§. 391. A. Erwerb d. Rechte. Anwendungen. II. Sachenrecht. (Forts.)
wirkung ausschließenden Grundsatz geschützt (b). -- Be- trachten wir jetzt im Einzelnen die verschiedenen möglichen Fälle solcher neuen Gesetze.
1. Die bisher erlaubte Usucapion oder Klagverjährung wird aufgehoben, sey es überhaupt, oder für gewisse Fälle der Anwendung. -- Dieses Gesetz ergreift auch alle Fälle der bereits laufenden Usucapion, so daß jeder Erwerb auf diesem Wege unmöglich wird.
2. Es wird umgekehrt die bisher unbekannte Usucapion oder Klagverjährung neu eingeführt. Das neue Institut ist nun sogleich auf alle jetzt schwebenden Rechtsverhältnisse anzuwenden, jedoch so, daß der Zeitraum von der Zeit des neuen Gesetzes an zu berechnen ist. Wer eine fremde Sache besaß unter den Bedingungen des neuen Usucapions- gesetzes, fängt jetzt an, sie zu usucapiren, gerade so, als wenn zur Zeit des erlassenen neuen Gesetzes sein Besitz an- gefangen hätte; die Zeit des früheren Besitzes wird ihm nicht angerechnet. -- Alle vor dem neuen Gesetz entstan- denen Klagrechte treten augenblicklich unter die Regel der Klagverjährung, jedoch so, als ob sie erst jetzt entstanden
(b) S. o. § 385. -- Im Gan- zen stimmt mit dieser Ansicht über- ein Weber S. 147--158; des- gleichen Bergmann S. 34-- 36, was die Natur der Sache be- trifft, während er S. 163 nach Römischem Recht das Gegentheil, nämlich die fortdauernde Einwir- kung des alten Gesetzes annimmt, indem nach seiner Meinung auch die bloßen Erwartungen durch das R. R. geschützt seyn sollen (s. o. § 387. h). -- In der That wird hier derselbe Grundsatz gel- tend gemacht, welcher oben für die örtliche Colliston der Usucapions- gesetze angewendet worden ist (§ 367. k).
§. 391. A. Erwerb d. Rechte. Anwendungen. II. Sachenrecht. (Fortſ.)
wirkung ausſchließenden Grundſatz geſchützt (b). — Be- trachten wir jetzt im Einzelnen die verſchiedenen möglichen Fälle ſolcher neuen Geſetze.
1. Die bisher erlaubte Uſucapion oder Klagverjährung wird aufgehoben, ſey es überhaupt, oder für gewiſſe Fälle der Anwendung. — Dieſes Geſetz ergreift auch alle Fälle der bereits laufenden Uſucapion, ſo daß jeder Erwerb auf dieſem Wege unmöglich wird.
2. Es wird umgekehrt die bisher unbekannte Uſucapion oder Klagverjährung neu eingeführt. Das neue Inſtitut iſt nun ſogleich auf alle jetzt ſchwebenden Rechtsverhältniſſe anzuwenden, jedoch ſo, daß der Zeitraum von der Zeit des neuen Geſetzes an zu berechnen iſt. Wer eine fremde Sache beſaß unter den Bedingungen des neuen Uſucapions- geſetzes, fängt jetzt an, ſie zu uſucapiren, gerade ſo, als wenn zur Zeit des erlaſſenen neuen Geſetzes ſein Beſitz an- gefangen hätte; die Zeit des früheren Beſitzes wird ihm nicht angerechnet. — Alle vor dem neuen Geſetz entſtan- denen Klagrechte treten augenblicklich unter die Regel der Klagverjährung, jedoch ſo, als ob ſie erſt jetzt entſtanden
(b) S. o. § 385. — Im Gan- zen ſtimmt mit dieſer Anſicht über- ein Weber S. 147—158; des- gleichen Bergmann S. 34— 36, was die Natur der Sache be- trifft, während er S. 163 nach Römiſchem Recht das Gegentheil, nämlich die fortdauernde Einwir- kung des alten Geſetzes annimmt, indem nach ſeiner Meinung auch die bloßen Erwartungen durch das R. R. geſchützt ſeyn ſollen (ſ. o. § 387. h). — In der That wird hier derſelbe Grundſatz gel- tend gemacht, welcher oben für die örtliche Colliſton der Uſucapions- geſetze angewendet worden iſt (§ 367. k).
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§. 391. A. Erwerb d. Rechte. Anwendungen. II. Sachenrecht. (Fortſ.)
wirkung ausſchließenden Grundſatz geſchützt (b). — Be-
trachten wir jetzt im Einzelnen die verſchiedenen möglichen
Fälle ſolcher neuen Geſetze.
1. Die bisher erlaubte Uſucapion oder Klagverjährung
wird aufgehoben, ſey es überhaupt, oder für gewiſſe Fälle
der Anwendung. — Dieſes Geſetz ergreift auch alle Fälle
der bereits laufenden Uſucapion, ſo daß jeder Erwerb auf
dieſem Wege unmöglich wird.
2. Es wird umgekehrt die bisher unbekannte Uſucapion
oder Klagverjährung neu eingeführt. Das neue Inſtitut
iſt nun ſogleich auf alle jetzt ſchwebenden Rechtsverhältniſſe
anzuwenden, jedoch ſo, daß der Zeitraum von der Zeit des
neuen Geſetzes an zu berechnen iſt. Wer eine fremde
Sache beſaß unter den Bedingungen des neuen Uſucapions-
geſetzes, fängt jetzt an, ſie zu uſucapiren, gerade ſo, als
wenn zur Zeit des erlaſſenen neuen Geſetzes ſein Beſitz an-
gefangen hätte; die Zeit des früheren Beſitzes wird ihm
nicht angerechnet. — Alle vor dem neuen Geſetz entſtan-
denen Klagrechte treten augenblicklich unter die Regel der
Klagverjährung, jedoch ſo, als ob ſie erſt jetzt entſtanden
(b) S. o. § 385. — Im Gan-
zen ſtimmt mit dieſer Anſicht über-
ein Weber S. 147—158; des-
gleichen Bergmann S. 34—
36, was die Natur der Sache be-
trifft, während er S. 163 nach
Römiſchem Recht das Gegentheil,
nämlich die fortdauernde Einwir-
kung des alten Geſetzes annimmt,
indem nach ſeiner Meinung auch
die bloßen Erwartungen durch das
R. R. geſchützt ſeyn ſollen (ſ. o.
§ 387. h). — In der That
wird hier derſelbe Grundſatz gel-
tend gemacht, welcher oben für die
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geſetze angewendet worden iſt
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/451>, abgerufen am 24.07.2024.
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