oder
Hauszeichen1) sind keine Schrift, drücken keinen Gedanken aus, sondern sind blos äusserliche,
willkürlich gewählte und aus einfachen geraden Linien zusammengesetzte Zeichen (signa, notae,
charaeteres) an der Stelle der noch fehlenden Buchstaben und des noch nicht zu schreibenden Namens
oder Anfangsbuchstabens des Namens des Eigenthümers, wodurch das Eigenthum eines jeden einzelnen
Hausvaters, besonders an Geräthen und Hausthieren, kenntlich gemacht und unterschieden werden soll.
So lange namentlich die Urvölker nur mit der Viehzucht sich beschäftigten oder nach schon begonnem
und eingeführtem Ackerbaue noch gemeinsame Heerden und Waiden hatten, mussten schlechterdings die
einzelnen Thiere der Heerde oder wenigstens die einzelnen Heerden der Schaafe, Kühe, Ziegen, Pferde
u. s. w. an den Ohren, wie z. B. in Island,2) oder auf dem Rücken, in den Beinen oder sonst wo genau bezeichnet sein, um das
zusammengelaufene und unter einander gemengte Eigenthum der verschiedenen Eigenthümer wieder
erkennen und sondern zu können. Daher finden sich die Hausmarken sogar bei den Rennthieren der
Lappländer.3) Diese zunächst für die
Thiere, für das lebendige Eigenthum gewählten und nöthigen Zeichen schnitt oder brannte man dann
auch aus dem gleichen Grunde der Sicherung, der Unterscheidung und Erkennbarkeit dem übrigen
leblosen, selbst dem nur beweglichen Eigenthume und sogar der Holzhütte, dem Holzhause ein, so dass
das gleiche Zeichen alles Vieh und alles Geräthe erhielt und trug, welches zu einem bestimmten Hause
gehörte und für dasselbe erworben wurde. Die Aufzeichnung oder die Einschneidung des Hauszeichens
auf das Thier oder das Hausgeräthe war gleichbedeutend mit dem Eigenthumserwerbe, mit der
Besitzergreifung desselben. Ganz in dem gleichen Sinne wird auch der Maurerlehrling durch Ertheilung
des Logenzeichens. des Hauszeichens der Loge, unter die Glieder der Loge, gleichsam
1) Vergl. darüber vorzüglich Michelsen, die Hausmarke, Jena 1853;
Homeyer, die Haus- und Hofmarken, in der Zeitschrift für schweizerisches Recht, Bd. II. S. 102
ff.
2) Michelsen, a. a. O., S.
20.
3) Michelsen, a. a. O., S. 45.
oder
Hauszeichen1) sind keine Schrift, drücken keinen Gedanken aus, sondern sind blos äusserliche,
willkürlich gewählte und aus einfachen geraden Linien zusammengesetzte Zeichen (signa, notae,
charaeteres) an der Stelle der noch fehlenden Buchstaben und des noch nicht zu schreibenden Namens
oder Anfangsbuchstabens des Namens des Eigenthümers, wodurch das Eigenthum eines jeden einzelnen
Hausvaters, besonders an Geräthen und Hausthieren, kenntlich gemacht und unterschieden werden soll.
So lange namentlich die Urvölker nur mit der Viehzucht sich beschäftigten oder nach schon begonnem
und eingeführtem Ackerbaue noch gemeinsame Heerden und Waiden hatten, mussten schlechterdings die
einzelnen Thiere der Heerde oder wenigstens die einzelnen Heerden der Schaafe, Kühe, Ziegen, Pferde
u. s. w. an den Ohren, wie z. B. in Island,2) oder auf dem Rücken, in den Beinen oder sonst wo genau bezeichnet sein, um das
zusammengelaufene und unter einander gemengte Eigenthum der verschiedenen Eigenthümer wieder
erkennen und sondern zu können. Daher finden sich die Hausmarken sogar bei den Rennthieren der
Lappländer.3) Diese zunächst für die
Thiere, für das lebendige Eigenthum gewählten und nöthigen Zeichen schnitt oder brannte man dann
auch aus dem gleichen Grunde der Sicherung, der Unterscheidung und Erkennbarkeit dem übrigen
leblosen, selbst dem nur beweglichen Eigenthume und sogar der Holzhütte, dem Holzhause ein, so dass
das gleiche Zeichen alles Vieh und alles Geräthe erhielt und trug, welches zu einem bestimmten Hause
gehörte und für dasselbe erworben wurde. Die Aufzeichnung oder die Einschneidung des Hauszeichens
auf das Thier oder das Hausgeräthe war gleichbedeutend mit dem Eigenthumserwerbe, mit der
Besitzergreifung desselben. Ganz in dem gleichen Sinne wird auch der Maurerlehrling durch Ertheilung
des Logenzeichens. des Hauszeichens der Loge, unter die Glieder der Loge, gleichsam
1) Vergl. darüber vorzüglich Michelsen, die Hausmarke, Jena 1853;
Homeyer, die Haus- und Hofmarken, in der Zeitschrift für schweizerisches Recht, Bd. II. S. 102
ff.
2) Michelsen, a. a. O., S.
20.
3) Michelsen, a. a. O., S. 45.
