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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 359. Origo und domicilium nach heutigem Recht. (Forts.)
lassung hat der bisherige Sklave keinen anderen Wohnsitz,
als den seines Patrons, zu dessen Hausstand er bis dahin
gehört hat. Er behält diesen Wohnsitz so lange, bis durch
seinen freien Willen eine Veränderung hierin vorgenommen
wird, das heißt, so lange, als nicht eine solche Veränderung
nachgewiesen werden kann. Derselbe Wohnsitz muß also
bis dahin auch fortwährend angenommen werden für die
von ihm abhängigen Personen (Kinder und Freigelassene),
so lange bis auch diese wieder eine Veränderung hierin
vornehmen durch Errichtung eines eigenen Wohnsitzes. --
Diese Aussprüche der Römischen Juristen beruhen augen-
scheinlich auf demselben Grunde, welcher oben für die origo
des heutigen Rechts geltend gemacht worden ist, und sie
lassen kaum einen Zweifel übrig, daß die Römer auch für
den Sohn eines Freigebornen, wenn er keinen eigenen Wohn-
sitz errichtet hatte, denjenigen Wohnsitz angenommen haben
würden, den der Vater zur Zeit der Geburt dieses Sohnes
hatte.

Es ist hierbei noch besonders hervor zu heben ein selt-
samer, bei neueren Schriftstellern ganz gewöhnlicher, Kunst-
ausdruck: domicilium originis (q). Unter Voraussetzung
des Römischen Sprachgebrauchs ist diese Zusammensetzung
widersinnig, da diese Ausdrücke zwei verschiedene, unabhän-

(q) Schilter ex. 13 § 24.
Lautebbach de domicilio § 13.
-- Thomasius de vagabundo

§ 44. bis 68 kritisirt diesen Kunst-
ausdruck, verwickelt sich aber dabei
in unerträgliche, völlig unfrucht-
bare Subtilitäten.

§. 359. Origo und domicilium nach heutigem Recht. (Fortſ.)
laſſung hat der bisherige Sklave keinen anderen Wohnſitz,
als den ſeines Patrons, zu deſſen Hausſtand er bis dahin
gehört hat. Er behält dieſen Wohnſitz ſo lange, bis durch
ſeinen freien Willen eine Veränderung hierin vorgenommen
wird, das heißt, ſo lange, als nicht eine ſolche Veränderung
nachgewieſen werden kann. Derſelbe Wohnſitz muß alſo
bis dahin auch fortwährend angenommen werden für die
von ihm abhängigen Perſonen (Kinder und Freigelaſſene),
ſo lange bis auch dieſe wieder eine Veränderung hierin
vornehmen durch Errichtung eines eigenen Wohnſitzes. —
Dieſe Ausſprüche der Römiſchen Juriſten beruhen augen-
ſcheinlich auf demſelben Grunde, welcher oben für die origo
des heutigen Rechts geltend gemacht worden iſt, und ſie
laſſen kaum einen Zweifel übrig, daß die Römer auch für
den Sohn eines Freigebornen, wenn er keinen eigenen Wohn-
ſitz errichtet hatte, denjenigen Wohnſitz angenommen haben
würden, den der Vater zur Zeit der Geburt dieſes Sohnes
hatte.

Es iſt hierbei noch beſonders hervor zu heben ein ſelt-
ſamer, bei neueren Schriftſtellern ganz gewöhnlicher, Kunſt-
ausdruck: domicilium originis (q). Unter Vorausſetzung
des Römiſchen Sprachgebrauchs iſt dieſe Zuſammenſetzung
widerſinnig, da dieſe Ausdrücke zwei verſchiedene, unabhän-

(q) Schilter ex. 13 § 24.
Lautebbach de domicilio § 13.
Thomasius de vagabundo

§ 44. bis 68 kritiſirt dieſen Kunſt-
ausdruck, verwickelt ſich aber dabei
in unerträgliche, völlig unfrucht-
bare Subtilitäten.
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[105/0127] §. 359. Origo und domicilium nach heutigem Recht. (Fortſ.) laſſung hat der bisherige Sklave keinen anderen Wohnſitz, als den ſeines Patrons, zu deſſen Hausſtand er bis dahin gehört hat. Er behält dieſen Wohnſitz ſo lange, bis durch ſeinen freien Willen eine Veränderung hierin vorgenommen wird, das heißt, ſo lange, als nicht eine ſolche Veränderung nachgewieſen werden kann. Derſelbe Wohnſitz muß alſo bis dahin auch fortwährend angenommen werden für die von ihm abhängigen Perſonen (Kinder und Freigelaſſene), ſo lange bis auch dieſe wieder eine Veränderung hierin vornehmen durch Errichtung eines eigenen Wohnſitzes. — Dieſe Ausſprüche der Römiſchen Juriſten beruhen augen- ſcheinlich auf demſelben Grunde, welcher oben für die origo des heutigen Rechts geltend gemacht worden iſt, und ſie laſſen kaum einen Zweifel übrig, daß die Römer auch für den Sohn eines Freigebornen, wenn er keinen eigenen Wohn- ſitz errichtet hatte, denjenigen Wohnſitz angenommen haben würden, den der Vater zur Zeit der Geburt dieſes Sohnes hatte. Es iſt hierbei noch beſonders hervor zu heben ein ſelt- ſamer, bei neueren Schriftſtellern ganz gewöhnlicher, Kunſt- ausdruck: domicilium originis (q). Unter Vorausſetzung des Römiſchen Sprachgebrauchs iſt dieſe Zuſammenſetzung widerſinnig, da dieſe Ausdrücke zwei verſchiedene, unabhän- (q) Schilter ex. 13 § 24. Lautebbach de domicilio § 13. — Thomasius de vagabundo § 44. bis 68 kritiſirt dieſen Kunſt- ausdruck, verwickelt ſich aber dabei in unerträgliche, völlig unfrucht- bare Subtilitäten.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/127>, abgerufen am 24.11.2024.