Bürgerrecht und Wohnsitz, zusammenhalten, so ergeben sich aus den für beide hier aufgestellten Grundsätzen (§ 351-- 354) folgende mögliche Combinationen.
Eine einzelne Person konnte im Bürgerverhältniß ste- hen zu Einer Stadt, zu mehreren Städten, zu keiner Stadt (§ 351).
Daneben konnte dieselbe Person im Verhältniß des Wohnsitzes stehen zu Einer Stadt, zu mehreren Städten, zu keiner Stadt (§ 354).
Der regelmäßige und häufigste Zustand aber war es gewiß, daß das Bürgerverhältniß einer Person nur für Eine Stadt begründet war, und daß diese Person in der- selben Stadt zugleich auch ihren Wohnsitz hatte.
§. 355. Die Römische Lehre von origo und domicilium. Wirkung dieser Verhältnisse.
Nachdem die beiden Gründe der Angehörigkeit an eine bestimmte Stadtgemeinde dargestellt worden sind, ist nun die praktische Seite dieser Lehre, oder die juristische Wir- kung der aus ihnen entspringenden Angehörigkeit, zu un- tersuchen.
Man möchte dabei ein gleiches Maaß von Rechten und Pflichten als Wirkung erwarten, und es muß zunächst auf- fallen, daß in unsern Rechtsquellen fast nur von Pflichten, nicht von Rechten, die Rede ist. Diese Erscheinung ist auf folgende Weise zu erklären. -- Das Bürgerverhältniß
5*
§. 355. Origo und domicilium. Wirkung.
Bürgerrecht und Wohnſitz, zuſammenhalten, ſo ergeben ſich aus den für beide hier aufgeſtellten Grundſätzen (§ 351— 354) folgende mögliche Combinationen.
Eine einzelne Perſon konnte im Bürgerverhältniß ſte- hen zu Einer Stadt, zu mehreren Städten, zu keiner Stadt (§ 351).
Daneben konnte dieſelbe Perſon im Verhältniß des Wohnſitzes ſtehen zu Einer Stadt, zu mehreren Städten, zu keiner Stadt (§ 354).
Der regelmäßige und häufigſte Zuſtand aber war es gewiß, daß das Bürgerverhältniß einer Perſon nur für Eine Stadt begründet war, und daß dieſe Perſon in der- ſelben Stadt zugleich auch ihren Wohnſitz hatte.
§. 355. Die Römiſche Lehre von origo und domicilium. Wirkung dieſer Verhältniſſe.
Nachdem die beiden Gründe der Angehörigkeit an eine beſtimmte Stadtgemeinde dargeſtellt worden ſind, iſt nun die praktiſche Seite dieſer Lehre, oder die juriſtiſche Wir- kung der aus ihnen entſpringenden Angehörigkeit, zu un- terſuchen.
Man möchte dabei ein gleiches Maaß von Rechten und Pflichten als Wirkung erwarten, und es muß zunächſt auf- fallen, daß in unſern Rechtsquellen faſt nur von Pflichten, nicht von Rechten, die Rede iſt. Dieſe Erſcheinung iſt auf folgende Weiſe zu erklären. — Das Bürgerverhältniß
5*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0089"n="67"/><fwplace="top"type="header">§. 355. <hirendition="#aq">Origo</hi> und <hirendition="#aq">domicilium.</hi> Wirkung.</fw><lb/>
Bürgerrecht und Wohnſitz, zuſammenhalten, ſo ergeben ſich<lb/>
aus den für beide hier aufgeſtellten Grundſätzen (§ 351—<lb/>
354) folgende mögliche Combinationen.</p><lb/><p>Eine einzelne Perſon konnte im Bürgerverhältniß ſte-<lb/>
hen zu Einer Stadt, zu mehreren Städten, zu keiner<lb/>
Stadt (§ 351).</p><lb/><p>Daneben konnte dieſelbe Perſon im Verhältniß des<lb/>
Wohnſitzes ſtehen zu Einer Stadt, zu mehreren Städten,<lb/>
zu keiner Stadt (§ 354).</p><lb/><p>Der regelmäßige und häufigſte Zuſtand aber war es<lb/>
gewiß, daß das Bürgerverhältniß einer Perſon nur für<lb/>
Eine Stadt begründet war, und daß dieſe Perſon in der-<lb/>ſelben Stadt zugleich auch ihren Wohnſitz hatte.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 355.<lb/><hirendition="#g">Die Römiſche Lehre von <hirendition="#aq">origo</hi> und <hirendition="#aq">domicilium.</hi><lb/>
Wirkung dieſer Verhältniſſe</hi>.</head><lb/><p>Nachdem die beiden Gründe der Angehörigkeit an eine<lb/>
beſtimmte Stadtgemeinde dargeſtellt worden ſind, iſt nun<lb/>
die praktiſche Seite dieſer Lehre, oder die juriſtiſche Wir-<lb/>
kung der aus ihnen entſpringenden Angehörigkeit, zu un-<lb/>
terſuchen.</p><lb/><p>Man möchte dabei ein gleiches Maaß von Rechten und<lb/>
Pflichten als Wirkung erwarten, und es muß zunächſt auf-<lb/>
fallen, daß in unſern Rechtsquellen faſt nur von Pflichten,<lb/>
nicht von Rechten, die Rede iſt. Dieſe Erſcheinung iſt auf<lb/>
folgende Weiſe zu erklären. — Das Bürgerverhältniß<lb/><fwplace="bottom"type="sig">5*</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[67/0089]
§. 355. Origo und domicilium. Wirkung.
Bürgerrecht und Wohnſitz, zuſammenhalten, ſo ergeben ſich
aus den für beide hier aufgeſtellten Grundſätzen (§ 351—
354) folgende mögliche Combinationen.
Eine einzelne Perſon konnte im Bürgerverhältniß ſte-
hen zu Einer Stadt, zu mehreren Städten, zu keiner
Stadt (§ 351).
Daneben konnte dieſelbe Perſon im Verhältniß des
Wohnſitzes ſtehen zu Einer Stadt, zu mehreren Städten,
zu keiner Stadt (§ 354).
Der regelmäßige und häufigſte Zuſtand aber war es
gewiß, daß das Bürgerverhältniß einer Perſon nur für
Eine Stadt begründet war, und daß dieſe Perſon in der-
ſelben Stadt zugleich auch ihren Wohnſitz hatte.
§. 355.
Die Römiſche Lehre von origo und domicilium.
Wirkung dieſer Verhältniſſe.
Nachdem die beiden Gründe der Angehörigkeit an eine
beſtimmte Stadtgemeinde dargeſtellt worden ſind, iſt nun
die praktiſche Seite dieſer Lehre, oder die juriſtiſche Wir-
kung der aus ihnen entſpringenden Angehörigkeit, zu un-
terſuchen.
Man möchte dabei ein gleiches Maaß von Rechten und
Pflichten als Wirkung erwarten, und es muß zunächſt auf-
fallen, daß in unſern Rechtsquellen faſt nur von Pflichten,
nicht von Rechten, die Rede iſt. Dieſe Erſcheinung iſt auf
folgende Weiſe zu erklären. — Das Bürgerverhältniß
5*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/89>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.