Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
6. Wenn das Gesetz des Ortes, an welchem der Testa- tor zur Zeit der Errichtung seinen Wohnsitz hat, Testamente gar nicht anerkennt, so ist und bleibt das da errichtete Te- stament ungültig. Eben so ist das Testament ungültig, wenn das am letzten Wohnsitz geltende Gesetz Testamente nicht anerkennt. Es gelten also in dieser Hinsicht dieselben Regeln, welche oben über die juristische Fähigkeit der Person des Testators aufgestellt worden sind (Num. 1).
7. Die Intestaterbfolge richtet sich nach dem Gesetz, welches am letzten Wohnsitz des Testators zur Zeit des Erbanfalls besteht (d). Dieses gilt namentlich von der gesetzlichen Reihefolge der berufenen Intestaterben. Es gilt aber eben so von den Bedingungen der Verwandtschaft überhaupt, also von dem Daseyn ehelicher Verwandtschaft, so wie von der Legitimation (e).
8. Erbverträge sind dem Römischen Recht fremd. Wo sie vorkommen, gelten für sie ähnliche Regeln, wie für die Testamente.
Der einseitige Erbvertrag ist nach dem am Wohnsitz des Erblassers geltenden Gesetz zu beurtheilen. Eben so aber auch gegenseitige Erbverträge; welcher von beiden Theilen als Erblasser zu betrachten ist, hängt von dem zu- fälligen Umstande ab, wer zuerst stirbt. Diese Regel folgt aus der Analogie der Testamente. Sie erscheint aber nicht
(d) Ueber die nähere Bestimmung dieses Zeitpunktes vgl. unten § 395.
(e)WächterII. S. 364.
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
6. Wenn das Geſetz des Ortes, an welchem der Teſta- tor zur Zeit der Errichtung ſeinen Wohnſitz hat, Teſtamente gar nicht anerkennt, ſo iſt und bleibt das da errichtete Te- ſtament ungültig. Eben ſo iſt das Teſtament ungültig, wenn das am letzten Wohnſitz geltende Geſetz Teſtamente nicht anerkennt. Es gelten alſo in dieſer Hinſicht dieſelben Regeln, welche oben über die juriſtiſche Fähigkeit der Perſon des Teſtators aufgeſtellt worden ſind (Num. 1).
7. Die Inteſtaterbfolge richtet ſich nach dem Geſetz, welches am letzten Wohnſitz des Teſtators zur Zeit des Erbanfalls beſteht (d). Dieſes gilt namentlich von der geſetzlichen Reihefolge der berufenen Inteſtaterben. Es gilt aber eben ſo von den Bedingungen der Verwandtſchaft überhaupt, alſo von dem Daſeyn ehelicher Verwandtſchaft, ſo wie von der Legitimation (e).
