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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 382. VI. Formen der Rechtsgeschäfte etc. (Forts.)
der Ort des Abschlusses gar nicht erwähnt. Die Entschei-
dung beruht darauf, daß die erste Ehe im Sinne des cano-
nischen Rechts gültig und unauflöslich war, und daß da-
bei die Beobachtung dieser oder jener Gebräuche des bür-
gerlichen Rechts als ganz gleichgültig angesehen werden
mußte.



Das Französische Gesetzbuch hatte in dem Entwurf fol-
genden Satz: "La forme des actes est reglee par les lois
du lieu, dans lequel ils sont faits ou passes".
Diese Stelle
wurde im Gesetzbuch selbst weggelassen, nicht weil man sie
für falsch oder zweifelhaft hielt, sondern gerade umgekehrt,
weil sie so gewiß und bekannt schien, daß ihre Aufnahme
für überflüssig gehalten wurde (e). Einzelne Anwendun-
gen, worin unsere Rechtsregel als geltend vorausgesetzt
wird, sind folgende:

1. Wenn ein Franzose oder ein Fremder einen acte de
l'etat civil
im Auslande nach den in diesem Lande
üblichen Formen aufnehmen läßt, so muß jener acte
auch in Frankreich als gültig anerkannt werden (f).
2. Franzosen können im Auslande eine gültige Ehe
schließen nach den üblichen Formen des Ortes, wo sie
sich befinden (g). Die Gesetze über das vorherge-
(e) Foelix p. 111.
(f) Code civil art. 47.
(g) Code
civil art.
170.

§. 382. VI. Formen der Rechtsgeſchäfte ꝛc. (Fortſ.)
der Ort des Abſchluſſes gar nicht erwähnt. Die Entſchei-
dung beruht darauf, daß die erſte Ehe im Sinne des cano-
niſchen Rechts gültig und unauflöslich war, und daß da-
bei die Beobachtung dieſer oder jener Gebräuche des bür-
gerlichen Rechts als ganz gleichgültig angeſehen werden
mußte.



Das Franzöſiſche Geſetzbuch hatte in dem Entwurf fol-
genden Satz: „La forme des actes est reglée par les lois
du lieu, dans lequel ils sont faits ou passés”.
Dieſe Stelle
wurde im Geſetzbuch ſelbſt weggelaſſen, nicht weil man ſie
für falſch oder zweifelhaft hielt, ſondern gerade umgekehrt,
weil ſie ſo gewiß und bekannt ſchien, daß ihre Aufnahme
für überflüſſig gehalten wurde (e). Einzelne Anwendun-
gen, worin unſere Rechtsregel als geltend vorausgeſetzt
wird, ſind folgende:

1. Wenn ein Franzoſe oder ein Fremder einen acte de
l’état civil
im Auslande nach den in dieſem Lande
üblichen Formen aufnehmen läßt, ſo muß jener acte
auch in Frankreich als gültig anerkannt werden (f).
2. Franzoſen können im Auslande eine gültige Ehe
ſchließen nach den üblichen Formen des Ortes, wo ſie
ſich befinden (g). Die Geſetze über das vorherge-
(e) Foelix p. 111.
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(g) Code
civil art.
170.
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[363/0385] §. 382. VI. Formen der Rechtsgeſchäfte ꝛc. (Fortſ.) der Ort des Abſchluſſes gar nicht erwähnt. Die Entſchei- dung beruht darauf, daß die erſte Ehe im Sinne des cano- niſchen Rechts gültig und unauflöslich war, und daß da- bei die Beobachtung dieſer oder jener Gebräuche des bür- gerlichen Rechts als ganz gleichgültig angeſehen werden mußte. Das Franzöſiſche Geſetzbuch hatte in dem Entwurf fol- genden Satz: „La forme des actes est reglée par les lois du lieu, dans lequel ils sont faits ou passés”. Dieſe Stelle wurde im Geſetzbuch ſelbſt weggelaſſen, nicht weil man ſie für falſch oder zweifelhaft hielt, ſondern gerade umgekehrt, weil ſie ſo gewiß und bekannt ſchien, daß ihre Aufnahme für überflüſſig gehalten wurde (e). Einzelne Anwendun- gen, worin unſere Rechtsregel als geltend vorausgeſetzt wird, ſind folgende: 1. Wenn ein Franzoſe oder ein Fremder einen acte de l’état civil im Auslande nach den in dieſem Lande üblichen Formen aufnehmen läßt, ſo muß jener acte auch in Frankreich als gültig anerkannt werden (f). 2. Franzoſen können im Auslande eine gültige Ehe ſchließen nach den üblichen Formen des Ortes, wo ſie ſich befinden (g). Die Geſetze über das vorherge- (e) Foelix p. 111. (f) Code civil art. 47. (g) Code civil art. 170.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/385>, abgerufen am 24.11.2024.