terungen ihres Daseins. -- Sie will herrschen über Sachen, und begiebt sich dadurch in den bestimmten Raum, den diese Sachen einnehmen, also in ein ihr selbst möglicher- weise fremdes Rechtsgebiet. Am unverkennbarsten geschieht Dieses bei unbeweglichen Sachen, bei welchen der Raum, den sie erfüllen, nicht zufällig und veränderlich ist; es ist aber, dem Wesen nach, nicht minder wahr auch bei beweg- lichen Sachen. -- Sie will durch Obligationen herrschen über fremde Handlungen, oder ihre eigene Handlungen einem fremden Willen unterwerfen. -- Sie geht in beson- dere Lebensformen ein durch die Familie, und tritt auch dadurch, bald freiwillig, bald unfreiwillig, auf mancherlei Weise aus ihrem ursprünglichen, rein persönlichen, Rechts- gebiet heraus.
Es ergiebt sich aus dieser Betrachtung, daß für jeden gegebenen Fall die anzuwendende Rechtsregel bestimmt und begränzt wird zunächst und hauptsächlich durch die Unter- werfung der berechtigten Person unter ein bestimmtes Rechts- gebiet; daß aber daneben die mannichfaltigsten und wich- tigsten Modificationen eintreten können durch das Verhält- niß, in welchem theils bestimmte Sachen, theils bestimmte Handlungen oder Lebensverhältnisse zu anderen Rechtsge- bieten stehen (e).
Die nächste Aufgabe wird daher auf die Gründe ge-
(e) Hieran knüpft sich die in früherer Zeit sehr verbreitete Unter- scheidung der Statuta personalia, realia, mixta, von welcher bald noch weiter die Rede sein wird (§ 361).
§. 345. Ueberſicht.
terungen ihres Daſeins. — Sie will herrſchen über Sachen, und begiebt ſich dadurch in den beſtimmten Raum, den dieſe Sachen einnehmen, alſo in ein ihr ſelbſt möglicher- weiſe fremdes Rechtsgebiet. Am unverkennbarſten geſchieht Dieſes bei unbeweglichen Sachen, bei welchen der Raum, den ſie erfüllen, nicht zufällig und veränderlich iſt; es iſt aber, dem Weſen nach, nicht minder wahr auch bei beweg- lichen Sachen. — Sie will durch Obligationen herrſchen über fremde Handlungen, oder ihre eigene Handlungen einem fremden Willen unterwerfen. — Sie geht in beſon- dere Lebensformen ein durch die Familie, und tritt auch dadurch, bald freiwillig, bald unfreiwillig, auf mancherlei Weiſe aus ihrem urſprünglichen, rein perſönlichen, Rechts- gebiet heraus.
Es ergiebt ſich aus dieſer Betrachtung, daß für jeden gegebenen Fall die anzuwendende Rechtsregel beſtimmt und begränzt wird zunächſt und hauptſächlich durch die Unter- werfung der berechtigten Perſon unter ein beſtimmtes Rechts- gebiet; daß aber daneben die mannichfaltigſten und wich- tigſten Modificationen eintreten können durch das Verhält- niß, in welchem theils beſtimmte Sachen, theils beſtimmte Handlungen oder Lebensverhältniſſe zu anderen Rechtsge- bieten ſtehen (e).
Die nächſte Aufgabe wird daher auf die Gründe ge-
(e) Hieran knüpft ſich die in früherer Zeit ſehr verbreitete Unter- ſcheidung der Statuta personalia, realia, mixta, von welcher bald noch weiter die Rede ſein wird (§ 361).
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§. 345. Ueberſicht.
terungen ihres Daſeins. — Sie will herrſchen über Sachen,
und begiebt ſich dadurch in den beſtimmten Raum, den
dieſe Sachen einnehmen, alſo in ein ihr ſelbſt möglicher-
weiſe fremdes Rechtsgebiet. Am unverkennbarſten geſchieht
Dieſes bei unbeweglichen Sachen, bei welchen der Raum,
den ſie erfüllen, nicht zufällig und veränderlich iſt; es iſt
aber, dem Weſen nach, nicht minder wahr auch bei beweg-
lichen Sachen. — Sie will durch Obligationen herrſchen
über fremde Handlungen, oder ihre eigene Handlungen
einem fremden Willen unterwerfen. — Sie geht in beſon-
dere Lebensformen ein durch die Familie, und tritt auch
dadurch, bald freiwillig, bald unfreiwillig, auf mancherlei
Weiſe aus ihrem urſprünglichen, rein perſönlichen, Rechts-
gebiet heraus.
Es ergiebt ſich aus dieſer Betrachtung, daß für jeden
gegebenen Fall die anzuwendende Rechtsregel beſtimmt und
begränzt wird zunächſt und hauptſächlich durch die Unter-
werfung der berechtigten Perſon unter ein beſtimmtes Rechts-
gebiet; daß aber daneben die mannichfaltigſten und wich-
tigſten Modificationen eintreten können durch das Verhält-
niß, in welchem theils beſtimmte Sachen, theils beſtimmte
Handlungen oder Lebensverhältniſſe zu anderen Rechtsge-
bieten ſtehen (e).
Die nächſte Aufgabe wird daher auf die Gründe ge-
(e) Hieran knüpft ſich die in früherer Zeit ſehr verbreitete Unter-
ſcheidung der Statuta personalia, realia, mixta, von welcher bald
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/35>, abgerufen am 16.07.2024.
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