Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
Recht, und die meisten Gründe (k), die bei dieser letzten Frage oben (§ 379) für die Behauptung geltend gemacht worden sind, daß das am Wohnsitz des Mannes zur Zeit der geschlossenen Ehe geltende Gesetz angewendet werden müsse, ohne Einfluß späterer Veränderung des Wohnsitzes, sprechen auch gegen den Einfluß späterer Veränderung der Gesetze.
Anwendungen dieses wichtigen Grundsatzes sind fol- gende:
Das Verhältniß des Dotalrechts zum Recht der Güter- gemeinschaft; ob eines dieser Institute ausschließend gelten soll, oder beide neben einander, und in welcher Stellung gegen einander.
Die Natur der Dos; dos profectitia: Uebergang der Rückforderung auf die Erben; unmittelbarer Rückfall des Eigenthums auf die Erben. -- Es ist jedoch zu bemerken, daß, wo die Dos nach rein Römischem Grundsatz nur durch die willkürliche Handlung der bestellenden Person entsteht (nicht ipso jure), nicht die Zeit der geschlossenen Ehe, sondern die Zeit der Bestellung der Dos, das anwendbare Gesetz bestimmen muß. Dieser Punkt ist ausdrücklich aner- kannt in einer transitorischen Vorschrift von Justinian(l).
(k) Ich sage: die meisten Gründe, nicht alle. Denn hier paßt nicht der Grund, daß die einseitige Willkür des Mannes, von welchem die Wahl des Wohn- sitzes abhängt, das bestehende Gü- terrecht nicht abändern dürfe. Die Veränderung im Gesetz hängt allerdings nicht ab von der Will- kür des Mannes.
(l)L. un. in f. C1 de rei ux. act. (5. 13).
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
Recht, und die meiſten Gründe (k), die bei dieſer letzten Frage oben (§ 379) für die Behauptung geltend gemacht worden ſind, daß das am Wohnſitz des Mannes zur Zeit der geſchloſſenen Ehe geltende Geſetz angewendet werden müſſe, ohne Einfluß ſpäterer Veränderung des Wohnſitzes, ſprechen auch gegen den Einfluß ſpäterer Veränderung der Geſetze.
Das Verhältniß des Dotalrechts zum Recht der Güter- gemeinſchaft; ob eines dieſer Inſtitute ausſchließend gelten ſoll, oder beide neben einander, und in welcher Stellung gegen einander.
Die Natur der Dos; dos profectitia: Uebergang der Rückforderung auf die Erben; unmittelbarer Rückfall des Eigenthums auf die Erben. — Es iſt jedoch zu bemerken, daß, wo die Dos nach rein Römiſchem Grundſatz nur durch die willkürliche Handlung der beſtellenden Perſon entſteht (nicht ipso jure), nicht die Zeit der geſchloſſenen Ehe, ſondern die Zeit der Beſtellung der Dos, das anwendbare Geſetz beſtimmen muß. Dieſer Punkt iſt ausdrücklich aner- kannt in einer tranſitoriſchen Vorſchrift von Juſtinian(l).
(k) Ich ſage: die meiſten Gründe, nicht alle. Denn hier paßt nicht der Grund, daß die einſeitige Willkür des Mannes, von welchem die Wahl des Wohn- ſitzes abhängt, das beſtehende Gü- terrecht nicht abändern dürfe. Die Veränderung im Geſetz hängt allerdings nicht ab von der Will- kür des Mannes.
(l)L. un. in f. C1 de rei ux. act. (5. 13).
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Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
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Frage oben (§ 379) für die Behauptung geltend gemacht
worden ſind, daß das am Wohnſitz des Mannes zur Zeit
der geſchloſſenen Ehe geltende Geſetz angewendet werden
müſſe, ohne Einfluß ſpäterer Veränderung des Wohnſitzes,
ſprechen auch gegen den Einfluß ſpäterer Veränderung der
Geſetze.
Anwendungen dieſes wichtigen Grundſatzes ſind fol-
gende:
Das Verhältniß des Dotalrechts zum Recht der Güter-
gemeinſchaft; ob eines dieſer Inſtitute ausſchließend gelten
ſoll, oder beide neben einander, und in welcher Stellung
gegen einander.
Die Natur der Dos; dos profectitia: Uebergang der
Rückforderung auf die Erben; unmittelbarer Rückfall des
Eigenthums auf die Erben. — Es iſt jedoch zu bemerken,
daß, wo die Dos nach rein Römiſchem Grundſatz nur durch
die willkürliche Handlung der beſtellenden Perſon entſteht
(nicht ipso jure), nicht die Zeit der geſchloſſenen Ehe,
ſondern die Zeit der Beſtellung der Dos, das anwendbare
Geſetz beſtimmen muß. Dieſer Punkt iſt ausdrücklich aner-
kannt in einer tranſitoriſchen Vorſchrift von Juſtinian (l).
(k) Ich ſage: die meiſten
Gründe, nicht alle. Denn hier
paßt nicht der Grund, daß die
einſeitige Willkür des Mannes,
von welchem die Wahl des Wohn-
ſitzes abhängt, das beſtehende Gü-
terrecht nicht abändern dürfe.
Die Veränderung im Geſetz hängt
allerdings nicht ab von der Will-
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(l) L. un. in f. C1 de rei
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/518>, abgerufen am 04.07.2024.
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