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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
Mittel der Gränzscheidung wird darin liegen, daß wir
untersuchen, ob vielleicht ein neues Gesetz zu den so eben
erwähnten Gesetzen von streng positiver, zwingender Natur
gehört, die außer dem reinen Rechtsgebiet ihre Wurzel
haben (S. 517). In diesem Fall haben wir dasselbe un-
zweifelhaft zu den Gesetzen über das Daseyn der Rechte zu
zählen, auf welche der Grundsatz der Nichtrückwirkung
keine Anwendung findet.

§. 399.
B. Daseyn der Rechte. -- Anwendungen. Ausnahmen.

Die Anwendungen des im § 398 aufgestellten Grund-
satzes werden, eben so wie es bei den Gesetzen über den Er-
werb der Rechte geschehen ist, nach gewissen Klassen der
Rechtsverhältnisse dargestellt werden; jedoch sind hier ganz
andere Klassen, als die dort angenommen, erforderlich.

I. Die erste Klasse, und zugleich die wichtigste, bilden
gewisse Rechtsverhältnisse, die ihrer Natur nach über das
einzelne Menschenleben hinausreichen, ja zu einer endlosen
Fortdauer bestimmt sind, und nur zufällig im einzelnen Fall
untergehen. Sie lassen sich gemeinsam bezeichnen als Be-
schränkungen der persönlichen Freiheit oder der Freiheit des
Grundeigenthums, und sind oft aus dinglichen oder obliga-
torischen Rechten gemischt. Die meisten derselben (nicht
alle) haben insofern ein historisches Daseyn, als ihre Ent-

Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
Mittel der Gränzſcheidung wird darin liegen, daß wir
unterſuchen, ob vielleicht ein neues Geſetz zu den ſo eben
erwähnten Geſetzen von ſtreng poſitiver, zwingender Natur
gehört, die außer dem reinen Rechtsgebiet ihre Wurzel
haben (S. 517). In dieſem Fall haben wir daſſelbe un-
zweifelhaft zu den Geſetzen über das Daſeyn der Rechte zu
zählen, auf welche der Grundſatz der Nichtrückwirkung
keine Anwendung findet.

§. 399.
B. Daſeyn der Rechte. — Anwendungen. Ausnahmen.

Die Anwendungen des im § 398 aufgeſtellten Grund-
ſatzes werden, eben ſo wie es bei den Geſetzen über den Er-
werb der Rechte geſchehen iſt, nach gewiſſen Klaſſen der
Rechtsverhältniſſe dargeſtellt werden; jedoch ſind hier ganz
andere Klaſſen, als die dort angenommen, erforderlich.

I. Die erſte Klaſſe, und zugleich die wichtigſte, bilden
gewiſſe Rechtsverhältniſſe, die ihrer Natur nach über das
einzelne Menſchenleben hinausreichen, ja zu einer endloſen
Fortdauer beſtimmt ſind, und nur zufällig im einzelnen Fall
untergehen. Sie laſſen ſich gemeinſam bezeichnen als Be-
ſchränkungen der perſönlichen Freiheit oder der Freiheit des
Grundeigenthums, und ſind oft aus dinglichen oder obliga-
toriſchen Rechten gemiſcht. Die meiſten derſelben (nicht
alle) haben inſofern ein hiſtoriſches Daſeyn, als ihre Ent-

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[522/0544] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen. Mittel der Gränzſcheidung wird darin liegen, daß wir unterſuchen, ob vielleicht ein neues Geſetz zu den ſo eben erwähnten Geſetzen von ſtreng poſitiver, zwingender Natur gehört, die außer dem reinen Rechtsgebiet ihre Wurzel haben (S. 517). In dieſem Fall haben wir daſſelbe un- zweifelhaft zu den Geſetzen über das Daſeyn der Rechte zu zählen, auf welche der Grundſatz der Nichtrückwirkung keine Anwendung findet. §. 399. B. Daſeyn der Rechte. — Anwendungen. Ausnahmen. Die Anwendungen des im § 398 aufgeſtellten Grund- ſatzes werden, eben ſo wie es bei den Geſetzen über den Er- werb der Rechte geſchehen iſt, nach gewiſſen Klaſſen der Rechtsverhältniſſe dargeſtellt werden; jedoch ſind hier ganz andere Klaſſen, als die dort angenommen, erforderlich. I. Die erſte Klaſſe, und zugleich die wichtigſte, bilden gewiſſe Rechtsverhältniſſe, die ihrer Natur nach über das einzelne Menſchenleben hinausreichen, ja zu einer endloſen Fortdauer beſtimmt ſind, und nur zufällig im einzelnen Fall untergehen. Sie laſſen ſich gemeinſam bezeichnen als Be- ſchränkungen der perſönlichen Freiheit oder der Freiheit des Grundeigenthums, und ſind oft aus dinglichen oder obliga- toriſchen Rechten gemiſcht. Die meiſten derſelben (nicht alle) haben inſofern ein hiſtoriſches Daſeyn, als ihre Ent-

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 522. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/544>, abgerufen am 21.11.2024.