8. Erbverträge ſind dem Römiſchen Recht fremd. Wo ſie vorkommen, gelten für ſie ähnliche Regeln, wie für die Teſtamente.
Der einſeitige Erbvertrag iſt nach dem am Wohnſitz des Erblaſſers geltenden Geſetz zu beurtheilen. Eben ſo aber auch gegenſeitige Erbverträge; welcher von beiden Theilen als Erblaſſer zu betrachten iſt, hängt von dem zu- fälligen Umſtande ab, wer zuerſt ſtirbt. Dieſe Regel folgt aus der Analogie der Teſtamente. Sie erſcheint aber nicht
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0336"n="314"/><fwplace="top"type="header">Buch <hirendition="#aq">III.</hi> Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. <hirendition="#aq">I.</hi> Örtliche Gränzen.</fw><lb/><p>6. Wenn das Geſetz des Ortes, an welchem der Teſta-<lb/>
tor zur Zeit der Errichtung ſeinen Wohnſitz hat, Teſtamente<lb/>
gar nicht anerkennt, ſo iſt und bleibt das da errichtete Te-<lb/>ſtament ungültig. Eben ſo iſt das Teſtament ungültig,<lb/>
wenn das am letzten Wohnſitz geltende Geſetz Teſtamente<lb/>
nicht anerkennt. Es gelten alſo in dieſer Hinſicht dieſelben<lb/>
Regeln, welche oben über die juriſtiſche Fähigkeit der Perſon<lb/>
des Teſtators aufgeſtellt worden ſind (Num. 1).</p><lb/><p>7. Die Inteſtaterbfolge richtet ſich nach dem Geſetz,<lb/>
welches am letzten Wohnſitz des Teſtators zur Zeit des<lb/>
Erbanfalls beſteht <noteplace="foot"n="(d)">Ueber die nähere Beſtimmung dieſes Zeitpunktes vgl. unten<lb/>
§ 395.</note>. Dieſes gilt namentlich von der<lb/>
geſetzlichen Reihefolge der berufenen Inteſtaterben. Es gilt<lb/>
aber eben ſo von den Bedingungen der Verwandtſchaft<lb/>
überhaupt, alſo von dem Daſeyn ehelicher Verwandtſchaft,<lb/>ſo wie von der Legitimation <noteplace="foot"n="(e)"><hirendition="#g">Wächter</hi><hirendition="#aq">II.</hi> S. 364.</note>.</p><lb/><p>8. Erbverträge ſind dem Römiſchen Recht fremd. Wo<lb/>ſie vorkommen, gelten für ſie ähnliche Regeln, wie für die<lb/>
Teſtamente.</p><lb/><p>Der einſeitige Erbvertrag iſt nach dem am Wohnſitz<lb/>
des Erblaſſers geltenden Geſetz zu beurtheilen. Eben ſo<lb/>
aber auch gegenſeitige Erbverträge; welcher von beiden<lb/>
Theilen als Erblaſſer zu betrachten iſt, hängt von dem zu-<lb/>
fälligen Umſtande ab, wer zuerſt ſtirbt. Dieſe Regel folgt<lb/>
aus der Analogie der Teſtamente. Sie erſcheint aber nicht<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[314/0336]
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
6. Wenn das Geſetz des Ortes, an welchem der Teſta-
tor zur Zeit der Errichtung ſeinen Wohnſitz hat, Teſtamente
gar nicht anerkennt, ſo iſt und bleibt das da errichtete Te-
ſtament ungültig. Eben ſo iſt das Teſtament ungültig,
wenn das am letzten Wohnſitz geltende Geſetz Teſtamente
nicht anerkennt. Es gelten alſo in dieſer Hinſicht dieſelben
Regeln, welche oben über die juriſtiſche Fähigkeit der Perſon
des Teſtators aufgeſtellt worden ſind (Num. 1).
7. Die Inteſtaterbfolge richtet ſich nach dem Geſetz,
welches am letzten Wohnſitz des Teſtators zur Zeit des
Erbanfalls beſteht (d). Dieſes gilt namentlich von der
geſetzlichen Reihefolge der berufenen Inteſtaterben. Es gilt
aber eben ſo von den Bedingungen der Verwandtſchaft
überhaupt, alſo von dem Daſeyn ehelicher Verwandtſchaft,
ſo wie von der Legitimation (e).
8. Erbverträge ſind dem Römiſchen Recht fremd. Wo
ſie vorkommen, gelten für ſie ähnliche Regeln, wie für die
Teſtamente.
Der einſeitige Erbvertrag iſt nach dem am Wohnſitz
des Erblaſſers geltenden Geſetz zu beurtheilen. Eben ſo
aber auch gegenſeitige Erbverträge; welcher von beiden
Theilen als Erblaſſer zu betrachten iſt, hängt von dem zu-
fälligen Umſtande ab, wer zuerſt ſtirbt. Dieſe Regel folgt
aus der Analogie der Teſtamente. Sie erſcheint aber nicht
(d) Ueber die nähere Beſtimmung dieſes Zeitpunktes vgl. unten
§ 395.
(e) Wächter II. S. 364.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/336>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.