjakischen jig, Vater, und dem jakutischen aga, aka, Vater. Ueberhaupt sind fast in allen gebildeten Religionen nach den Nachweisungen von Grimm, a. a. O., S. 13, die heutigen allgemeinen Benennungen von Gott aus der ursprünglichen besonderen Bedeutung eines Donnergottes hervorgegangen. Dem deutschen Wort Donner liegt zunächst die Wurzel dehnen zu Grund, weil der Donner eine Spannung der Luft ist. Der fürchterliche Donner, der niederfahrende Blitz, das Gewitter mit seinen Schrecknissen und Segnungen verkündeten den Menschen zuerst das Dasein Gottes. Daher ist auch der Donner nach der Vorstellung vieler, ja fast aller Völker Gottesstimme, die Himmelsstimme, die Stimme von oben. Auf dem Berge Sinai bei Erlassung seiner zehn Gebote antwortet Gott dem Moses aus dem Wolkendunkel durch den Donner; der Donner ist die Stimme des Ewigen, die furchtbare Posaune des Himmels. Deshalb heisst es auch bei Moses II. 20. 18 ff.: „Und alles Volk gewahrte die Donner und die (Blitzes-) Flammen, und den Ton der Posaune und den rauchenden Berg. Da sie aber solches sahen, flohen sie, und traten von ferne: und sprachen zu Moses, rede du mit uns, dass wir’s hören, und lass Gott nicht mit uns reden, dass wir nicht sterben.“ In dem reinen vedischen Naturglauben, in der blosen Natursymbolik der Vedas ist Indra derjenige Gott, dessen Walten am unmittelbarsten in das Ergehen der Menschen hineingreift. Als Träger des Blitzes und Herrscher im Donnergewölk ist Indra, wie der Homerische Zeus, Gott des Kampfes und des Sieges, Entscheider der Schlachten, Zerstörer der Städte u. s. w. Der Hammer des Thôrr, welcher geschleudert stets wieder von selbst

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 jakutischen aga, aka, Vater. Ueberhaupt sind fast in allen gebildeten Religionen nach den
 Nachweisungen von Grimm, a. a. O., S. 13, die heutigen allgemeinen Benennungen von Gott aus der
 ursprünglichen besonderen Bedeutung eines Donnergottes hervorgegangen. Dem deutschen Wort Donner
 liegt zunächst die Wurzel dehnen zu Grund, weil der Donner eine Spannung der Luft ist. Der
 fürchterliche Donner, der niederfahrende Blitz, das Gewitter mit seinen Schrecknissen und Segnungen
 verkündeten den Menschen zuerst das Dasein Gottes. Daher ist auch der Donner nach der Vorstellung
 vieler, ja fast aller Völker Gottesstimme, die Himmelsstimme, die Stimme von oben. Auf dem Berge
 Sinai bei Erlassung seiner zehn Gebote antwortet Gott dem Moses aus dem Wolkendunkel durch den
 Donner; der Donner ist die Stimme des Ewigen, die furchtbare Posaune des Himmels. Deshalb heisst es
 auch bei Moses II. 20. 18 ff.: &#x201E;Und alles Volk gewahrte die Donner und die (Blitzes-) Flammen, und
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[249/0265] des Lichtes auf den höchsten Bergen, welche ihr Haupt in die Wolken strecken und von denen der Blitz niederfährt, und wurden hier auch verehrt, woher die hohen Berge oft wieder Donnersberge oder Grossvater (Etzel, wie ein solcher auch am Zürichsee im Kanton Schwyz liegt, – oder Attila) hiessen. 1) Ukko, der Name des finnischen Donnergottes, bedeutet Grossvater, Altvater, Greis, entsprechend dem ungar. agg Greis, ostjakischen jig, Vater, und dem jakutischen aga, aka, Vater. Ueberhaupt sind fast in allen gebildeten Religionen nach den Nachweisungen von Grimm, a. a. O., S. 13, die heutigen allgemeinen Benennungen von Gott aus der ursprünglichen besonderen Bedeutung eines Donnergottes hervorgegangen. Dem deutschen Wort Donner liegt zunächst die Wurzel dehnen zu Grund, weil der Donner eine Spannung der Luft ist. Der fürchterliche Donner, der niederfahrende Blitz, das Gewitter mit seinen Schrecknissen und Segnungen verkündeten den Menschen zuerst das Dasein Gottes. Daher ist auch der Donner nach der Vorstellung vieler, ja fast aller Völker Gottesstimme, die Himmelsstimme, die Stimme von oben. Auf dem Berge Sinai bei Erlassung seiner zehn Gebote antwortet Gott dem Moses aus dem Wolkendunkel durch den Donner; der Donner ist die Stimme des Ewigen, die furchtbare Posaune des Himmels. Deshalb heisst es auch bei Moses II. 20. 18 ff.: „Und alles Volk gewahrte die Donner und die (Blitzes-) Flammen, und den Ton der Posaune und den rauchenden Berg. Da sie aber solches sahen, flohen sie, und traten von ferne: und sprachen zu Moses, rede du mit uns, dass wir’s hören, und lass Gott nicht mit uns reden, dass wir nicht sterben.“ In dem reinen vedischen Naturglauben, in der blosen Natursymbolik der Vedas ist Indra derjenige Gott, dessen Walten am unmittelbarsten in das Ergehen der Menschen hineingreift. Als Träger des Blitzes und Herrscher im Donnergewölk ist Indra, wie der Homerische Zeus, Gott des Kampfes und des Sieges, Entscheider der Schlachten, Zerstörer der Städte u. s. w. Der Hammer des Thôrr, welcher geschleudert stets wieder von selbst 1) Jac. Grimm, die Namen des Donners, Berlin 1855, S. 16.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/265>, abgerufen am 19.05.2024.