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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 393. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. IV. Erbrecht.
auf mögliche Zunahme oder Verminderung), wodurch das
Ganze die Gestalt eines fingirten Erbvertrags annahm,
also eines Rechtsgeschäfts unter Lebenden, als dessen thätige,
mitwirkende Theilnehmer alle in dem Testament bedachte
Personen (repräsentirt durch den familiae emtor) angesehen
wurden. Deswegen sollten sie Alle die persönliche Fähig-
keit haben zur Zeit dieses imaginären Vertrags.

Daß diese Regel in der That rein theoretisch, der juri-
stischen Form zu Liebe angenommen war, also nicht be-
ruhend auf der Anerkennung eines inneren Bedürfnisses,
ergiebt sich noch aus folgendem Umstand. In einer etwas
neueren Zeit waren Beschränkungen der persönlichen Er-
werbfähigkeit durch positive Gesetzgebung eingeführt worden,
wobei man sich von jener alten formellen Rücksicht befreien
zu können glaubte; dieser Fall trat ein bei den Ehelosen,
den Kinderlosen, und den Latini Juniani. Bei dieser neu
erfundenen Unfähigkeit sah man auf den Zustand zur Zeit
des errichteten Testaments gar nicht; ja man ging sogar
auf der anderen Seite noch einen Schritt weiter, indem
man auch nicht einmal auf die Todeszeit sah, sondern nur
auf die Zeit des Erwerbs. Diese letzte Vorschrift aber
hatte den praktischen Zweck, daß gerade die dargebotene
Erbschaft ein Beweggrund seyn sollte, für den Ehelosen,
sogleich in eine Ehe zu treten, für den Latinus Junianus,
sich des jus quiritium schnell würdig zu machen (o).


(o) Ulpian. XXII. § 3 verglichen mit XVII. § 1 und III.
§ 1 -- 6.

§. 393. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. IV. Erbrecht.
auf mögliche Zunahme oder Verminderung), wodurch das
Ganze die Geſtalt eines fingirten Erbvertrags annahm,
alſo eines Rechtsgeſchäfts unter Lebenden, als deſſen thätige,
mitwirkende Theilnehmer alle in dem Teſtament bedachte
Perſonen (repräſentirt durch den familiae emtor) angeſehen
wurden. Deswegen ſollten ſie Alle die perſönliche Fähig-
keit haben zur Zeit dieſes imaginären Vertrags.

Daß dieſe Regel in der That rein theoretiſch, der juri-
ſtiſchen Form zu Liebe angenommen war, alſo nicht be-
ruhend auf der Anerkennung eines inneren Bedürfniſſes,
ergiebt ſich noch aus folgendem Umſtand. In einer etwas
neueren Zeit waren Beſchränkungen der perſönlichen Er-
werbfähigkeit durch poſitive Geſetzgebung eingeführt worden,
wobei man ſich von jener alten formellen Rückſicht befreien
zu können glaubte; dieſer Fall trat ein bei den Eheloſen,
den Kinderloſen, und den Latini Juniani. Bei dieſer neu
erfundenen Unfähigkeit ſah man auf den Zuſtand zur Zeit
des errichteten Teſtaments gar nicht; ja man ging ſogar
auf der anderen Seite noch einen Schritt weiter, indem
man auch nicht einmal auf die Todeszeit ſah, ſondern nur
auf die Zeit des Erwerbs. Dieſe letzte Vorſchrift aber
hatte den praktiſchen Zweck, daß gerade die dargebotene
Erbſchaft ein Beweggrund ſeyn ſollte, für den Eheloſen,
ſogleich in eine Ehe zu treten, für den Latinus Junianus,
ſich des jus quiritium ſchnell würdig zu machen (o).


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§ 1 — 6.
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[459/0481] §. 393. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. IV. Erbrecht. auf mögliche Zunahme oder Verminderung), wodurch das Ganze die Geſtalt eines fingirten Erbvertrags annahm, alſo eines Rechtsgeſchäfts unter Lebenden, als deſſen thätige, mitwirkende Theilnehmer alle in dem Teſtament bedachte Perſonen (repräſentirt durch den familiae emtor) angeſehen wurden. Deswegen ſollten ſie Alle die perſönliche Fähig- keit haben zur Zeit dieſes imaginären Vertrags. Daß dieſe Regel in der That rein theoretiſch, der juri- ſtiſchen Form zu Liebe angenommen war, alſo nicht be- ruhend auf der Anerkennung eines inneren Bedürfniſſes, ergiebt ſich noch aus folgendem Umſtand. In einer etwas neueren Zeit waren Beſchränkungen der perſönlichen Er- werbfähigkeit durch poſitive Geſetzgebung eingeführt worden, wobei man ſich von jener alten formellen Rückſicht befreien zu können glaubte; dieſer Fall trat ein bei den Eheloſen, den Kinderloſen, und den Latini Juniani. Bei dieſer neu erfundenen Unfähigkeit ſah man auf den Zuſtand zur Zeit des errichteten Teſtaments gar nicht; ja man ging ſogar auf der anderen Seite noch einen Schritt weiter, indem man auch nicht einmal auf die Todeszeit ſah, ſondern nur auf die Zeit des Erwerbs. Dieſe letzte Vorſchrift aber hatte den praktiſchen Zweck, daß gerade die dargebotene Erbſchaft ein Beweggrund ſeyn ſollte, für den Eheloſen, ſogleich in eine Ehe zu treten, für den Latinus Junianus, ſich des jus quiritium ſchnell würdig zu machen (o). (o) Ulpian. XXII. § 3 verglichen mit XVII. § 1 und III. § 1 — 6.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/481>, abgerufen am 22.11.2024.