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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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haben,1) wohin die Sterbenden zu ihren Vätern versammelt werden, und diese Vorstellung wesentlich eine ägyptische ist, nur bei dem Aufenthalte in Aegypten unter den Juden aufgekommen und angenommen worden sein kann, ist es gewiss zulässig und gerechtfertigt auch die jüdische Todtenklage als mit aus Aegypten herübergebracht anzusehen und von ihrem Inhalt, von ihrer Redeweise auf den Inhalt und die Redeweise der ägyptischen Todtenklage zurückzuschliessen. Jeremias, welcher dem König Jojakim. droht, dass er nicht in der üblichen Weise werde zur Erde bestattet. werden, sagt dafür 22, 18 mit andern Worten: "Ferner spricht der Herr also wider Jehojakim, den Sohn Josias, den König Juda: Man wird ihn nicht beweinen: Ach, mein Bruder, oder, ach meine Schwester! man wird ihn auch nicht beweinen: Weh Herr! oder, weh seiner Herrlichkeit! sondern er wird wie ein Esel begraben, verschleppt und verworfen werden, fern von den Thoren Jerusalems" - Auch in den neutestamentlichen Schriften findet sich öfters die Anrede: "Mein Bruder" , oder "Meine Brüder". oder auch die Benennung Bruder und Schwester, z. B. in der Epistel Jacobi im Eingange von Kap. II und III, ferner Kap. I. 9 und 19, - II. 2,14 und 15, - III. 10, - IV. 11, - V. 7, 12 und 19, - in der dritten Epistel Johannis 3, 5 und 10, - in der Epistel Pauli Kap. II. 11, 12 und 17, - III. 1, - X. 19, - XIII. 1 u. s. w., was in Verbindung mit manchen andern Umständen die Vermuthung veranlasst und begründet hat, dass Christus und die ersten Christen mit den Mysterien Aegyptens oder der jüdischen Essäer und ägyptischen Therapeuten in Verbindung gestanden und unter sich als Brüder und Schwestern verbunden gewesen seien, einen Bruder- und Schwesternbund gebildet haben. In der Epistel Pauli XIII. 1 wird namentlich der Wunsch ausgesprochen, dass die brüderliche Liebe bleiben möge. Will man nun auch der Ansicht nicht beitreten, dass die ersten Christen einen geheimen religiösen Bruder- und Schwesternbund

1) In Psalm 89 heisst es: Wer ist's, der lebt, und den Tod nicht schaut,
Der seine Seele rettet vor der Gewalt der Unterwelt.


haben,1) wohin die Sterbenden zu ihren Vätern versammelt werden, und diese Vorstellung wesentlich eine ägyptische ist, nur bei dem Aufenthalte in Aegypten unter den Juden aufgekommen und angenommen worden sein kann, ist es gewiss zulässig und gerechtfertigt auch die jüdische Todtenklage als mit aus Aegypten herübergebracht anzusehen und von ihrem Inhalt, von ihrer Redeweise auf den Inhalt und die Redeweise der ägyptischen Todtenklage zurückzuschliessen. Jeremias, welcher dem König Jojakim. droht, dass er nicht in der üblichen Weise werde zur Erde bestattet. werden, sagt dafür 22, 18 mit andern Worten: „Ferner spricht der Herr also wider Jehojakim, den Sohn Josias, den König Juda: Man wird ihn nicht beweinen: Ach, mein Bruder, oder, ach meine Schwester! man wird ihn auch nicht beweinen: Weh Herr! oder, weh seiner Herrlichkeit! sondern er wird wie ein Esel begraben, verschleppt und verworfen werden, fern von den Thoren Jerusalems“ – Auch in den neutestamentlichen Schriften findet sich öfters die Anrede: „Mein Bruder“ , oder „Meine Brüder“. oder auch die Benennung Bruder und Schwester, z. B. in der Epistel Jacobi im Eingange von Kap. II und III, ferner Kap. I. 9 und 19, – II. 2,14 und 15, – III. 10, – IV. 11, – V. 7, 12 und 19, – in der dritten Epistel Johannis 3, 5 und 10, – in der Epistel Pauli Kap. II. 11, 12 und 17, – III. 1, – X. 19, – XIII. 1 u. s. w., was in Verbindung mit manchen andern Umständen die Vermuthung veranlasst und begründet hat, dass Christus und die ersten Christen mit den Mysterien Aegyptens oder der jüdischen Essäer und ägyptischen Therapeuten in Verbindung gestanden und unter sich als Brüder und Schwestern verbunden gewesen seien, einen Bruder- und Schwesternbund gebildet haben. In der Epistel Pauli XIII. 1 wird namentlich der Wunsch ausgesprochen, dass die brüderliche Liebe bleiben möge. Will man nun auch der Ansicht nicht beitreten, dass die ersten Christen einen geheimen religiösen Bruder- und Schwesternbund

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 18 mit andern Worten: &#x201E;Ferner spricht der Herr also wider Jehojakim, den Sohn Josias, den König
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[89/0105] haben, 1) wohin die Sterbenden zu ihren Vätern versammelt werden, und diese Vorstellung wesentlich eine ägyptische ist, nur bei dem Aufenthalte in Aegypten unter den Juden aufgekommen und angenommen worden sein kann, ist es gewiss zulässig und gerechtfertigt auch die jüdische Todtenklage als mit aus Aegypten herübergebracht anzusehen und von ihrem Inhalt, von ihrer Redeweise auf den Inhalt und die Redeweise der ägyptischen Todtenklage zurückzuschliessen. Jeremias, welcher dem König Jojakim. droht, dass er nicht in der üblichen Weise werde zur Erde bestattet. werden, sagt dafür 22, 18 mit andern Worten: „Ferner spricht der Herr also wider Jehojakim, den Sohn Josias, den König Juda: Man wird ihn nicht beweinen: Ach, mein Bruder, oder, ach meine Schwester! man wird ihn auch nicht beweinen: Weh Herr! oder, weh seiner Herrlichkeit! sondern er wird wie ein Esel begraben, verschleppt und verworfen werden, fern von den Thoren Jerusalems“ – Auch in den neutestamentlichen Schriften findet sich öfters die Anrede: „Mein Bruder“ , oder „Meine Brüder“. oder auch die Benennung Bruder und Schwester, z. B. in der Epistel Jacobi im Eingange von Kap. II und III, ferner Kap. I. 9 und 19, – II. 2,14 und 15, – III. 10, – IV. 11, – V. 7, 12 und 19, – in der dritten Epistel Johannis 3, 5 und 10, – in der Epistel Pauli Kap. II. 11, 12 und 17, – III. 1, – X. 19, – XIII. 1 u. s. w., was in Verbindung mit manchen andern Umständen die Vermuthung veranlasst und begründet hat, dass Christus und die ersten Christen mit den Mysterien Aegyptens oder der jüdischen Essäer und ägyptischen Therapeuten in Verbindung gestanden und unter sich als Brüder und Schwestern verbunden gewesen seien, einen Bruder- und Schwesternbund gebildet haben. In der Epistel Pauli XIII. 1 wird namentlich der Wunsch ausgesprochen, dass die brüderliche Liebe bleiben möge. Will man nun auch der Ansicht nicht beitreten, dass die ersten Christen einen geheimen religiösen Bruder- und Schwesternbund 1) In Psalm 89 heisst es: Wer ist’s, der lebt, und den Tod nicht schaut, Der seine Seele rettet vor der Gewalt der Unterwelt.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/105>, abgerufen am 06.05.2024.