Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
heit nicht kennt (o). Denn der Zweck dieser Gesetze ist nicht der, von den Sachen eine Gefährdung abzuwenden, gleich als ob dieselben durch eine Schenkung unter Ehegatten Schaden leiden könnten, sondern vielmehr, wie schon er- wähnt, die Erhaltung sittlicher Reinheit der Ehe. Der Gesetzgeber redet also zu den in seinem Bereich lebenden Ehegatten, ohne Rücksicht auf die Lage ihres Vermögens.
5. Die Intestaterbfolge unter Ehegatten richtet sich, eben so wie bei Fremden, nach dem letzten Wohnsitz des Erb- lassers. In manchen Fällen aber kann es zweifelhaft seyn, ob der Anspruch auf den Nachlaß aus eigentlicher Intestat- erbfolge, oder vielmehr aus der bloßen Fortwirkung der während der Ehe bestehenden Güterverhältnisse (der Güter- gemeinschaft) abzuleiten ist. Im ersten Fall entscheidet der letzte Wohnsitz, im zweiten Fall der Wohnsitz, an welchem die Ehe angefangen hat, wie oben gezeigt worden ist (Num. 3).
Ein solcher Zweifel wäre namentlich denkbar bei der schon oben erwähnten, in der Mark Brandenburg geltenden, Joachimica (§ 378. b). Indessen ist der hier angeordnete Anspruch des überlebenden Theils auf die Hälfte des zu- sammen geworfenen Vermögens beider Ehegatten in der That als reine Intestaterbfolge, nicht als Ausfluß irgend einer Art von Gütergemeinschaft, anzusehen, also nach dem
(o) Dieses ist die Meinung von Rodenburg Tit. 2 C. 5 § 1. I. Voet in Pand. XXIV. 1 § 19. Meier p. 44.
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
heit nicht kennt (o). Denn der Zweck dieſer Geſetze iſt nicht der, von den Sachen eine Gefährdung abzuwenden, gleich als ob dieſelben durch eine Schenkung unter Ehegatten Schaden leiden könnten, ſondern vielmehr, wie ſchon er- wähnt, die Erhaltung ſittlicher Reinheit der Ehe. Der Geſetzgeber redet alſo zu den in ſeinem Bereich lebenden Ehegatten, ohne Rückſicht auf die Lage ihres Vermögens.
5. Die Inteſtaterbfolge unter Ehegatten richtet ſich, eben ſo wie bei Fremden, nach dem letzten Wohnſitz des Erb- laſſers. In manchen Fällen aber kann es zweifelhaft ſeyn, ob der Anſpruch auf den Nachlaß aus eigentlicher Inteſtat- erbfolge, oder vielmehr aus der bloßen Fortwirkung der während der Ehe beſtehenden Güterverhältniſſe (der Güter- gemeinſchaft) abzuleiten iſt. Im erſten Fall entſcheidet der letzte Wohnſitz, im zweiten Fall der Wohnſitz, an welchem die Ehe angefangen hat, wie oben gezeigt worden iſt (Num. 3).
Ein ſolcher Zweifel wäre namentlich denkbar bei der ſchon oben erwähnten, in der Mark Brandenburg geltenden, Joachimica (§ 378. b). Indeſſen iſt der hier angeordnete Anſpruch des überlebenden Theils auf die Hälfte des zu- ſammen geworfenen Vermögens beider Ehegatten in der That als reine Inteſtaterbfolge, nicht als Ausfluß irgend einer Art von Gütergemeinſchaft, anzuſehen, alſo nach dem
(o) Dieſes iſt die Meinung von Rodenburg Tit. 2 C. 5 § 1. I. Voet in Pand. XXIV. 1 § 19. Meier p. 44.
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Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
heit nicht kennt (o). Denn der Zweck dieſer Geſetze iſt nicht
der, von den Sachen eine Gefährdung abzuwenden, gleich
als ob dieſelben durch eine Schenkung unter Ehegatten
Schaden leiden könnten, ſondern vielmehr, wie ſchon er-
wähnt, die Erhaltung ſittlicher Reinheit der Ehe. Der
Geſetzgeber redet alſo zu den in ſeinem Bereich lebenden
Ehegatten, ohne Rückſicht auf die Lage ihres Vermögens.
5. Die Inteſtaterbfolge unter Ehegatten richtet ſich, eben
ſo wie bei Fremden, nach dem letzten Wohnſitz des Erb-
laſſers. In manchen Fällen aber kann es zweifelhaft ſeyn,
ob der Anſpruch auf den Nachlaß aus eigentlicher Inteſtat-
erbfolge, oder vielmehr aus der bloßen Fortwirkung der
während der Ehe beſtehenden Güterverhältniſſe (der Güter-
gemeinſchaft) abzuleiten iſt. Im erſten Fall entſcheidet der
letzte Wohnſitz, im zweiten Fall der Wohnſitz, an welchem
die Ehe angefangen hat, wie oben gezeigt worden iſt
(Num. 3).
Ein ſolcher Zweifel wäre namentlich denkbar bei der
ſchon oben erwähnten, in der Mark Brandenburg geltenden,
Joachimica (§ 378. b). Indeſſen iſt der hier angeordnete
Anſpruch des überlebenden Theils auf die Hälfte des zu-
ſammen geworfenen Vermögens beider Ehegatten in der
That als reine Inteſtaterbfolge, nicht als Ausfluß irgend
einer Art von Gütergemeinſchaft, anzuſehen, alſo nach dem
(o) Dieſes iſt die Meinung von Rodenburg Tit. 2 C. 5 § 1.
I. Voet in Pand. XXIV. 1 § 19. Meier p. 44.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/358>, abgerufen am 24.11.2024.
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