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Hauszeichen<noteplace="foot"n="1)">Vergl. darüber vorzüglich Michelsen, die Hausmarke, Jena 1853;
Homeyer, die Haus- und Hofmarken, in der Zeitschrift für schweizerisches Recht, Bd. II. S. 102
ff.</note> sind keine Schrift, drücken keinen Gedanken aus, sondern sind blos äusserliche,
willkürlich gewählte und aus einfachen geraden Linien zusammengesetzte Zeichen (signa, notae,
charaeteres) an der Stelle der noch fehlenden Buchstaben und des noch nicht zu schreibenden Namens
oder Anfangsbuchstabens des Namens des Eigenthümers, wodurch das Eigenthum eines jeden einzelnen
Hausvaters, besonders an Geräthen und Hausthieren, kenntlich gemacht und unterschieden werden soll.
So lange namentlich die Urvölker nur mit der Viehzucht sich beschäftigten oder nach schon begonnem
und eingeführtem Ackerbaue noch gemeinsame Heerden und Waiden hatten, mussten schlechterdings die
einzelnen Thiere der Heerde oder wenigstens die einzelnen Heerden der Schaafe, Kühe, Ziegen, Pferde
u. s. w. an den Ohren, wie z. B. in Island,<noteplace="foot"n="2)">Michelsen, a. a. O., S.
20.</note> oder auf dem Rücken, in den Beinen oder sonst wo genau bezeichnet sein, um das
zusammengelaufene und unter einander gemengte Eigenthum der verschiedenen Eigenthümer wieder
erkennen und sondern zu können. Daher finden sich die Hausmarken sogar bei den Rennthieren der
Lappländer.<noteplace="foot"n="3)">Michelsen, a. a. O., S. 45.</note> Diese zunächst für die
Thiere, für das lebendige Eigenthum gewählten und nöthigen Zeichen schnitt oder brannte man dann
auch aus dem gleichen Grunde der Sicherung, der Unterscheidung und Erkennbarkeit dem übrigen
leblosen, selbst dem nur beweglichen Eigenthume und sogar der Holzhütte, dem Holzhause ein, so dass
das gleiche Zeichen alles Vieh und alles Geräthe erhielt und trug, welches zu einem bestimmten Hause
gehörte und für dasselbe erworben wurde. Die Aufzeichnung oder die Einschneidung des Hauszeichens
auf das Thier oder das Hausgeräthe war gleichbedeutend mit dem Eigenthumserwerbe, mit der
Besitzergreifung desselben. Ganz in dem gleichen Sinne wird auch der Maurerlehrling durch Ertheilung
des Logenzeichens. des Hauszeichens der Loge, unter die Glieder der Loge, gleichsam
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[96/0112]
oder Hauszeichen 1) sind keine Schrift, drücken keinen Gedanken aus, sondern sind blos äusserliche, willkürlich gewählte und aus einfachen geraden Linien zusammengesetzte Zeichen (signa, notae, charaeteres) an der Stelle der noch fehlenden Buchstaben und des noch nicht zu schreibenden Namens oder Anfangsbuchstabens des Namens des Eigenthümers, wodurch das Eigenthum eines jeden einzelnen Hausvaters, besonders an Geräthen und Hausthieren, kenntlich gemacht und unterschieden werden soll. So lange namentlich die Urvölker nur mit der Viehzucht sich beschäftigten oder nach schon begonnem und eingeführtem Ackerbaue noch gemeinsame Heerden und Waiden hatten, mussten schlechterdings die einzelnen Thiere der Heerde oder wenigstens die einzelnen Heerden der Schaafe, Kühe, Ziegen, Pferde u. s. w. an den Ohren, wie z. B. in Island, 2) oder auf dem Rücken, in den Beinen oder sonst wo genau bezeichnet sein, um das zusammengelaufene und unter einander gemengte Eigenthum der verschiedenen Eigenthümer wieder erkennen und sondern zu können. Daher finden sich die Hausmarken sogar bei den Rennthieren der Lappländer. 3) Diese zunächst für die Thiere, für das lebendige Eigenthum gewählten und nöthigen Zeichen schnitt oder brannte man dann auch aus dem gleichen Grunde der Sicherung, der Unterscheidung und Erkennbarkeit dem übrigen leblosen, selbst dem nur beweglichen Eigenthume und sogar der Holzhütte, dem Holzhause ein, so dass das gleiche Zeichen alles Vieh und alles Geräthe erhielt und trug, welches zu einem bestimmten Hause gehörte und für dasselbe erworben wurde. Die Aufzeichnung oder die Einschneidung des Hauszeichens auf das Thier oder das Hausgeräthe war gleichbedeutend mit dem Eigenthumserwerbe, mit der Besitzergreifung desselben. Ganz in dem gleichen Sinne wird auch der Maurerlehrling durch Ertheilung des Logenzeichens. des Hauszeichens der Loge, unter die Glieder der Loge, gleichsam
1) Vergl. darüber vorzüglich Michelsen, die Hausmarke, Jena 1853; Homeyer, die Haus- und Hofmarken, in der Zeitschrift für schweizerisches Recht, Bd. II. S. 102 ff.
2) Michelsen, a. a. O., S. 20.
3) Michelsen, a. a. O., S. 45.
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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/112>, abgerufen am 24.11.2024.
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